Aegerter in SBK-WM: Yamaha kann ihn nicht ignorieren
2021 kam Domi Aegerter in die Supersport-WM, seine Erfolgsquote ist herausragend: 58,62 Prozent seiner bislang 29 Rennen hat er für das Team Ten Kate Yamaha gewonnen, bei 82,76 Prozent stand er auf dem Podium!
Im Vorjahr wurde der Schweizer mit 94 Punkten Vorsprung Weltmeister, obwohl er zwei Rennen weniger fuhr als Vize Steven Odendaal. Nach acht Rennen in der Saison 2022 liegt er mit sieben Siegen und einem zweiten Platz bereits 54 Punkte vor dem zweitplatzierten Lorenzo Baldassarri.
Aegerters erklärtes Ziel für 2023: In die Superbike-WM aufsteigen. Trotz seiner herausragenden Leistungen mit dann 32 Jahren ein schwieriges Unterfangen. Denn in keinem der fünf Werksteams ist Platz für ihn. Die besten Chancen hat der Rohrbacher im Giansanti Racing Team, obwohl diese werksunterstützte Mannschaft eigentlich für Nachwuchsfahrer von Yamaha gedacht ist.
Dieses Jahr stehen Garrett Gerloff und Kohta Nozane (beide 26) bei GRT unter Vertrag. Gerloff hat in seinen ersten beiden WM-Jahren fünf Podestplätze und die Gesamtränge 11 und 7 erobert. Seit er in Assen 2021 aber den späteren Weltmeister und Yamaha-Markenkollege Toprak Razgatlioglu abgeräumt hat, ist er mental von der Rolle. Und Nozane, der Japanische Superbike-Champion von 2020, schaffte in seinen bislang 46 Rennen lediglich zwei einstellige Ergebnisse und kam nie über Platz 7 hinaus. Allerdings steuert Yamaha Japan wegen ihm einen erheblichen Teil zum Budget von GRT bei.
Yamaha-Rennchef Andrea Dosoli steckt in der Zwickmühle und hat zudem die Qual der Wahl. Nozane ist zu langsam, die Unterstützung von Yamaha Japan aber willkommen. Und Gerloff hat das Talent und den Speed um Großes zu erreichen, bringt es aber seit fast einem Jahr nicht mehr auf die Reihe.
Mit Supersport-Weltmeister und WM-Leader Domi Aegerter (31), dem WM-Zweiten Lorenzo Baldassarri (25) und dem Britischen Superbike-Meister Tarran Mackenzie (26) drängen drei Yamaha-Asse in die Superbike-WM.
«Die genannten Fahrer sind auf meiner Liste, sie sind logisch», bestätigte Dosoli gegenüber SPEEDWEEK.com. «Wir analysieren derzeit die möglichen Szenarien, Aegerter hätte den Aufstieg verdient. Wir haben wie immer zu viele gute Fahrer und zu wenige Plätze für sie. Wir wissen, wie alt Domi ist und er ist sich dessen auch bewusst. Die Realität ist aber, dass er sich gut schlägt.»
Es würde kein gutes Licht auf Yamaha werfen, wenn der sehr erfolgreiche Aegerter mit der Begründung übergangen würde, er sei zu alt. Das weiß auch Dosoli.
«Man muss die Strategie im Hinterkopf behalten», bemerkte der Yamaha-Rennchef. «Andererseits müssen wir aber auch den sportlichen Wert respektieren. Dominique schlägt sich gut, also müssen wir ihn in Betracht ziehen.»
Im Juli sind die SBK-Events in Donington Park und Most, anschließend ist lange Sommerpause bis Mitte September. Gut möglich, dass Dosoli mit seiner Entscheidung bis Ende September wartet, wenn auch die Veranstaltungen in Magny-Cours und Barcelona absolviert sind. «Ich möchte mir Gerloff und Nozane noch einige Rennen anschauen», verdeutlichte er.
Nicht jeder Experte rät Aegerter den Umstieg in die Superbike-WM. So sagte beispielsweise Supersport-Rekordchampion Kenan Sofuoglu: «Dominique ist nicht mehr jung und hat den Höhepunkt seiner Karriere überschritten. Er war so lange im GP-Fahrerlager und ist jetzt über 30. Wenn man über 35 ist, wird es schwierig. In der Supersport-Klasse kann er ein gutes Motorrad in einem guten Team finden, mit dem er gewinnen kann. Was kann er in seiner Karriere noch leisten? Er hat noch fünf gute Jahre vor sich – maximal. Wenn er zu den Superbikes wechselt, braucht er mindestens zwei Jahre. Findet er mit 33 oder 34 ein Werksteam? Das ist schwierig. Und findet er die Motivation nach so vielen Jahren im Rennsport, um wieder extrem hart zu arbeiten?»