Yamaha: Weiter Kopfzerbrechen wegen Motorproblemen
Yamaha in der Krise: Viñales (12) vor Quartararo und Rossi
Yamaha ging mit dem stärksten Fahreraufgebot seit Gründung der MotoGP-Viertakt-WM 2002 in die Saison 2020. Und nach drei Bestzeiten von Maverick Viñales bei den Wintertests wurde der spanische Superstar als erster Herausforderer von Marc Márquez gehandelt, denn Dovizioso und Ducati klagten über Anpassungsschwierigkeiten im Zusammenhang mit dem neuen Michelin-Hinterreifen.
Tatsächlich startete Yamaha fulminant wie selten in die Saison. In Jerez glänzte Wunderknabe Fabio Quartararo zweimal mit der Quali-Bestzeit. Er räumte zwei souveräne Siege ab, jeweils vor Viñales. Im zweiten Jerez-GP beschlagnahmte Yamaha alle drei Podestplätze, denn Rossi landete auf Platz 3.
Yamaha schien aus der Abwesenheit des verletzten Marc Márquez und der unübersehbaren Honda-Schwäche perfekt Kapital zu schlagen, ganz im Gegensatz zu Ducati, denn «Dovi» brachte aus Spanien nur einen dritten und einen sechsten Platz heim.
Yamaha liebäugelte mit dem ersten MotoGP-Titel seit dem Triple von 2015; damals hatte Jorge Lorenzo im Titelduell gegen Rossi die Oberhand behalten.
Doch die drei kapitalen Motorschäden in Jerez bei Rossi (Rennen 1), Morbidelli (Rennen 2) und Viñales (FP3 bei Jerez-2) sorgten bei den Yamaha-Verantwortlichen für Stirnrunzeln.
Yamaha machte bald eine schadhafte Lieferung von Ventilen als Verursacher der Defekte aus. Die Japaner ersuchten das Hersteller-Bündnis MSMA um die Erlaubnis, die bisher nicht kaputten Motoren öffnen und die Ventile durch eine andere Lieferung («batch») tauschen zu dürfen.
Es wurden Sicherheitsgründe gelten gemacht.
Doch die anderen Hersteller wollten die Gewissheit, dass die neuen Ventile nicht zu einer unerlaubten Leistungssteigerung beitragen, denn die Motorenentwicklung ist bekanntlich von März 2020 bis Saisonende 2021 eingefroren worden.
Yamaha konnte oder wollte keine Beweise für die Schadhaftigkeit der verdächtigen Ventile liefern und zog den Antrag auf einen Austausch der Komponenten vor dem zweiten Spielberg-GP zurück. Es habe sich bei genaueren Untersuchungen gezeigt, dass wohl die extreme Hitze von 42 Grad an den Motorschäden in Jerez schuld gewesen sei, wurde bei Yamaha behauptet. Man habe jetzt keine Bedenken mehr und das Problem durch ein «neues Motor-Setting» gelöst, wurde verlautbart.
In Wirklichkeit wurde offenbar die maximale Drehzahl um ca. 500/min gesenkt, um die Lebensdauer der Motoren zu erhöhen.
Diesen Verdacht erhärteten die miesen Top-Speedwerte in Brünn und Spielberg und etliche Aussagen der notleidenden Fahrer.
Auch ein Blick auf die Punkteausbeute bei den ersten fünf Grand Prix stützt die These von der Drehzahlsenkung.
Jerez-1: 56 Punkte für Yamaha
Jerez-2: 61 Punkte für Yamaha
Brünn: 42 Punkte für Yamaha
Spielberg-1: 25 Punkte für Yamaha
Spielberg-2: 11 Punkte für Yamaha
Quartararo schaffte bei den letzten drei Rennen nur die Plätze 7, 8 und 13. Viñales heimste einen 14. und einen zehnten Platz ein, dann kam das Bremsversagen und somit ein Nuller beim zweiten Spielberg-Event. Dazu gesellten sich in Österreich ernsthafte Bremsprobleme, die besonders WM-Leader Quartararo zu einem Dauergast im Kiesbett degradierten.
Unterdessen macht sich bei Yamaha Unbehagen breit, obwohl Managing Director Lin Jarvis überzeugt ist, seine Fahrer würden alle mit den vorgeschrieben fünf Motoren durch die Saison kommen.
Glück im Unglück: Der brennende Motor von Viñales nach dem 210-km/h-Abstieg beim Steiermark-GP konnte gerettet und in der Allocation gelassen werden, wie Lin Jarvis bestätigte.
Die Motoren-Situation bei Yamaha wirkt allerdings nicht gerade gemütlich. denn Quartararo hat bereit den fünften (und letzten) Motor in Betrieb, Rossi, Morbidelli und Viñales den vierten, inclusive dem Rennmotor von Spielberg-2, der vor dem qualvollen Feuertod gerettet werden konnte. Übrigens: Suzuki hat in Österreich bei Rins einen Motor verloren, was bisher untergegangen ist.
Das bedeutet: WM-Leader Quartartaro verfügt bei den letzten neun Grand Prix über keinen frischen Motoren mehr, die anderen drei Fahren haben immerhin noch einen pro Grand Prix werden ca. 500 km zurückgelegt, die Laufzeit der Motoren liegt bei 2500 bis 3000 km.
Wenn ein Fahrer einen zusätzlichen (sechsten Motor) einbauen muss, wird entweder ein Start aus der Boxengasse (5 sec nach dem Grünlicht) fällig. Oder der Pechvogel startet von seinem Startplatz und unternimmt dann im Rennen eine Boxendurchfahrtsstrafe.
Seit eine maximal erlaubte Motoranzahl eingeführt wurde, kam es erst zweimal zu solchen Maßnahmen: Rossi musste in seiner Ducati-Zeit in Aragón einmal aus der Boxengasse starten und Pol Espargaró 2017 in Valencia, weil KTM damals die Screamer-Motoren in Jerez vor Ende ihrer Laufzeit durch Big-Bang-Versionen ersetzte.