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Wechselt Marc Márquez zu Red Bull KTM? «Undenkbar!»

Von Günther Wiesinger
Die Spekulationen, Marc Márquez werde seinen HRC-Vertrag auflösen und zu Red Bull KTM wechseln, verstummen nicht. Was steckt dahinter?

Marc Márquez offenbarte am Sonntag in Assen, dass er sich in der schwierigsten Phase seiner Motorradkarriere befindet. Das ist wahrlich keine Untertreibung, denn er hat bei seinem fünf Grand Prix 2023 nicht weniger als 14 Stürze fabriziert und am Sonntag noch nie einen WM-Punkt kassiert, er liegt in der Fahrer-WM an 19. Stelle, in der Team-WM hält Repsol-Honda seit dem Saisonstart hartnäckig auf dem letzten Platz.

Deshalb traf ich in Assen sogar Honda-Mitarbeiter, die wetten wollten, dass Marc Márquez 2024 die MotoGP-Weltmeisterschaft auf einer KTM RC16 bestreiten wird.

Und natürlich lassen sich ein paar Argumente finden, die so ein Szenario möglich erscheinen lassen.

1.) Mit Teammanager Francesco Guidotti existiert bei Red Bull-KTM ein langjähriger Vertrauter des achtfachen Weltmeisters, den der Italiener 2008 und 2009 bereits in der 125-ccm-WM im Red Bull-KTM-Werksteam betreut und der den Kontakt zur #93 nie verloren hat.

2.) Der Finne Aki Ajo, Besitzer der Red Bull KTM-Ajo-Teams in den Klassen Moto3 und Moto2, ist 2010 mit Márquez Weltmeister in der 125-ccm-Klasse geworden – Marc steuerte eine Derbi. Das Verhältnis zwischen den beiden ist nach wie vor erstklassig und vertrauensvoll.

3.) SPEEDWEEK.com hat vor einer Woche exklusiv berichtet, dass die Pierer Mobility AG bei Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta wegen zusätzlichen MotoGP-Startplätzem angefragt hat, weil Ajos Moto2-Titelanwärter Pedro Acosta (19) in die «premier class» aufsteigen will, aber das Red Bull-KTM-Team mit Binder und Miller besetzt ist und beim GASGAS-Tech3-Team eigentlich Pol Espargaró und Augusto Fernández besetzt werden soll.

4.) Aki Ajo macht sich weiter große Hoffnungen, 2024 erstmals in der MotoGP auftreten zu können. Am liebsten für drei Jahre mit einem Zwei-Fahrer-Team und einem Dream Team bestehend aus den Ausnahmekönnern Márquez und Acosta. «Ich will mich zu diesem Thema nicht äußern. Ich kann nur sagen, dass ich großes Vertrauen zu Stefan Pierer, Hubert Trunkenpolz und Pit Beirer habe und sicher bin, dass sie eine Lösung finden und zusätzliche Slots bekommen», erklärte Ajo in Assen auf Anfrage von SPEEDWEEK.com.

Übrigens: Ursprünglich sollte Ajo beim KTM-MotoGP-Start 2017 das Team in der Königsklasse betreiben. Aber am Ende übernahm KTM Factory Racing die beiden Plätze selbst für fünf und dann für weitere fünf Jahre bis Ende 2026.

5.) Selbst bei den Gegnern von Honda und KTM wird aufmerksam beobachtet, was sich beim österreichischen Motorradhersteller und Hauptsponsor Red Bull tut. Der österreichische Energy Drink-Konzern hält bedingungslos zu Marc Márquez, der in Bestform und mit einem konkurrenzfähigen Motorrad kaum zu schlagen ist, auch wenn inzwischen einiges von seinem Glanz abgebröckelt ist. «Mit Marc Márquez könnte Red Bull-KTM früher Weltmeister werden als mit dem aktuellen Fahreraufgebot», gab ein gegnerischer Teamchef in Assen zu bedenken.

Aber die Gegenargumente sind nicht von der Hand zu weisen. KTM hat 2019 mit dem damals bei allen Werken heiß begehrten Johann Zarco Schiffbruch erlitten und seither mit Ausnahme von Petrucci in der MotoGP-WM nur noch auf Eigenbau-Fahrer gesetzt, die in der eigenen MotoGP Academy aufgebaut wurden.

Die Pierer-Gruppe betreibt in dieser Academy die beiden GASGAS-Teams von Aspar Martinez, die zwei Red Bull-KTM-Moto3-Rennställe mit Aki Ajo und der Tech3-Mannschaft von Hervé Poncharal (sein Schützling Dani Holgado führt die WM an), zwei Husqvarna-Mannschaften und dazu den CFMOTO-Rennstall mit PrüstelGP sowie das GASGAS-Tech3-MotoGP-Team, um Talente für das Red Bull-MotoGP-Werksteam aufzubauen.

Und dieses aufwändige und einzigartige Nachwuchs-Konzept soll jetzt über den Haufen geworfen werden, um einen manchmal von allen guten Geistern verlassenen 30-jährigen Spanier, der seit drei Jahren dauerhaft verletzt ist, für eine Gage von 10 oder 15 Millionen Euro zu engagieren?

In den HRC-Verträgen existiert meist eine Klausel, wonach die Fahrer erst am 1. August vor Vertragende mit einem anderen Werk verhandeln dürfen. Das wäre bei Marc Márquez also erst in rund 13 Monaten erlaubt. Wenn er seinen Vertrag frühzeitig auflösen will, wird das auch bis September 2023 dauern. So lange kann KTM nicht warten.

Zudem ist ausgeschlossen, dass Red Bull-KTM den WM-Vierten Binder oder den WM-Siebten Miller aus dem Werksteam entfernt. Sie haben wasserdichte Verträge für 2024.

Dazu kommt, dass KTM-Partner Aki Ajo (seit 2023 mit den Österreichern erfolgreich) nebenberuflich als persönlicher Manager von Jack Miller agiert.

«Wir sind mit Brad und Jack extrem zufrieden», stellte KTM-Vorstand Hubert Trunkenpolz im Juni im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest.

Außerdem rechnet der KTM-Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer mit einem Wirtschaftsabschwung und wird deshalb das 70-Mio-Budget für die MotoGP nicht erhöhen.

Dazu lautet Pierers Devise: «Marc Márquez kommt für KTM nicht in Frage. Denn wenn er gewinnt, ist es der Fahrer. Wenn er besiegt wird, liegt es an meinem Motorrad.» Nachsatz des Steirers: «Wir bleiben bei unseren jungen Piloten. Wir haben ja dank unserer MotoGP Academy in den zwei kleinen Klassen Personalreserven.»

Hubert Trunkenpolz kann die vielen unbegründeten Spekulationen nicht nachvollziehen. «Silly season», stellte er verwundert fest.

Denn Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta hat bereits definitiv ausgeschlossen, dass die Pierer-Gruppe zusätzliche MotoGP-Slots erhält. Nicht einmal als «commercial entry», also ohne die üblichen Zuschüsse von ca, 5 Millionen Euro für 2 Fahrer. Und auch ein KTM-Bündnis mit Gresini liegt außer Reichweite, denn die Italiener verlängern den Ducati-Vertrag.

Während Bruder Alex bereits zu Ducati abgesprungen ist, wird Marc Máquez die Honda-Suppe noch ein Jahr auslöffeln müssen. Die Alternativen sind nicht sehr prickelnd: Ein Sabbatical (also ein Jahr Pause), Autorennen – oder Rücktritt.

KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer hielt unmissverständlich fest: «Wir haben genug Fahrer. Somit ist es für uns zwar ein Kompliment, wenn die Leute über die Möglichkeit reden, dass Marc Márquez zu Red Bull KTM kommt. Aber das ist kein Thema bei uns.»

Hubert Trunkenpolz, dessen T im Familiennamen in der Marke KTM verankert ist, wischte die «Marc Márquez zu KTM»-Storys am Wochenende mit einem Wort vom Tisch: «Undenkbar.»

MotoGP-Ergebnisse, Assen (25. Juni):

1. Bagnaia, Ducati, 26 Rdn in 40:37,640 min
2. Bezzecchi, Ducati, + 1,223 sec
3. Aleix Espargaró, Aprilia, + 1,925
4. Brad Binder*, KTM, + 1,528
5. Martin, Ducati, + 1,934
6. Alex Márquez, Ducati, + 12,437
7. Marini, Ducati, + 14,174
8. Nakagami, Honda, + 14,616
9. Morbidelli, Yamaha, + 29,335
10. Augusto Fernández, KTM, + 33,763
11. Savadori, Aprilia, + 35,084
12. Raúl Fernández, Aprilia, + 39,622
13. Bradl, Honda, + 42,504
14. Folger, KTM, + 45,609
– Di Giannantonio, Ducati, 8 Runden zurück
– Lecuona, Honda, 12 Runden zurück
– Oliveira, Aprilia, 14 Runden zurück
– Bastianini, Ducati, 20 Runden zurück
– Viñales, Aprilia, 23 Runden zurück
– Quartararo, Yamaha, 24 Runden zurück
– Zarco, Ducati, 24 Runden zurück
– Miller, KTM, 25 Runden zurück

*= ein Platz zurück («track limits»-Vergehen)

Ergebnisse MotoGP-Sprint Assen (24. Juni):

1. Bezzecchi, Ducati, 13 Rdn in 20:09,174 min
2. Bagnaia, Ducati, +1,294 sec
3. Quartararo, Yamaha, +1,872
4. Aleix Espargaró, Aprilia, +2,245
5. Brad Binder*, KTM, +4,582
6. Martin, Ducati, +5,036
7. Viñales, Aprilia, +5,876
8. Bastianini, Ducati, +10,102
9. Alex Márquez, Ducati, +10,525
10. Marini**, Ducati, +10,556
11. Miller, KTM, +11,191
12. Nakagami, Honda, +11,473
13. Zarco, Ducati, +15,439
14. Augusto Fernández, KTM, +17,754
15. Morbidelli, Yamaha, +19,508
16. Savadori, Aprilia, +19,664
17. Marc Márquez, Honda, +19,916
18. Raúl Fernández, Aprilia, +20,583
19. Oliveira, Aprilia, + 24,269
20. Lecuona, Honda, +24,727
21. Folger, KTM, +32,056
22. Bradl, Honda, +35,372
– Di Giannantonio, Ducati, 10 Runden zurück
*= erhielt 3 sec Strafe
**= erhielt 0,5 sec Strafe

WM-Stand nach 16 von 40 Rennen:

1. Bagnaia, 194 Punkte. 2. Martin 159. 3. Bezzecchi 158. 4. Binder 114. 5. Zarco 109. 6. Marini 98. 7. Miller 79. 8. Aleix Espargaró 77. 9. Quartararo 64. 10. Alex Márquez 63. 11. Morbidelli 57. 12. Viñales 56. 13. Rins 47. 14. Augusto Fernández 42. 15. Nakagami 34. 16. Di Giannantonio 34. 17. Oliveira 27. 18. Bastianini 18. 19. Marc Márquez 15. 20. Pedrosa 13. 21. Savadori 9. 22. Folger 9. 23. Raúl Fernández 8. 24. Pirro 5. 25. Petrucci 5. 26. Mir 5. 27. Bradl 5.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 285 Punkte. 2. KTM 153. 3. Aprilia 121. 4. Honda 89. 5. Yamaha 82.

Team-WM:

1. Prima Pramac Racing 268 Punkte. 2. Mooney VR46 Racing 256. 3. Ducati Lenovo Team 222. 4. Red Bull KTM Factory Racing 193. 5. Aprilia Racing 133. 6. Monster Energy Yamaha 121. 7. Gresini Racing 97. 8. LCR Honda 84. 9. GASGAS Factory Racing Tech3, 51. 10. CryptoDATA RNF 39. 11. Repsol Honda 20.

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