Topraks Reifenschaden: Pirelli liefert die Erklärung
Bis zur 16. von 22 Runden sahen wir im zweiten Hauptrennen in Most Ende Juli einen atemraubenden Kampf zwischen den beiden Weltmeistern Toprak Razgatlioglu (Yamaha) und Alvaro Bautista (Ducati). Jeweils am Ende der knapp 800 Meter langen Start-Ziel-Geraden lieferten sie sich ein Bremsduell, dass der Puls nach oben schoss.
Dann wurde Toprak in Kurve 3 plötzlich und ohne ersichtlichen Grund von seiner Werks-R1 katapultiert. Mit erhobenen Händen stand er im Kiesbett und fragte sich, was geschehen war.
Später sagte der 27-Jährige, dass es am Hinterreifen lag. Auf der linken Seite war am Rand der Lauffläche ein Stück Gummi herausgebrochen, wodurch der Reifen schlagartig Luft verlor und Razgatlioglu wenig später Richtung Himmel geschleudert wurde.
«Davor hatte ich bereits Vibrationen gespürt, hielt das aber für normal», dachte der Türke zurück, der beste Chancen hatte, nach dem Sprintrennen am Vormittag erneut zu gewinnen. «So einen Crash hatte ich noch nie und so einen Reifen habe ich auch noch nie gesehen. Ich wusste erst gar nicht was los ist und dachte, die Kette wäre runtergesprungen. Als die Streckenposten das Motorrad aufhoben sah ich aber gleich, dass es am Reifen lag – er wurde stark beschädigt.»
Dabei hatte Pirelli die weichen Hinterreifen vorsorglich nicht nach Tschechien mitgebracht, um eben solchen Schäden vorzubeugen. «Im zweiten Superbike-Rennen gab es mit der neuen C0567-Hinterreifenspezifikation drei Fälle von Blasenbildung», teilte Pirelli-Rennchef Giorgio Barbier damals mit. «Bei Rea, Gardner und Razgatlioglu. Bei den ersten beiden waren die Blasen extrem klein und hatten keinen Einfluss auf die Leistung und das Rennergebnis, während im Fall von Razgatlioglu der Reifen zwei weitere offensichtliche Blasen aufwies und die Daten einen plötzlichen Luftverlust des Reifens zeigen. Selbst wenn das Renntempo des Yamaha-Fahrers extrem hoch war und keiner der Reifen der anderen Fahrer irgendwelche Anzeichen von Belastung oder Abnutzung zeigte, dürfen solche Vorkommnisse nicht auftreten, weshalb wir eine eingehende Laboranalyse der drei Reifen durchführen werden, um herauszufinden, was die Blasenbildung verursacht haben könnte.»
Für Razgatlioglu war das Thema mit dem Sturz abgehakt, der 39-fache Laufsieger richtete seinen Blick sofort wieder nach vorne und verdrängte den Vorfall.
Auch Pirelli äußerte sich nie, was die Analyse des Hinterreifens ergab. SPEEDWEEK.com hakte deshalb bei Giorgio Barbier nach.
«In der Verbindungsoberfläche haben wir Hinweise auf die Erzeugung sehr hoher Temperaturen gefunden», erklärte der Italiener jetzt. «Das bedeutet, dass der Reifen während seines Einsatzes überhitzt wurde, ähnlich wie auf Phillip Island. Wir waren uns des Streckencharakters bewusst, mit dem alten Layout, den sehr schnellen Kurven und dem neuen Asphalt. Aus diesem Grund haben wir die Australien-Lösung plus eine neue mitgebracht. Persönlich denke ich, dass wir alle die Eigenschaften der Strecke unterschätzt haben, weil die Wetterbedingungen bis zum zweiten Rennen nicht stabil waren. Daher haben nur wenige Teams die Strecke mit all ihren Schwierigkeitsgraden im Auge behalten und versucht, bis an ihre Grenzen zu gehen, um das beste Ergebnis über die Distanz zu erzielen. Wir müssen die Spezifikation von Topraks Reifen überdenken, die von mehreren anderen Fahrern verwendet wurde, und aus dieser Erfahrung etwas lernen – damit wir für nächstes Jahr etwas Stärkeres vorbereiten können.»