Tom Sykes: «Hatte einen gesunden Lebenslauf vor BMW»
Tom Sykes fühlt sich von BMW beleidigt
Damit hatte kaum einer gerechnet: Heimlich hatten sich BMW Motorsport Direktor Marc Bongers, Teamchef Shaun Muir und Manager Michael Bartholemy darauf geeinigt, Ducati-Werksfahrer Scott Redding für 2022 und 2023 zu BMW zu transferieren.
Auch Tom Sykes wurde kalt erwischt, der Engländer erfuhr erst einen Tag vor der Verlautbarung, dass er seinen Platz für Redding räumen muss. Der Weltmeister von 2013 sagte daraufhin, dass er gerne mit BMW-Geschäftsführer Dr. Markus Schramm darüber geredet hätte, zu dem er ein ausgezeichnetes Verhältnis pflegt. Offensichtlich glaubt Sykes, dass die Entscheidung dann einen anderen Ausgang genommen hätte.
Doch niemand braucht meinen, Bongers und Muir hätten eigenmächtig gehandelt: Sie hatten jederzeit die Rückendeckung von Schramm. Die Verpflichtung von Redding ist auch nur bedingt ein Misstrauensvotum gegen Sykes, dem 34-fachen Laufsieger wurde für 2022 erneut ein Werksvertrag mit vielen Vorzügen offeriert. Nur soll er dann nicht mehr bei Shaun Muir Racing (SMR) fahren, sondern im zweiten Team Bonovo MGM.
BMW will für 2022 weg von der Kategorisierung Werksteam und Satelliten-Team, es soll zwei gleichwertige Teams geben: SMR und Bonovo. Die Motorräder werden schon jetzt von SMR in England aufgebaut, alle BMW-Fahrer erhalten identisches Material und stehen bei BMW Motorrad unter Vertrag.
«Ich habe mehr von dir gehört als von BMW, dass es eine Möglichkeit im Partnerteam mit der gleichen Unterstützung gibt», behauptete Sykes im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Wenn ich meine Crew dorthin mitnehmen könnte, wäre das natürlich attraktiv. Ich habe viel Anstrengung, Arbeit und Einsatz in dieses Projekt eingebracht. Man kann nicht über Nacht ein siegfähiges Motorrad bauen. Aus welchen Gründen auch immer, ist meine Zeit abgelaufen. Ich stehe zu meinen Worten: Am Samstag waren wir in Navarra 20 Sekunden vom Sieger entfernt, am Sonntag 14 sec. Jetzt hat BMW eine Neuverpflichtung. Wenn diese Neuverpflichtung den Rückstand zum Führenden mit dem jetzigen Stand wettmacht, dann ziehe ich meinen Hut vor ihm, studiere seine Daten und würde es lieben zu lernen, wie er das gemacht hat.»
«Ich muss die Entscheidung respektieren, ob ich sie mag oder nicht, und mit ihr klarkommen», weiß Sykes. «Ich war sehr motiviert und habe dieses Projekt respektiert. Ich hoffe nur, dass die Neuverpflichtung gleich empfindet – ich glaube nicht, dass er das tut.»
Die Erwartungen, welche BMW an Redding knüpft, sind identisch mit jenen, die es vor und mit der Verpflichtung von Sykes’ jetzigem Teamkollegen Michael van der Mark gab und gibt.
Sykes wird vorgehalten, er wäre nicht zweikampfstark und in den Rennen gehe es für ihn stets rückwärts. Letztlich ist er aber doch erfolgreicher als alle seine bisherigen BMW-Teamkollegen Markus Reiterberger, Eugene Laverty und van der Mark.
In den Qualifyings 2021 besiegte Sykes van der Mark 6:1, nur auf seiner Heimstrecke in Assen war der Niederländer schneller.
In bislang 21 Rennen steht es 14:7 für Sykes. In Punkten bedeutet das 146:131. In der Gesamtwertung liegt Sykes als Siebter zwei Plätze vor van der Mark.
In Anbetracht dieser Fakten ist es verständlich, dass Sykes mit der BMW-Argumentation nicht einverstanden ist, selbst wenn sie sachlich richtig ist. Denn am Ende des Tages zählen die Ergebnisse.
«Das trifft den Nagel auf den Kopf», so Sykes. «Die Erwartung ist, dass man einen schnellen Fahrer auf die BMW setzt und dieser Rennen gewinnt. Das ist eine geringfügige Beleidigung meiner Person. Michael beendete die Weltmeisterschaft auf der Yamaha als Dritter. Sie betrachteten ihn als Spitzenfahrer und erwarteten, dass er das auf die BMW transferiert. Zu meiner Verteidigung: Ich hatte auch einen recht gesunden Lebenslauf, bevor ich zu BMW stieß. Genau gleich sehe ich das mit Scott. Er fährt vorne und wird mich ersetzen, um das Motorrad an die Spitze zu bringen. Sehe ich das auch so? Nein! Ich habe deswegen aber keine schlaflosen Nächte, weil ich die Entscheidungen anderer Leute nicht kontrollieren kann. Wir verstehen das neue Motorrad immer besser, leider geht mir jetzt die Zeit aus. Manchmal kann auch ich keine Wunder vollbringen.»