MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Nakamoto (HRC): Warum Pedrosa keine Winglets einsetzt

Von Manuel Pecino
HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto verriet nun das Geheimnis, warum Dani Pedrosas Maschine keine Winglets hat und sprach mit SPEEDWEEK.com über ein aerodynamisch perfektes Bike, das Honda einst baute.

Nach Dani Pedrosas fulminantem Sieg in Misano wiesen einige «Experten» darauf hin, dass das Fehlen der Winglets das «Geheimnis» seiner überraschenden Leistung gewesen sei. Sie tun mir sehr leid, denn wenn es einen bestimmten Schlüssel zum Erfolg gegeben hat, dann war es sicher nicht das Fehlen der Winglets. Am Sachsenring, in Brünn und Silverstone ging Pedrosa ohne Wings in die Rennen. Nur auf dem schnellen und «einfachen» Red Bull Ring wurde kleine Flügel an der Verkleidung von Danis Honda angebracht.

Natürlich gibt es einen Grund, warum Pedrosa normalerweise keine Winglets einsetzt, warum er sie auf dem Red Bull Ring doch nutzte und warum ich das Wort «einfach» im Zusammenhang mit der österreichischen Strecke erwähnte. Alle diese Gründe haben etwas gemeinsam. Lasst mich erklären.

Wir gehen zurück zum Morgen des Rennsonntags in Silverstone, nur wenige Minuten vor dem Start der Rennen. Während ich in Gedanken versunken im Paddock unterwegs war, lief mir HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto über den Weg. Bingo! Er war genau die Person, die mir dabei helfen konnte, das zu verstehen, was ich nicht begreifen konnte.

Das Thema war die Entwicklung der Aerodynamik und ihrer Formen, nachdem das Winglet-Verbot 2017 in Kraft tritt. Mir war klar, dass die Ingenieure diese Entdeckung nicht aufgeben werden, nachdem klar war, dass Flügel eine positive Auswirkung auf die Performance von MotoGP-Maschinen haben. Nachdem ich die letzten 20 Jahre an ihrer Seite verbracht habe, weiß ich, wie Renningenieure denken.

Ich teilte diese Auffassung mit Nakamoto, der mich an einem gewissen Punkte und wahrscheinlich wegen meiner Beharrlichkeit fragte:

- «Warum glaubst du, dass Dani an seinem Bike keine Winglets hat?»

- «Ich weiß es nicht», antwortete ich. «Warum?»

- «Lass mich dir etwas erzählen, das du noch nicht weißt. Vor mehr als 20 Jahren bauten wir bei Honda das aerodynamisch perfekte Motorrad. Wir testeten es in Suzuka und waren über eine Sekunde schneller als mit dem Bike, das wir in den Rennen einsetzten. Mehr als eine Sekunde.»

- «Eine Sekunde schneller pro Runde? Das ist bemerkenswert», sagte ich mit wohl weit aufgerissenen Augen. «Und habt ihr dieses Bike dann bei Rennen eingesetzt? Ich habe es nie gesehen oder davon gehört.»

- «Niemand außer die Honda-Ingenieure haben es gesehen. Und nein, mit dieser Maschine wurde nie ein Rennen bestritten, denn es war nicht möglich, damit ein Rennen zu fahren.»

- «Warum? Hatte das technische Gründe?»

- «Nein, weil der Fahrer nach einer Runde am Ende war. Das Bike war eine unglaubliche körperliche Herausforderung. Ja, das Motorrad war schnell, sehr schnell, aber kein Fahrer konnte es mehr als zwei Runden am Stück fahren. Und übrigens: Es war das hässlichste Bike, das ich in meinem Leben gesehen habe», lachte Nakamoto.

Mit diesem überraschenden Geständnis erklärte Nakamoto zwei Dinge:
1. Wenn es um den «aerodynamischen Krieg» geht, ist Honda mehr als bereit dafür. Das Wissen ist vorhanden... und auch das Geld.
2. Die Aerodynamik der Maschine hat direkte Auswirkungen auf die körperliche Herausforderung an den Fahrer. Damit gab er auch die Antwort auf die Frage, warum Pedrosa keine Winglets an seinem Bike einsetzt: Es ist eine Frage der körperlichen Kraft.

Zu meiner Überraschung bestätigte sich Nakamotos Erklärung ein paar Minuten später, als Andrea Iannone und Andrea Dovizioso von ihren Desmosedici auf der Strecke regelrecht aufgefressen wurden. Nach dem Rennen erklärten beide, dass ihre Bikes ihre Arme überbeansprucht hatten. Zu einem gewissen Zeitpunkt hatten sie keine Kontrolle mehr über ihre Maschinen. Iannone stürzte, Dovizioso bekämpfte sein Verlangen, an die Box zu fahren. Er räumte ein, dass seine letzten drei Runden ein Albtraum waren.

«Ich bekam ein Problem mit meinem rechten Unterarm, ab diesem Moment wurde mein Rennen zu einem Leidensweg», erklärte Dovizioso. «Ich fühle mich schlecht wegen meinem Team, denn sie hätten ein besseres Resultat erhalten können, aber ich konnte nicht hart genug pushen. Als ich einfach nur versuchte, den sechsten Platz zu halten, wäre ich ein paar Mal beinahe gestürzt. Ich hatte Probleme, die Maschine unter Kontrolle zu halten.»

«Die Art, wie ich die Maschine fahren muss, ist derzeit zu ermüdend», stimmte Iannone zu. «In der MotoGP-Klasse darfst du nicht in allen 25 Rennrunden deine gesamte Kraft brauchen. Wir brauchen ein einfacher zu fahrendes Bike, damit wir schnell sein können, ohne völlig ausgelaugt zu werden. Das ist das Hauptproblem. Wir haben versucht, eine Lösung zu finden, das Bike macht es uns zu schwer, wenn es um Richtungswechsel geht.»

Bis zu diesem Gespräch in Silverstone war das ein «Box Geheimnis», aber uns war die Existenz dieses Problems seit dem letzten Jahr bekannt. Damals schien es noch schlimmer zu sein, denn bereits nach fünf Runden hatten die Fahrer Probleme. «Warum denkst du, dass Dovizioso und Iannone Pole-Positions einfahren konnten, aber keine Rennen gewannen?», fragte ein Mitglied des Ducati-Teams in Misano.

Man könnte sagen, dass Silverstone vielleicht ein Zufall war, denn wenige Wochen zuvor dominierten zwei Ducati-Piloten den Grand Prix von Österreich, in den Trainings und dem Rennen waren sie ohne wirkliche Konkurrenz. Ja, aber der Erfolg in Österreich war dem Layout und der «Einfachheit» des Red Bull Ring geschuldet. Die zehn Kurven, die im Grunde durch Geraden verbunden sind, boten ein ideales Szenario für Ducati und erlaubten es Pedrosa, Flügel an seinem Bike einzusetzen. Silverstone, mit fast doppelt so vielen Kurven und einem viel flüssigeren Layout mit herausfordernden Richtungswechseln war eine Tortur für Iannone und Dovizioso.

Um zu der Frage zurückzukommen, die zu diesem Artikel führte: Dass Dani Pedrosas Bike in Misano keine Flügel trug, hatte nichts mit seinem fantastischen Rennen zu tun. Es lag wohl mehr an seiner außergewöhnlichen Reifenwahl – er entschied sich für den weichen Vorderreifen. Er gab dem kleinen Spanier das Selbstvertrauen, um so fahren zu können, wie er es tat. Obwohl die Technik sicherlich ein wichtiger Teil ist, macht im Motorradsport noch immer das Gehirn der Fahrer den Unterschied.

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