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Hervé Poncharal (Tech3): «Sind jetzt ein C-Team»

Von Günther Wiesinger
Hervé Poncharal

Hervé Poncharal

Tech3-Yamaha-Teambesitzer verliert am Jahresende Bradly Smith und Pol Espargaró – und ist sauer. Er sieht eine düstere Zukunft auf die MotoGP-Privatteams zukommen.

Tech3-Yamaha-Teambesitzer Hervé Poncharal hat schon viele aussichtsreiche Fahrer an Werksteams verloren, zum Beispiel Cal Crutchlow Ende 2013 und Andrea Dovizioso nach der Saison 2012.

Jetzt laufen ihm Bradley Smith und Pol Espargaró, der WM-Sechste von 2015 und der WM-Sechste von 2014, Richtung KTM davon.

Mit dem aktuellen Moto2-WM-Siebten Jonas Folger hat Poncharal schon einen Nachfolger gefunden, der zweite fehlt noch.

Der Franzose Poncharal hätte neben Folger gern eine vierte Saison mit Pol Espargaró bestritten, doch dem Spanier riss der Geduldsfaden, er wollte keine zwei weiteren Jahre vergeblich auf einen Platz im Yamaha-Werksteam warten.

«Ich befinde mich in einer Phase, in der ich kein glücklicher Mensch bin», räumte Poncharal ein. «Und ich bin auch kein glücklicher Teammanager, denn alle wissen, dass wir Bradley schon früh in dieser Saison verloren haben, und jetzt hat sich auch Pol Espargaró zum Wechsel entschieden. Auch wenn alle Beteiligten auf eine grossartige MotoGP-WM blicken, da wurde jahrelang tadellose Arbeit geleistet, und dank der Einheits-ECU liegen die Bikes der verschiedenen Hersteller so eng beisammen wie schon lange nicht. Die Kundenteams von Honda und Ducati sowie Tech3-Yamaha verfügen über konkurrenzfähige Motorräder. Wir haben uns auch bemüht, mehr Werke in die MotoGP-Klasse zu bringen, das ist uns gelungen, vier Werke fahren jetzt vorne mit. Zwei weitere arbeiten daran, bald ebenfalls sehr schnell zu sein.»

Aber Poncharal findet ein Haar in der MotoGP-Suppe, das ihn als Besitzer eines Satellitenteams betroffen macht.

«Es gibt einen Trend, man kann es auch als Mode bezeichnen, dass schon junge Fahrer unbedingt in ein Werksteam streben. Das ist für uns schwierig zu schlucken und zu verdauen. Klar, wir waren immer B-Teams, das war seit Jahren so, aber jetzt müssen wir uns als C-Teams bezeichnen. Daran gibt es nichts zu rütteln. Ich habe immer gesagt, dass wir innerhalb der Yamaha-Familie das Junior-Team bilden. Aber wenn ich mir die Situation jetzt anschaue, dann lautet die Antwort ganz klar – nein. Wann ist zum letzten Mal ein Tech3-Yamaha ins Werksteam aufgestiegen? Ich kann es euch verraten. Das war Ende 2010 der Texaner Ben Spies. Und er war gar kein echter Tech3-Fahrer, sondern ein Werksfahrer von Yamaha, der die Superbike-WM gewonnen hat und dann 2010 im Werksteam fahren sollte. Aber dort war kein Platz verfügbar, also wurde er eine Saison lang bei uns geparkt. Heute sind die wahren B-Teams die Neueinsteiger-Werksteams wie Suzuki, Aprilia und KTM. Ich weiss nicht, ob man Ducati als B+ oder A– bezeichnen sollte.»

«Wir wissen, dass im Motorradrennsport die Fahrer den Unterschied ausmachen. Und wir erleben im Moment fünf oder sechs Piloten, die um Siege oder zumindest um Podestplätze fighten können», sagt Poncharal. «Und all diese Jungs wollen in ein Top-Werksteam, das ist ihr einziges Interesse. Das ist eine schwierige Zeit für uns. Denn ich erinnere mich an die Saisonen 2012 und 2013, da haben wir bei Tech3-Yamaha noch acht Podestplätze im Jahr geschafft. Das hat sich geändert. Seit 2006 hat kein Fahrer aus einem Kundenteam mehr einen Grand Prix gewonnen, das war damals Toni Elias aus dem Gresini-Honda-Team in Portugal. Für uns Kundenteams wird es immer schwieriger. Wenn du nicht den richtigen Fahrer hast, findest du keinen finanzkräftigen Sponsor... Ohne Sponsor sinkt aber die Chance, einen aufregenden Fahrer zu engagieren. Deshalb mache ich mir als IRTA-Präsident ein bisschen Sorgen um die Zukunft der privaten MotoGP-Teams.»

«Es ist kurios. Yamaha baut die erfolgreichsten Motorräder, die M1-Yamaha im Tech3-Team sind sehr konkurrenzfähig», hält Poncharal fest. «Aber leider will keiner damit fahren.»

Gibt es Ideen und Möglichkeiten, die MotoGP-Kundenteams für junge, schnelle Fahrer attraktiver zu machen? Poncharal: «Vor einigen Jahren hatte ich die Idee, dass kein MotoGP-Rookie sofort in ein Werksteam aufsteigen darf. Mir gefiel diese Idee, deshalb habe ich mich dafür eingesetzt. Das bedeutete damals, dass vielversprechende Talente zumindest ein Jahr in einem Kundenteam fahren mussten. Es hat funktioniert – zum Beispiel bei Marco Simoncelli und bei Ben Spies. Dann wurde dieses Konzept gestoppt, wir alle kennen den Grund. Es gab einen namhaften Hersteller und einen gewissen Sponsor... Machen wir uns nichts vor: Marc Márquez bekam ein Angebot von HRC für das Werksteam. Im LCR-Kundenteam war damals kein Platz für ihn, HRC wollte ihn sowieso ins Repsol-Team stecken. Repsol machte Druck, um Márquez ins Werksteam holen zu dürfen. Das war ein grosses Thema – und das Ende der Rookie-Regel.»

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