Gigi Dall’Igna/Ducati: «Entschuldigt die Verspätung»
«Die neue GP15 wird erst auf der Strecke zu sehen sein, wenn sie dafür bereit ist. Das neue Motorrad wird komplett anders sein: Der Rahmen, der Motor, die Geometrie. Sie wird kleiner und kompakter sein.» Klare Worte von Gigi Dall’Igna, der seit knapp einem Jahr neuer General Manager bei Ducati Corse ist.
Es scheint, dass bei Ducati nicht mehr diese Anspannung herrscht wie noch vor zwölf Monaten. Ein Druck, der bei allen Beteiligten spürbar war. Die Fortschritte bei Ducati sind offensichtlich, es ist wieder Ruhe eingekehrt. Sicher auch Dank Dall’Igna, der wie gewohnt, gegenüber «Motosprint» bescheiden Auskunft über die momentane Situation bei den Roten gibt.
Offensichtlich ist es dir gelungen, den Negativtrend bei Ducati zu stoppen. Das hatte für dich ja auch oberste Priorität.
Ich höre mich «Ja» sagen. Für den Rest braucht man nur die Gesichter im Team anzuschauen, die der Mechaniker, die der Fahrer und ihre Aussagen dazu. Es stimmt, es hat sich etwas geändert. Wenn man auf einem Abwärtstrend ist, braucht es viel Energie, um die Sache zu drehen. Ja, wir haben etwas verändert, aber es wartet immer noch viel Arbeit auf uns. Wir schauen aber sehr positiv und mit viel Vertrauen in die Zukunft.
Gab es neben der technischen Seite auch eine psychologische, die wieder aufgebaut werden musste?
Es war nicht nur eine psychologische Angelegenheit, sondern auch eine menschliche. Der Informationsfluss musste besser organisiert werden. Zudem haben wir versucht, die Probleme, die offensichtlich waren, zu lösen.
Hast du dafür nur auf interne Ressourcen gesetzt?
Ja, ausser bei Riccardo Savin (Anm. d. Red.: Er hat Aprilia verlassen, um Dall’Igna zu Ducati zu begleiten), alle anderen sind von Ducati und ich möchte nochmals betonen, dass ich schon vor meinem Antritt bei Ducati überzeugt war, dass dort viel gute Leute sind. Leute, mit den ich mich wohl fühle, es gibt bei Ducati wirklich sehr tüchtige Techniker.
In der zweiten Hälfte der Saison haben sich die Resultate verbessert.
In Aragón haben wir einen neuen Rahmen verwendet, der uns erlaubt, mehr Einstellungen am Fahrwerk vorzunehmen, als bis dahin möglich war. Dies aber optimal zu nutzen, brauchte Zeit. Es ist auch für die nächste Saison wichtig, dass wir mit diesem neuen Chassis bessere Lösungen finden.
Eine Sammlung von neuen Daten?
Man kann nicht nur von Daten sammeln sprechen, denn es gab auch Fortschritte in Sachen Leistung. Der Abstand war letztes Jahr viel grösser. Jetzt glaube ich, sind wir wieder normal geworden. [lacht]
Ist es richtig, dass mit der Desmosedici die weichen Hinterreifen in den Rennen nicht verwendet werden konnten?
Wir haben sie nur zweimal verwendet. In Argentinien und Indianapolis haben die anderen die harten Reifen verwendet, die besser funktionierten, wir aber konnten das nicht tun. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass uns das Open-Reglement nicht wegen den Reifen entgegenkam, sondern weil wir dadurch stetig weiter entwickeln konnten, was uns half, den Abstand zu den Besten zu verringern. Das ist eine Tatsache.
Reden wir von den MSMA-Meetings. Stimmt es, dass viel gestritten wird und dass vor allem du mit Nakamoto streitest?
[Lacht] Also es ist schon so, dass es bei diesen Meetings, ich sage mal, etwas unruhig zugeht.
So, dass es auch lauter wird?
Aber sicher, das ist auch richtig so. Es geht ja auch um das eigene Interesse und die Zukunft der MotoGP-WM. Auch in technischer Hinsicht und dabei sind die Forderungen von Honda, Yamaha und Ducati eben verschieden.
Streitet ihr oft wegen der Einheitselektronik?
In diesem Bereich haben wir grosse Fortschritte gemacht, ja schon fast eine Einigung erzielt. Aber es wurde deswegen schon viel gezankt.
Gezankt haben meistens immer du und Nakamoto.
Nun, Nakamoto ist eine sehr starke Persönlichkeit. So wie ich die Interessen von Ducati vertrete, kämpft er für die seinen. Da muss man ihm schon Stirn bieten. Es stimmt, zwischen uns ist es schon öfters laut geworden… Ich habe aber meinerseits sehr grossen Respekt vor ihm.
Über die Software habt ihr euch also schon fast geeinigt, aber wie wird diese delikate Angelegenheit gelöst?
Wir werden weiter darüber diskutieren, wo wir mit der Problemlösung ansetzen wollen. Dann müssen wir diese Algorithmen in die Software implementieren. Auf diese Weise passen wir die Software von Magneti Marelli, welche die Dorna vorgibt, auf unsere Bedürfnisse an und finden einen Kompromiss.
Dann wird man auch über den Benzinverbrauch und die Motoren reden müssen?
Es gibt zwei Aspekte, die den Verbrauch beeinflussen. Einer ist der Wechsel von Bridgestone zu Michelin. Dies kann eine Verbesserung wie auch eine Verschlechterung des Verbrauchs bedeuten. Deshalb ist es wichtig, dass man dies richtig einschätzt, bevor man die Anzahl Liter für 2016 vorschreibt.
Der zweite Aspekt?
Dabei geht es um die Software. Die Einheits-Software hat noch nicht alle Strategien für weniger Verbrauch wie die Factory-Software, was aber auch den Motorenverbrauch erhöhen kann. Am Anfang zumindest.
Dann muss also die Anzahl Liter erhöht werden?
Wenn die Einheits-Software eingeführt wird, werden wir wohl bei 20 Litern sein, aber ich denke, dass dies nicht die Lösung ist. Ich bin für mehr Benzin.
Und das Limit von fünf Motoren?
Das ist zwar ein anderes Thema, aber ich bin auch dort dafür, dass die Anzahl erhöht wird.
Dann schlägst du also vor, dass mehr Benzin und Motoren zu Verfügung stehen sollten?
Wenn Ducati nicht mehr Motoren hätte einsetzen können, also nicht mehr Möglichkeiten, sie weiter zu entwickeln, wären wir nicht wieder hoch gekommen. Mehr Motoren bedeuten für Konstrukteure, die etwas zurück liegen oder auch für Neueinsteiger, dass sie aufholen können. Das wäre auch für die Weltmeisterschaft positiv.
Du denkst an Suzuki?
Suzuki, Aprilia und KTM. Es geht darum, dass man mit mehr Motoren während der Saison weiterentwickeln kann. Deshalb bin ich dafür, dass für 2016 mehr Benzin und Motoren erlaubt sind.
Seid ihr mit der GP15 in Verzug?
Es braucht eben Zeit, wenn man eine Arbeit richtig machen will. Ich habe ein ganz neues Projekt vorbereitet und möchte, dass die Premiere gelingt.
Wird das neue Motorrad kleiner sein?
Kleiner und auch kompakter. Die Verkleidung wird zwar ähnlich sein, wie bei der diesjährigen Maschine, wir haben aber in Sachen Aerodynamik viel weiterentwickelt.
Und der Rest?
Alles wird ganz anders sein – vom Rahmen bis zum Motor, von der Geometrie bis zur Gewichtsverteilung. Die Position des Motors wurde geändert. Das alles hat Zeit benötigt und ich wollte mich nicht stressen lassen. Lieber einen Monat später mit einem Motorrad, das funktioniert, als einen Monat früher mit einem Motorrad, das Probleme bereitet. Wenn wir damit verspätet sind, dann eben deshalb, weil es nicht früher ging.