Analyse von van der Mark: Toprak macht alles besser

Ein Sinnbild: Toprak Razgatlioglu liegt vor Michael van der Mark
Mit der Pole-Position und drei Siegen war Toprak Razgatlioglu der erfolgreichste Fahrer beim Europa-Auftakt in Portimao. Von Dominanz kann aber keine Rede sein, der Weltmeister kreuzte den Zielstrich mit winzigen 0,067 und 0,055 sowie 0,195 sec Vorsprung auf Herausforderer Nicolo Bulega aus dem Arbua-Ducati-Werksteam.
Beim Saisonstart in Australien wurde Razgatlioglu im ersten Rennen Zweiter hinter Bulega, ging in den beiden Läufen am Sonntag nach einem Fast-Crash und einem Ausfall aber leer aus. Mit seinen drei Siegen in Portugal konnte er den Rückstand auf WM-Leader Bulega um zwölf Punkte auf jetzt 29 reduzieren. Während der Italiener vor Assen am nächsten Wochenende 111 Zähler auf dem Konto hat, hält Razgatlioglu bei 82.
ROKiT-Teamkollege Michael van der Mark hat erst 26 Punkte gesammelt und ist mit diesen Gesamtzehnter. Während Toprak nach zwei Events vier Podestplätze und drei Siege vorweisen kann, kam der Niederländer nie über Platz 5 hinaus. Das schlägt sich auch in der Team- und Konstrukteurs-WM nieder, Ducati liegt auch dank dem zweiten Werksfahrer Alvaro Bautista in beiden Wertungen vor BMW an der Spitze.
«Ich weiß, wie es ist», meinte van der Mark auf die Leistungen von Razgatlioglu angesprochen. «Es ist nicht so, dass er in einem Punkt einen massiven Unterschied ausmacht. Er ist überall ein bisschen stärker, ich muss meine Fortschritte dadurch erzielen, wie ich dieses Motorrad fahre. Mit seinem Talent und seinen Fähigkeiten fand er einen Weg, auch aus diesem Bike das Maximum herauszuholen, auch wenn sein Gefühl dafür nicht fantastisch ist.»
Erst wenige Wochen vor Saisonbeginn wurde das technische Reglement dahingehend geändert, dass BMW nicht mehr mit seinem Super-Concession-Chassis fahren darf, mit dem 2024 ein riesiger Schritt nach vorne gelang und Razgatlioglu den Titel eroberte.
Während sich der Türke an die neue Ausganglage recht schnell anpassen konnte, obwohl er sich ebenso wie van der Mark bitterlich darüber beschwerte, tut sich der Niederländer mit der Umstellung schwerer und steckt mitten in der Adaption.
«Mein Problem ist die Front, die mir zu wenig Rückmeldungen gibt», erklärte van der Mark. «Es ist sehr schwierig, das Limit zu finden. Toprak ist so stark, dass er es einfach macht. In Portugal ist uns ein ordentlicher Schritt nach vorne gelungen. Wir arbeiten gleich wie im Vorjahr, mit diesem Motorrad ist das aber schwieriger. Ändern können wir es nicht und müssen es nehmen, wie es ist. Ich muss Vertrauen aufbauen, das ist alles. Letztes Jahr hatte ich viel Vertrauen in das Chassis, mir gelang alles und ich konnte das auch wiederholen. Für dieses Jahr mussten wir einen Schritt zurück machen. Immer wieder bekomme ich es hin, um das aber so konstant wie Toprak abrufen zu können, muss ich noch viel lernen. Er kann sich sooo schnell anpassen. Und selbst wenn das Gefühl für ihn nicht stimmt, glaubt er dennoch, dass es okay ist. Jeder kann sich vorstellen, dass das keine einfache Sache ist.»
Der sechsfache Laufsieger unterstrich im Gespräch mit SPEEDWEEK.com, dass er das jetzige Chassis schon lange und sehr gut kenne, schließlich fuhr er mit diesem bereits vor der Titelsaison 2024. «Wir können viel an der Abstimmung ändern, das Bike ändert sich deswegen aber nicht großartig», so van der Mark. «Es gibt keine magische Lösung, sondern nur einen Weg, wie wir es zu fahren haben. Fahren wir nicht so, ist das ein sehr forderndes Motorrad.»
Der 32-Jährige weiß, dass bei BMW alles unternommen wird, um im Rahmen des für sie gültigen Technikreglements Verbesserungen zu finden. «Sie haben sehr clevere Leute», hielt Mickey fest. «Solange das nicht gelingt, muss ich damit leben und mich anpassen.»
Wie beurteilt van der Mark die Veränderungen am neuen Homologationsmodell M1000RR am Motor und an der Aerodynamik? «Unser Motor ist stark und ein großes Plus», unterstrich der Supersport-Weltmeister von 2014. «Durch die Kraftstoffflusskontrolle können wir das Potenzial aber nicht gänzlich ausschöpfen. Niemand ist glücklich, wenn ihm ein Limit gesetzt wird. Einerseits ist das schade, andererseits ist das Bike aber auch nicht langsam. Die Aerodynamik ist eine gute Sache, mit den großen Flügeln verhält sich das Bike etwas schwerfälliger.»