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Hervé Poncharal (Tech3): «Kopfschmerzen wegen Folger»

Von Günther Wiesinger
Tech3-Yamaha-Teambesitzer Hervé Poncharal hat sich gewünscht, dass sein neuer Schützling Jonas Folger 2016 die Moto2-WM gewinnt. Aber der Bayer steckt in einem Formtief.

Als Hervé Poncharal am Donnerstag vor dem Le-Mans-GP die Verpflichtung von Jonas Folger für 2017 bekanntgab, wirkte der Tech3-Yamaha-Teambesitzer noch recht euphorisch.

Poncharal am 5. Mai 2016 über den bald 23-jährgen Folger: «Ich habe immer Interesse daran gehabt, mit Jonas zu arbeiten. Denn ich schätze seine Fahrkunst sehr. Ich denke, er hat das Potenzial, auch in der MotoGP-Klasse ein Spitzenfahrer zu werden. Denn jetzt hat Jonas bald drei Jahre Moto2-Erfahrung, er ist Moto2-Sieger. Hoffentlich kann er in dieser Moto2-Saison noch starke Leistungen vollbringen. Das grosse Ziel wäre natürlich, dass er 2016 den Moto2-WM-Titel gewinnt, bevor er zu uns kommt. Ich habe das Gefühl, Jonas ist jetzt bereit. Er hat das nötige Profil für die MotoGP-Klasse.»

Damals im Mai machte sich Poncharal noch Hoffnungen, dass Pol Espargaró eine vierte Saison bleiben würde, Folger hätte dann an der Seite von Pol lernen und sich in Ruhe entwickeln können.

Jetzt haben sich die Vorzeichen geändert, in zweierlei Hinsicht: Statt Pol Espargaró kommt mit Johann Zarco ein zweiter Rookie ins Tech3-Team, gleichzeitig ist Folger in ein rätselhaftes Formtief geschlittert.

In den vier Rennen seit Le Mans hat der Bayer nur 16 Punkte kassiert: Einen Nuller in Le Mans, dann die Ränge 15 in Mugello, 7 in Barcelona und 10 in Assen.

«Jonas steht neben den Schuhen», grübelt Jürgen Lingg, Technical Director beim Dynavolt Intact GP-Team. «Seltsam, eigentlich sollte er ja seit der Vertragsunterzeichnung entspannt und gelassen sein. Aber es ist das Gegenteil eingetreten. Ich weiss nicht, vielleicht will er mit Gewalt bewiesen, dass er diesen Vertrag verdient hat.»

Poncharal sagte im Mai: «Ich bin überzeugt, dass Jonas hohe Erwartungen an seine erste MotoGP-Saison hat. Es wird aber nicht leicht sein, in die Top-Ten zu kommen, denn selbst Cal Crutchlow und Bradley Smith sind in Jerez auf den Plätzen 11 und 12 gelandet. Wir sollten 2017 einfach so dicht wie möglich an den besten Piloten aus den Kunden-Teams dran sein.»

Das wären dann Pramac-Ducati mit Petrucci und Redding, LCR-Honda mit Crutchlow und Marc VDS-Honda, die jetzt mit Miller und Rabat unterwegs sind. Dann wären da noch Fahrer wie Barbera bei Avintia-Duvcati und Bautista bei Aspar-Ducati – neben zwölf Werkspiloten. Auch Folgers Teamkollege Zarco kommt mit viel Biss und Selbstvertrauen in die MotoGP.

Inzwischen Ist Hervé Poncharal beim Thema Folger ein bisschen nachdenklich geworden.

Nach dem Abgang von Pol Espargaró (Platz 4 in Assen, jetzt aktuell starker WM-Sechster) zu KTM wird es mit den zwei Rookies Zarco und Folger vermutlich 2017 vorbei sein mit Top-5-Plätzen.
Zur Erinnerung: Smith war 2015 bei Tch3-WM-Sechster, Pol Espargaró in seiner MotoGP-Rookie-Saison 2014 gleich WM-Sechster, 2015 immerhin WM-Neunter.

Folger ist jetzt in der Moto2-WM Gesamtsiebter, 63 Punkte hinter Zarco, der genau die doppelte Punktezahl aufweist, nämlich 126 Punkte erobert hat. Dabei gilt er unbestritten als Riesentalent, er hat schon mit 12 und 13 Jahren Podestplätze in der Spanischen und deutschen 125-Meisterschaft errungen.

Anderseits: Mit diesem Talent hätte Folger nach Ansicht der Experten in 127 WM-Läufen mehr als vier GP-Sige und insgesamt 20 Podestplätze einfahren sollen. Und vor der Saison 2016 war dauernd vom Titelgewinn die Rede. Folgers bisher beste WM-Endplatzierungen: Moto3-WM-Fünfter im Jahr 2013, dann Moto2-WM-Sechster im Jahr 2015.

«Ich wäre an der Stelle von Jpnas noch ein Jahr in der Moto2-WM geblieben», meint Ralf Waldmann. Und Stefan Bradl, in seiner zweiten Moto2-Saison Weltmeister gegen Marc Márquez, sagt: «Ich schätze, Jonas hat die richtige Entscheidung getroffen. Denn er findet bei Tech3 ein gutes Team, das seit vielen Jahren sehr erfolgreich ist, die Technik-Mannschaft hat sehr viel Erfahrung. Und die Yamaha ist ein ausgereiftes Motorrad. Ich denke, dass er es richtig gemacht hat. Ich kann ihm nur gratulieren und alles Gute wünschen. Aber ich glaube, dass Jonas in dieser Saison in der Moto2-WM noch was zu liefern hat. Er muss noch ein paar Podiumsplätze rausfahren, damit er sich den Aufstieg wirklich verdient.»

SPEEDWEEK.com hat sich mit Hervé Poncharal in Assen unterhalten und einen grüblerischen Franzosen angetroffen.

Hervé, du hast in Assen gesagt, Johann Zarco werde zu 99 Prozent bei uns fahren. Es müssen aber jetzt noch ein paar Details mit Suzuki geklärt werden.

Ja, der Ausstieg aus dem Suzuki-Deal muss noch endgültig geklärt werden. Wir sind uns bereits in allen Belangen einig.

Zarco wird einen Vertrag für ein oder zwei Jahre haben?

Es wird wie bei Folger sein. Ein Jahr mit Option für 2018.
Das Ziel wird aber bei beiden Fahrern sein, die zwei Jahre lang zu behalten. Doch wenn sich nach fünf Rennen ein Desaster abzeichnet, wenn nichts und wieder nichts kommt, dann müssen wir nachdenken.
Wir müssen dann nachforschen: Warum haben wir ein Desaster? Wenn wir trotzdem ein Potenzial sehen und das Desaster auf Pech zurückzuführen ist, machen wir weiter.

Bradley Smith hatte zu Beginn seiner MotoGP-Karriere bei Tech3-Yamaha einen Zwei-Jahres-Vertrag?

Zwei Jahre. Ja.

Machst du dir Gedanken, weil bei Jonas Folger seit Le Mans der Wurm drin ist?

Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass ein Zusammenhang zwischen der Vertragsunterzeichnung und seinem Formtief besteht. Es ist schwer zu sagen, warum das eingetreten ist. Normalerweise sollte so ein Vertrag ein Boost sein, eine Aufmunterung, neue Motivation. Denn du hast weniger Druck, du musst nicht mehr unbedingt Spitzenergebnisse erzielen, um einen lukrativen Vertrag und ein Team für die Zukunft zu bekommen.
Normalerweise solltest du unbeschwert Gas geben, wenn dein Kopf frei ist. Du solltest dann locker pushen können.
Ich weiss nicht...
Ich interveniere nicht mehr. Ich habe den Kontakt eingeschränkt, manchmal schicke ich ihm ein SMS. Ich will ihn bei seiner Arbeit nicht stören. Ich habe Intact-Teamchef Jürgen Lingg gesagt, dass ich alles respektiere, was sie tun. Ich habe gesagt: Er ist euer Fahrer bis zum Saisonende 2016. Ich mische mich nicht ein.
Aber wie es zu diesen Ergebnissen kommt, dafür habe ich keine Erklärung.
Die Situation bereitet mir Kopfschmerzen und Sorgen. Nicht nur mir, sondern allen, die bei uns im Team und bei Yamaha involviert sind. Das sind viele Menschen. Aber...
Wir werden sehen. Ich sage nicht, das ist der beste Deal. Er wurde abgeschlossen, also müssen wir vorwärts blicken. Und dann muss ich alles tun, um ihm zu helfen. Dann wird sich heraustellen, ob etwas daraus wird.
Aber ich mache mir Sorgen.
Ich hoffe, wir können die Story mit der mangelnden Beständigkeit bei Jonas ändern. 

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