Erfüllt sich der Traum von Danilo Petrucci in SBK-WM?
Die Nummer 1 würde sich Danilo Petrucci gerne vorne aufs Motorrad kleben
Sechs Jahre lang hat Danilo Petrucci für Ducati die MotoGP-WM bestritten, jetzt kehrte er für eine Saison auf der Panigale V4R für die Roten in die US Superbike-Meisterschaft zurück, am vorletzten Wochenende gewann er auf dem Circuit of The Americas (COTA) beide Rennen.
«Petrux» trat 2019 und 2020 im Werksteam neben Andrea Dovizioso an, er gewann im ersten Jahr in Mugello und wurde WM-Sechster, im Jahr darauf siegte er in Le Mans auf nasser Fahrbahn. Nach dem zwölften WM-Rang von 2020 wechselte er ins Tech3-KTM-Team, weil bei Ducati eine Verjüngungskur inszeniert wurde und Fahrer wie Bagnaia, Martin und Bastianini in den Vordergrund rückten.
Da KTM für 2022 die beiden Moto2-Stars Gardner und Rául Fernandez (zusammen 13 Moto2-Siege 2021) ins Tech3-Team beförderte, war in der MotoGP kein Platz mehr für den 31-jährigen Römer. Doch KTM entschädigte Petrucci mit einem Platz im Dakar-Werksteam, und der hoch begabte Offroad-Fahrer sicherte sich nicht nur einen Etappensieg, sondern auch einige weitere Spitzenplatzierungen.
Petrucci hat jetzt die Vergangenheit abgehakt, er weiß, die Chancen auf eine MotoGP-Rückkehr sind sehr gering, er liebäugelt eher mit einer Superbike-WM-Karriere für 2023. Aber zuerst einmal steht die MotoAmerica-Serie im Vordergrund, die vom dreifachen 500-ccm-Weltmeister Wayne Rainey gemanagt wird. Der Italiener wurde im «Team Warhorse HSBK Racing Ducati New York» engagiert, für das 2021 Loris Baz unterwegs war.
«Ich habe mit der Panigale nicht viel getestet, aber das ist ein gutes Bike, obwohl es sich natürlich von den MotoGP-Motorrädern unterscheidet», stellte Petrucci fest. «Doch die Panigale ist in der WM für die Pirelli-Reifen entwickelt worden, während wir in Amerika mit Dunlop fahren, die eine unterschiedliche Konstruktion haben. In diesem Bereich mussten wir also vor dem Saisonstart ein paar Probleme lösen. Außerdem musste ich das neue Team kennenlernen, denn wir haben nur in Europa getestet, das Team kannte mich bis zum Auftakt in Texas nicht. Zum Glück habe ich in der MotoGP-WM genug Erfahrung gesammelt, dadurch kannte ich sehr rasch die Richtung, in die ich mit dem Set-up gehen wollte.»
«Diese Routine hat mir schon bei den ersten Testfahrten im Januar geholfen», schilderte der Römer. «Ich bin zwei Tage in Portimão gefahren, danach zwei Tage in Misano. Doch in Misano war es kalt, ich hatte deshalb dort eigentlich keine gute Gelegenheit, um vernünftig zu testen. Ich hatte also wirklich sehr wenige Testkilometer. Außerdem war ich nach der Dakar-Rallye in einem erbärmlichen Zustand. Ich hatte dort eine Schlüsselbein-Luxation und eine Luxation des Radiusknochens am Handgelenk erlitten, dazu eine weitere Fraktur. Es war nicht einfach, nachher zu trainieren und wieder fit zu werden. Nach all den Problemen bei der Dakar war ich mental ziemlich kaputt. Es ist mir anfangs schwergefallen, wieder zu trainieren. Aber bald habe ich gespürt: Es ist Zeit, dass ich wieder Wettkämpfe bestreite.»
Ist die MotoAmerica im Vergleich zur Dakar-Rallye viel anspruchsloser? Petrucci: «Ich weiß es nicht genau, ich hoffe. Die zweite Dakar-Woche war wirklich hart. Das lag auch daran, dass ich nach der ersten Woche stark im Fokus stand, nach den Defekten und dem Tagessieg. Die Rallye wurde dadurch immer mühseliger, ich hatte wegen den technischen Problemen wirklich Mühe, ins Ziel zu kommen. Ich bin immer wieder liegen geblieben, mit Elektrikproblemen und anderen Schäden. Aber auch die MotoAmerica offenbart ihre Herausforderungen.»
«Ich hatte immer das Ziel, in der MotoGP-Welt etwas Einzigartiges zu erreichen», ergänzte Danilo. «Jetzt bin ich der einzige Fahrer, der in der MotoGP gewonnen hat, dazu eine Dakar-Etappe und zwei Läufe zur MotoAmerica. Aber meinen großen Traum konnte ich nicht erfüllen, denn ich wollte MotoGP-Weltmeister werden. Dafür habe ich alles gegeben – und ich bereue nichts. Denn nach dem Ende meiner MotoGP-Karriere war es eine Riesenüberraschung, als mich KTM ins Dakar-Werksteam geholt hat. Dieses Ereignis bleibt unvergesslich. Das macht mich wirklich, wirklich happy.»
«Ich habe durch die Dakar-Teilnahme ein anderes Bewusstsein bekommen, eine andere Sichtweise auf die Welt», gab Petrucci im Interview mit SPEEDWEEK.com zu. «Ich bin stolz auf alles, was ich im Motorradsport erreicht habe. Ich wünsche mir, dass eines Tages auch andere MotoGP-Fahrer so ein Dakar-Abenteuer erleben können. Ich denke, ich habe einige Kollegen auf den Geschmack gebracht. Sie wollen es probieren.»