Paolo Ciabatti: Ducati kennt Vorzüge der Open Class
Der Italiener Paolo Ciabatti ist jetzt bei Ducati Corse als Sportdirektor für MotoGP und Superbike-WM zuständig. Eine anspruchsvolle Aufgabe, denn die Roten haben in beiden Rennserien 2013 versagt.
Jetzt soll der Umstieg in die Open Class das Ducati-Werksteam vor einer weiteren desaströsen Saison retten. Denn Eigentümer Audi will Ducati 2015 wieder im MotoGP-Titelkampf erleben. SPEEDWEEK.com hat Paolo Ciabatti ein paar brennende Fragen gestellt.
Paolo, eigentlich war die Open Class nicht für die reichen Werksteams vorgesehen.
Die Vorschriften sind ganz klar. Es existiert die Open-Class mit der Möglichkeit, weichere Hinterreifen zu verwenden.
Wir beschweren uns nicht über ein Reglement, das beschlossen und öffentlich kundgetan wurde.
Wir kennen die Vorschriften für den Factory Status, und wir kennen die Vorzüge des Open-Formats. Yonny Hernandez hat bereits im Open-Status getestet. Wir wissen also, was wir mit diesem Konzept erhalten. Und wir sind uns auch bewusst, welche Möglichkeiten wir als Factory-Team haben.
Es gibt also für niemanden einen Grund, sich zu beschweren.
Was das Image betrifft, würde es nicht seltsam aussehen, wenn Ducati als Werksteam gegen Teams wie Avintia, PBM, AB Cardion und Iodaracing antritt?
Das ist nicht das Problem. Die Open Class ist eigentlich keine Klasse. Nicht einmal eine eigene Kategorie. Es ist eine von zwei Optionen. Es gibt kein eigenes Klassement.
Drive-M7-Teamchef Aspar Martinez sagt aber, er will die Open Class gewinnen?
Ja, das ist ungefähr so, wie wenn wir beide sagen würden: Wir wollen irgendwie die Klasse «plus 50 Jahre gewinnen», es gibt aber keine...
Es existiert ein MotoGP-Klassement. Der Sieger ist der Erste, der Letzte ist der Letzte. In der Tabelle siehst du nirgends, wer Open fährt und wer nicht. Es gibt kein separates Parc Fermé, kein eigenes Podest.
So wurde es immer erklärt. Wir haben uns über alle Einzelheiten bei der IRTA erkundigt. So haben wir das erfahren. Das können alle andern Teams auch machen.
Es war vor deiner Zeit, trotzdem muss ich fragen: War es ein Fehler, dass Ducati 2012 der 20-Liter-Regel und der eingefrorenen Motorenentwicklung für 2014 zugestimmt hat. Der heutige CEO Claudio Domenicali und der damalige Rennchef Filippo Preziosi liessen sich damals von Honda über den Tisch ziehen?
Das ist eine heikle Frage.
Wir denken, diese Entscheidung der Hersteller-Vereinigung MSMA führt zu zusätzlichen Kosten, wie immer sie zustande gekommen ist. Sie hilft nicht, die Show zu verbessern.
Der ehemalige Aprilia-Renndirektor Jan Witteveen sagt, das Hauptproblem von Ducati seien die Einheitsreifen von Bridgestone. 2007 sei Ducati das Testteam von Bridgestone gewesen, das habe Casey Stoner beim Titelgewinn geholfen. Ducati bekam massgeschneiderte Reifen. Heute entwickelt Bridgestone für die Japaner, weil sie Erstausrüstung für die Serie kaufen und ausserdem Rennen gewinnen?
Ich verstehe diesen Standpunkt.
Wir hatten Zeiten, als es keine Einheitsreifen gab. In der Superbike-WM kamen sie früher, 2009 wurden sie auch in der MotoGP-Klasse eingeführt.
Dieses Prinzip ist in Ordnung.
Wenn du mehrere Reifenhersteller hast, suchen sich diese Firmen ein paar privilegierte Teams aus, die Privatfahrer erhalten diese Topreifen nicht.
Aus der Sicht eines Serien-Promoters habe ich Verständnis für die Einheitsreifen. Ich war sechs Jahre lang als Promoter in der Superbike-WM tätig. In dieser Position willst du vermeiden, dass einige Teams Vorteile und Reifen kriegen, die die anderen Teams nicht einmal für Geld kaufen können.
Ich sehe ein, dass der Einheitsreifen manche Probleme verursacht. Denn vielleicht passen sie nicht zu deinem Motorrad. Du musst dann ein Design suchen, das zu den Reifen passt. Und du musst auch wissen, welche Reifen du verwenden wirst. Denn die Reifen sind ein wichtiger Aspekt im Gesamtpaket.
Irgendwie läuft die Open Class in die falsche Richtung. Ihre Vorteile sollten eigentlich den Privatteams mit den Superbike-Rennmotoren zugute kommen, damit sie näher an die Prototypen-Zeiten herankommen. Jetzt fahren in dieser Kategorie M1-Yamaha und Ducati GP14 mit. Ist das im Sinne des Reglements?
Unsere Firmenpolitik sieht so aus, dass wir die Entwicklung der Vorschriften beobachten. Sobald sie festgeschrieben sind, gibt es nichts mehr zu diskutieren. Im Reglement steht nichts davon, dass die Open-Maschinen nur verkauft werden können oder dass sie von den Serienmaschinen abgeleitet werden müssen. Es ist nichts verboten, auch die Pneumatik nicht.
Es gibt zwei Optionen. Die Factory-Option mit freier Elektronik-Software und deinem eigenen Dashboard. Dann hast du nur fünf Motoren, 20 Liter, die Motorentwicklung ist eingefroren. Dazu hast du die übliche Zuteilung der Reifen.
Als Alternative steht die Open Class im Reglement. Du bekommst zwölf Motoren, 24 Liter, die Motorenentwicklung ist nicht eingefroren, dazu kriegst du andere Hinterreifen. Das steht so im FIM-Gesetzbuch. Dafür musst du die Einheits-ECU verwenden, inklusive Software, Hardware und Dashboard von Magneti Marelli.
Es kann heute keiner behaupten, er sei von diesem Reglement überrascht worden. Es wurde ja nicht erst gestern veröffentlicht, sondern im Frühjahr 2013.
Also bleibt Ducati nur der Wechsel in die Open Class?
Wir müssen wirklich pragmatisch sein. Unsere Ducati GP14 ist kein brandneues Konzept. Es gibt viele neue Ideen, wenn man es mit dem Vorgängermodell vergleicht. Gigi Dall’Igna konnte bereits einige seiner Ideen einbringen. Da geht es um ein paar Strategien und andere Dinge, die ich nicht verraten darf.
Aber es war clever, diese GP14 der letztjährigen GP13 sehr ähnlich zu gestalten. Das ist die Basis, die wir jetzt haben und auf der wir aufbauen.
Wir sind zufrieden mit den Fortschritten, die beim ersten Sepang-Test erzielt wurden. Vor drei Wochen lag Dovizioso 0,8 sec hinter der Bestzeit zurück. Du erinnerst dich an mein Gesicht beim ersten Test 2013. Damals haben wir nach drei Tagen 2 sec verloren.
Auch Andrea Iannone ist inzwischen schnell unterwegs. Cal Crutchlow hat sich verbessert. Aber er muss sich natürlich mit einem Motorrad anfreunden, das sich stark von seiner Vorjahresmaschine unterscheidet.
Wir lächeln ein bisschen mehr als im Vorjahr. Wir spüren, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen. Wir sind unser aber auch bewusst, dass dieses Motorrad noch viel Weiterentwicklung nötig hat.