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Hervé Poncharal (Tech3-Yamaha): «Dorna hilft uns»

Von Günther Wiesinger
Hervé Poncharal

Hervé Poncharal

Tech3-Yamaha-Teambesitzer Hervé Poncharal hat sich vorgenommen, künftig mehr als Unternehmer statt als leidenschaftlicher MotoGP-Teamchef zu handeln.

Hervé Poncharal, Besitzer des MotoGP-Tech3-Yamaha-Teams und gleichzeitig Präsident der Teamvereinigung IRTA, hat sich beim Barcelona-GP vor vier Wochen lautstark über die Situation für die Kundenteams beschwert.

Der Franzose bezeichnete seinen Rennstall als C-Team, das 2017 im Qualifying bestenfalls auf Platz 13 hoffen könne.

Poncharal denkt deshalb mit seinen Kollegen von Pramac-Ducati, Avintia-Ducati, Aspar-Ducati, LCR-Honda und Marc VDS Honda darüber nach, wie man die Situation für die Kundenteams attraktiver gestalten könnte.

Es ist ein Teufelskreis. 2017 kommt mit KTM der sechste Hersteller in die MotoGP, das ist erfreulich für alle Beteiligten.

Aber sechs Hersteller engagieren zwölf Werksfahrer, die Gagen steigen, Bradley Smith und Pol Espargaró haben sich deshalb bei Tech3 verabschiedet. Richtung Red Bull-KTM-Werksteam. Jonas Folger und Johann Zarco, zwei Rookies, sind jetzt die Kompromiss-Kandaidaten für 2017.

«Die beste Idee war die Rookie-Vorschrift, das sage ich nicht, weil sie auf meinem Mist gewachsen ist», sagt Poncharal. «Aber sie war nicht von langer Dauer. Denn als Marc Márquez in die MotoGP-WM kam, wurde sie aufgehoben.»

Zur Erinnerung: 2010 durfte zum Beispiel Marco Simoncelli nicht ins Honda-Werksteam, weil es eine «rookie rule» gab, wonach Aufsteiger im ersten MotoGP-Jahr nicht ein einem Werksteam fahren durften. Aus dem gleichen Grund wurde Superbike-Weltmeister Ben Spies für ein Jahr bei Tech3-Yamaha zwischengelagert. Erst 2011, als Rossi zu Ducati ging, wurde er Teamkollege von Jorge Lorenzo.

«Wir hatten in Assen ein Meeting mit Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta und allen Besitzern der privaten MotoGP-Rennställe», erklärte Poncharal im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Wir haben über viele Dinge diskutiert. Das Ziel ist es, 2018 alle sechs Hersteller so zu integrieren, dass sie enge Kooperationen mit ihrem Kundenteam haben. Schauen wir uns mal die Saison 2017 an: Im Yamaha-Werksteam fahren ein Italiener und ein Spanier, im Tech3-Yamaha-Team ein Deutscher und ein wahrscheinlich Franzose. Das ist gut für die Yamaha-Gruppe, denn wir decken einen grossen Markt ab. Carmelo hat aber auch bestätigt, dass er unser Überleben sichern will. Er weiss, dass wir künftig gegen zwölf Werksfahrer einen schweren Stand haben werden, dass wir normal nicht gewinnen und nicht um Podestplätze fighten können. Das ist unmöglich. Aber er steht uns zur Seite und will die Performance der Privatfahrer ins rechte Licht rücken.»

Wird es also bald wieder eine eigene Wertung geben wie zu Zeiten der Claiming-Rule-Teams und der Open-Class von 2012 bis 2015?

Poncharal: «Das muss nicht eine eigene Meisterschaft sein, das halte ich nicht für besonders zielführend. Aber man sollte den besten Fahrer aus einem Kundenteam nach dem Qualifying im Parc Fermé feiern und eventuell auch nach dem Rennen auf dem Podest oder im Parc Fermé. Für uns ist wichtig, dass wir den Rückhalt von Carmelo haben, dass er unsere Sorgen versteht. In den neuen Fünf-Jahres-Verträgen werden die Zuschüsse für den Kundenteams erhöht, das ist bekannt. Und wenn einer von uns in finanzielle Schwierigkeiten gerät, wird er diesem Rennstall noch stärker unter die Arme greifen. Dann wird er eine Lösung für eine rasche Hilfe suchen. Das ist wichtig, das wollten wir hören. Denn am Ende des Tages sind wir hier, weil wir den Rennsport lieben. Gleichzeitig sind wir Unternehmer. Ich muss an jedem Wochenende 40 Mitarbeitende bezahlen, ich habe viele Rechnungen, die ich begleichen muss.»

«Als ich in Assen gesehen habe, dass unser Pol Espargaró 20 Sekunden vor Schluss des MotoGP-Qualifyings noch an erster Stelle lag, war ich aufgeregt wie ein kleines Kind. Das Gefühl, wenn man im Qualifying oder im Rennen an der Spitze ist in der MotoGP, das wird man nie vergessen, das will ich nicht vermissen», sagt Poncharal. «Es wird immer eine Enttäuschung sein, wenn man nicht um die Top3 kämpfen kann. Aber vielleicht ist es für einen Teamchef wie mich sogar wichtiger, finanziell überleben zu können. Das Überleben ist wichtiger mit einem Partner wie Carmelo Ezpeleta. Er hat die Materialkosten pro Fahrer für 2017 auf 2,2 Millionen maximal beschränkt. Das ist der oberste Betrag, den wir bezahlen müssen. Aber wenn ein Team den Hersteller überreden kann, das Material für 2 Millionen, für 1,8 oder 1,6 Millionen zu verleasen, wird unser Leben einfacher. Mit sechs Herstellern haben wir eine grössere Auswahl. Bald werden alle Werke Kundenteams ausrüsten, denn Carmelo lockt sie mit finanziellen Karotten.»

Poncharal weiter: «Sobald es so weit ist, können wir pokern und spielen. Pramac-Chef Campinoti ist das beste Beispiel. Er war jahrelang das einzige Ducati-Kundenteam, jetzt gibt es zwei weitere. Es gibt also sechs Leasing-Bikes und die zwei Werks-Ducati. Jetzt hat Campinoti Gespräche mit Suzuki begonnen. Er hat das publik gemacht. Wenn Ducati seine Wünsche nicht erfüllt, sollte er sich bei der Konkurrenz umsehen. Auch LCR-Chef Lucio Cecchinello sollte seine Karten so ausspielen. Ich weiss, dass Aprilia bereits mit ihm redet. Warum sollte er das nicht tun? Wir alle müssen Kapital daraus schlagen, dass wir 2017 sechs Hersteller in der MotoGP-WM haben werden. Gresini hat ja auch einen Super-Deal mit Aprilia gemacht. Wir Teambesitzer sind leidenschaftliche Racer. Wir streben nach Siegen und Erfolgen. Wir wollen eine Top-Performance abliefern. Aber manchmal sollten wir diesen Ehrgeiz ein bisschen in den Hintergrund rücken und versuchen, den finanziell besten Deal auszuhandeln. Gresini ist in einer guten Position. Aus der Sicht des Unternehmers hat er das perfekte Geschäft gemacht mit Aprilia, als er ihnen die zwei Startplätze für vier Jahre überlassen hat. Er hat jetzt die grosse Piaggio Group hinter sich, die sich seiner beiden Startplätze bemächtigt hat. Er hat keine Sorgen mehr. Seine Position ist nicht so übel. Wenn morgen ein neuer Hersteller wie Kawasaki oder BMW kommt, keinen Teamplatz hat und keine beiden Plätze, meine Infrastruktur und meine Organisation übernehmen will, werde ich der glücklichste Mensch auf der Welt sein.»

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