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Stefan Bradl: «Nicht über Podestplätze reden»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl beim ersten Sepang-Test vor zwei Wochen

Stefan Bradl beim ersten Sepang-Test vor zwei Wochen

«Ich bin gut drauf», sagt Forward-Yamaha-Pilot Stefan Bradl (25). «Aber es ist nicht selbstverständlich, dass ich als Open-Fahrer immer unter den Top-Ten sein werde.»

Am Montag beginnt auf dem Sepang International Circuit der nächste zweitägige MotoGP-Test.

Beim ersten Stelldichein vor zwei Wochen landete Stefan Bradl mit der Forward-Yamaha als bester Open-Class-Pilot auf Platz 8.

Bradl fuhr damals 2:00,294 min. Für den nächsten Test hat er sich vorgenommen, erstmals in Malaysia unter 2 Minuten zu fahren.

Stefan, Sepang ist im Vergleich zu Valencia und Jerez eine schnelle Strecke. Trotzdem hast du anfangs Februar dort gut mitgehalten. Das heisst, bei der Motorleistung ist der Nachteil gegenüber Honda und Ducati überschaubar und erträglich?

Ja, der Motor ist in einem guten Zustand. Wir verwenden bisher noch einen letztjährigen. Aber er geht nicht schlecht, er ist sehr gut fahrbar. Richtige Top-Speed-Messungen haben wir nicht gehabt; da habe ich mich nicht darüber informiert.

Der weichere Hinterreifen der Open-Class ist jetzt eine Stufe härter als im letzten Jahr. Das wird bei den Rennen in den freien Trainings und im Qualifying von Nachteil sein, aber dafür kannst du ihn vielleicht öfters in den Rennen einsetzen?

Ja, das kann sein. In Malaysia hat er über die Distanz ganz gut funktioniert. Wie das auf anderen Strecken aussehen wird, weiss man nicht. Aber es ist mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung.
Man hat vielleicht einen Tick weniger Vorteile bei einer schnellen Rundenzeit, weil er eine Spur härter ist. Aber vielleicht funktioniert er dafür bei einigen Rennen über die Distanz.

Du hast beim ersten Sepang-Test die beiden Factory-Honda von Cal Crutchlow und Scott Redding hinter dir gelassen. Ist das eine gewisse Genugtuung? Du findest bei Forward das erwünschte gute Technikpaket vor?

Ich weiss, dass die Honda ein Super-Motorrad ist. Aber man braucht einige Zeit, bis man sie vernünftig abgestimmt hat. Die Honda-Fahrer werden ihre Motorräder sicher noch besser in den Griff kriegen und sehr starke Gegner werden. Doch ich beobachte die Honda-Teams nicht besonders aufmerksam.
Meine Genugtuung war nicht besonders gross, weil ich genau weiss, es war der erste Test, es ging um nichts. Ich stehe mit beiden Füssen auf dem Boden und weiss, die Verhältnisse können sich ganz schnell wieder ändern.
Ich konzentriere mich auf meine Aufgabe. Bei uns geht es darum, dass wir beim zweiten Test mehr Long-runs machen und uns um den Rennspeed kümmern, also um konstante Zeiten mit gebrauchten Reifen.
In Katar wird dann sowieso wieder alles anders ausschauen. Neue Strecke, neue Verhältnisse.

Du hättest für 2015 bei LCR bleiben können. Auch von Pramac-Ducati und Aprilia hattest du Anfragen. Momentan wirkt das Forward-Yamaha-Paket aber recht schlagkräftg.

Ja, aber auch hier muss ich sagen – das ist eine Momentaufnahme.
Die Ducati ist sicher nicht einfach zu fahren. Trotzdem sind die Werks-Ducati ziemlich weit vorne, die Pramac-Fahrer bekommen vielleicht noch besseres Material, ist zu hören.
Aber nach dem momentanen Stand habe ich mich richtig entschieden.

Ducati setzt in der Open-Class erst seit Ende September in Aragón ein Motorrad ein. Honda hat ein anderes Open-Motorrad als 2014. Dein Vorteil ist: Das Forward-Team hat mit dem jetzigen Package schon Erfahrung?

Ja, bei unserem Motorrad hat sich im Vergleich zu 2014 nichts Grundlegendes geändert. Forward hat ein Jahr Erfahrung bei der Zusammenarbeit mit Yamaha; dazu haben Dirk Debus und Tex Geissler in diesem Team bei FTR-Kawasaki zwei Jahre Erfahrung mit der Einheits-ECU gesammelt. Das ganze Team ist eine eingespielte Truppe. Sie kennen sich gegenseitig sehr gut und wissen, wie sie die Yamaha zu behandeln haben.

Du warst im Vorjahr auf der Honda-WM Neunter – mit sechs Nullern. 2015 willst du deine Konstanz verbessern. Dirk Debus hat einmal erwähnt, mit 18 siebten Plätzen könntest du WM-Fünfter werden. Manche Fans fürchten jetzt, du wirst nur noch auf Ankommen fahren.

Dirk hat das nur als Beispiel dafür erwähnt, wie weit man kommen kann, wenn man regelmässig ins Ziel kommt und punktet. Der Sinn hinter dieser Bemerkung ist nicht, dass wir das ganze Jahr über immer mit Platz 7 zufrieden sein werden.
Ich will schauen, dass ich bei möglichst vielen der 18 Rennen ins Ziel komme. Wenn ich 18 Mal Siebter werde, ist es auch nicht das Gelbe vom Ei. Wenn ich die Chance habe, weiter vorne ins Ziel zu kommen, werde ich sie packen.
Diese Rechnung sollte nur beschreiben, wie wichtig es ist, möglichst oft zu punkten. Manchmal ist es sinnvoller, sich mit einem achten Platz und acht Punkten abzufinden, als einen Sturz zu riskieren. Andrea Dovizioso hat das 2014 vorgezeigt.
Wenn ich sage, ich möchte in die Top-Ten fahren, heisst das auf keinen Fall, dass ich immer Zehnter oder Siebter werden will. Platz 6 ist auch in den Top-Ten... Aber wir haben es mit vielen Factory-Bikes zu tun.
Das Motto muss sein, konstant mit guten Platzierungen ins Ziel zu kommen und wenige Ausfälle haben.

Du hast einmal erwähnt, die Ziele von 2014 seien unrealistisch gewesen. Deshalb willst du die Trauben jetzt nicht zu hoch hängen und den Sieg in der Open-Class in den Vordergrund stellen?

Die Ziele für 2015 haben wir schon oft erwähnt. Wir können sie während der Saison notfalls revidieren, nach unten oder oben.
Ich lasse mich vorläufig auf keine Prognosen ein. Von Honda, Yamaha und Ducati gibt es zwölf echte Factory-Bikes. Suzuki war mit zwei Werksmaschinen und starken Fahrern beim ersten Test nicht schlecht unterwegs. Es ist also nicht selbstverständlich, dass man als Open-Fahrer immer unter den Top-Ten liegt.
Aber wir haben das Potenzial dazu. Ich bin gut drauf, glaube ich. Wir werden sehen.
Man muss sich bewusst sein, dass man über Podestplätze unter normalen Bedingungen nicht zu reden braucht.
Aber bei «flag to flag»-races wie letztes Jahr in Assen, auf dem Sachsenring, Aragón oder Valencia kann immer viel passieren. Da ist die Chance immer vorhanden.

Dein Forward-Vorgänger Aleix Espargaró hat einige dieser Chancen sehr geschickt genützt: Platz 4 im sturzreichen Rennen in Katar, Platz 4 in Assen, Platz 2 in Aragón.

Ja, bei solchen Gelegenheiten muss ich mich zur Geduld zwingen. Das habe ich mir vorgenommen.

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