Rücktritt: Marco Melandri ließ sich nicht reinreden
Marco Melandri mit seiner Manuela
Von 1998 bis 2010 war Marco Melandri im Grand-Prix-Sport unterwegs, seit 2003 in der Königsklasse MotoGP. Der heute 37-Jährige gewann 22 Rennen und eroberte 62 Podestplätze. 2002 wurde er 250er-Weltmeister, dazu 1999 Vizeweltmeister in der 125er-Klasse und 2005 in MotoGP.
Nach der Saison 2010 fand der Mann aus Ravenna in der MotoGP-Klasse kein Team mehr und wechselte in die Superbike-WM, in welcher er an 189 Rennen teilnahm, 22 Mal gewann und 75 Mal aufs Podest fuhr. Seine beste Saison erlebte er 2011 mit Yamaha, damals musste er sich in der WM-Wertung nur Carlos Checa auf Ducati beugen.
Marco Melandri wurde in seiner Karriere mit Begriffen wie Diva tituliert, er arbeitete in der Superbike-WM mit keinem Hersteller länger als zwei Jahre zusammen. Das brachte ihm den Ruf ein, dass man mit ihm nur schwer klarkommen kann.
Doch dreimal haben strategische Entscheidungen der Werke dazu beigetragen, dass sich Melandri einen neuen Job suchen musste. Nach der Saison 2011 sperrte Yamaha sein Werksteam zu, nach der Saison 2013 BMW und Ende 2014 Aprilia.
Jedes Mal, wenn Melandri mit einem Hersteller so weit war, dass er um den WM-Titel kämpfen konnte, musste er auf ein anderes Motorrad wechseln.
Ich habe Marco die letzten zehn Jahren gut kennen und sehr schätzen gelernt. Er ist fordernd, zielstrebig, konsequent, ehrlich und gerade heraus. Attribute, mit denen nicht jeder Mensch umgehen kann, die ihm aber meine Hochachtung einbringen. Dass er nicht immer politisch korrekt ist, hat mir stets ein Schmunzeln ins Gesicht getrieben.
Im ersten Teil des großen Exklusiv-Interviews blicken wir auf sein erstes Jahr in der Superbike-WM, das er im Yamaha-Werksteam verbrachte.
Marco, du hattest schon immer ein Leben neben dem Rennsport. Was treibst du so?
Ich liebe den Sport. Wir leben in Trentino in den Bergen, dort habe ich in letzter Zeit viele neue Sportarten kennengelernt. Ich gehe Mountainbike fahren und Langlaufen. Vielleicht werde ich ein paar Amateurrennen fahren und zu neuen Plätzen mit dem Wohnmobil reisen und die Familie mitnehmen.
Hat sich Manuela in deine Entscheidung eingemischt, mit dem Rennsport aufzuhören?
Nein, nie. Sie wusste, wie wichtig diese Entscheidung für mich ist und versicherte mir, dass sie an meiner Seite sein würde, egal wie ich mich entscheide.
Sie hatte es letztes Jahr nicht einfach, wenn du nach schlechten Rennen nach Hause kamst?
Ich konnte kaum noch schlafen, weil ich mir ständig Gedanken machte. Das war keine gute Zeit.
Als du 2011 von der MotoGP- in die Superbike-WM gewechselt hast: Hat das dein Leben dramatisch verändert?
Nein. Als ich 2010 für Gresini Honda fuhr wurde mir klar, dass ich in der MotoGP-WM nur noch einer unter vielen bin. Eigentlich wurde mir das schon vorher bewusst. Ich hatte damals keine Chance mehr, ein siegfähiges Motorrad zu bekommen.
Deshalb entschied ich mich für die Superbike-WM, ich war erst 28 Jahre alt. Für mich war es wichtig, dass ich ein Motorrad habe, mit dem ich Spaß haben und um Siege kämpfen kann.
Warum hast du dich damals für Yamaha entschieden?
Das ist eine lustige Geschichte. Mitte 2010 berichteten viele Medien, ich hätte bei BMW unterschrieben, weil Davide Tardozzi dort Teammanager war. Wir redeten damals viel, aber es wurde nicht konkret.
Im August schickte ich Marco Riva von Yamaha eine SMS und schrieb zum Spaß, dass, falls er einen jungen, schnellen, italienischen Piloten mit viel Erfahrung brauchen kann, ich bereitstünde. Er fragte mich, ob ich scherze oder es ernst meine. Einen Tag später rief mich Massimo Meregalli an, der damals Yamaha-Teammanager in der Superbike-WM war. Er sagte mir, dass er mir die Werkstatt zeigen würde und wir dann alles in die Wege leiten können, sofern ich keine Witze mache.
Einen Tag später kam er aus den Ferien zurück, drei Tage später war der Vertrag unterschrieben. Alles ging sehr schnell, das war schön.
Nach der Saison 2011 stampfte Yamaha sein Superbike-Werksteam ein und du musstest dir einen neuen Arbeitgeber suchen. Wann haben sie es dir gesagt?
In Silverstone im Juli. Ich war traurig, weil ich bereits im ersten Jahr Rennen gewann und um den Titel kämpfte. Wir hatten gute Pläne, um das Motorrad für 2012 zu verbessern. Wir hatten bereits den ersten Test mit einer modifizierten Maschine hinter uns und das Bike war deutlich besser.
Aber es gab keine Chance, weiterzumachen. Yamaha verkaufte damals nicht genügend Motorräder, es gab eine große Krise.