Weshalb Max Biaggis Frau Eleonora die Rennen erlaubt
Seit 20 Jahren analysiert Max Biaggi jedes Rennen bis ins Detail. Er will herausfinden, ob er sein Bestes gegeben hat, ob es zum Siegen reichte oder eben nicht. Dazu gehören auch Telefongespräche mit seinen Technikern, teilweise bis spät in die Nacht hinein.
War das sein Geheimnis, die Genauigkeit, die es ihm ermöglicht hat sechs WM-Titel zu gewinnen und ihn in der Bestenliste in der MotoGP-Klasse auf Rang 9 gehievt hat? Nur Rossi, Doohan, Pedrosa, Lorenzo, Agostini, Lawson, Stoner, Rainey und Mamola sind nach GP-Siegen erfolgreicher.
«Nach den Rennen in Misano habe ich es unterlassen, mir das im Fernsehen anzugucken», erzählte Biaggi im Interview mit unseren Kollegen von GPone.com. «Ich hatte schlichtweg keine Zeit, war ich doch schon einige Tage nicht mehr zuhause. Nach dem zweiten Lauf hatte das Briefing mit meinen Technikern keine Priorität, ich wollte den Flieger nicht verpassen, der mich heim zu Ines und Leon brachte, nach Monte Carlo.
Haben sie das Rennen verfolgt?
Nein, sie wussten auch nicht, dass ich an dem Rennen teilnehme. Sie sind noch zu klein, fünf und sechs, und zudem kann man in Frankreich Italia1 nicht empfangen. Wenn sie etwas größer sind werden sie erfahren, dass ihr Vater Rennfahrer war. Aber ich bin sehr gerne mit ihnen zusammen.
Mal ehrlich, ist der alte Korsar Geschichte?
Auf keinen Fall. In keiner Weise. Als ich vor den Rennen das Visier runtergeklappte, kamen die gleichen Emotionen auf wie früher: Ich alleine gegen alle. Mit einem Unterschied jedoch, ich hatte nicht mehr das Messer zwischen den Zähnen.
Traf dies auf deine Partnerin Eleonora zu, als du ihr gebeichtet hast, dass du wieder Rennen fahren willst?
Na ja, als ich das zum ersten Mal gesagt habe, kam es nicht besonders gut, denn die Entscheidung vor drei Jahren mit der Rennerei aufzuhören, trafen wir gemeinsam. Klar war sie besorgt, aber nicht zu vergleichen mit einer Sturmbö der Stärke 9. An einem Punkt sagte sie nur, «wenn es das ist, was du machen willst, mach es» – aber sie wollte dann doch in der Box an meiner Seite sein.
Wer dich fahren sah, dem fiel der nach wie vor saubere Fahrstil auf, aber weniger aggressiv als früher.
Das ist doch normal. Als ich Testfahrer war, bin ich nie gestürzt, ich hatte immer Reserve, obwohl dir ein Sturz das Limit aufzeigt. Aber langsam war ich ja auch nicht und wisst ihr was mich am meisten befriedigt hat? Dass ich auch nach zwei Rennen körperlich keine Probleme hatte. Ich bin ein 44-Jähriger in Form.
Und danach? Keine Schmerzen, keine Müdigkeit?
Der Sport ist ein Teil meines Lebens und hing nie davon ab, dass ich Motorradrennfahrer geworden bin.
Was meint Eleonora dazu?
Sie ist schlimmer als ich, sie schindet sich im Training wie in einem «Boot Camp».
Wie gehst du das Rennen in Sepang Anfang August an?
In Sepang war ich seit zehn Jahren nicht mehr, deshalb wäre es sinnvoll, wenn ich dort vorher testen könnte. Die Chance ist eher gering, denn es ist auch eine Kostenfrage. Andererseits ist die Piaggio Gruppe im Osten sehr stark und wie Misano gezeigt hat, war das Interesse an meiner Rückkehr sehr groß.
Es besteht das Risiko, dass sie dich wieder als Fixstarter haben wollen, denn in der Superbike-WM fehlen Persönlichkeiten.
In Misano hatte ich das Gefühl wie in alten Zeiten. Mein Onkel Valerio ist wie immer gekommen um zuzuschauen, leider musste mein Vater Pietro daheim bleiben. Das Interesse an mir hat natürlich geschmeichelt, wie auch damals, als Aprilia wegen der MotoGP Interesse zeigte. Eine direkte Anfrage bekam ich zwar nie, aber so fängt es meistens an. Was die Persönlichkeit betrifft: Es reicht nicht zu gewinnen, um eine zu werden. Man kann auch niemandem sagen, wie er sein muss. Das entscheidest nicht du, sondern der Zuschauer. So etwas kann man nicht erzwingen.
Du bist bis 41 Jahre Rennen gefahren und mit 44 zurückgekommen. Dein ehemaliger Rivale Valentino Rossi ist 36 und hat einen Vertrag bis nächste Saison. Wird er auch so lange fahren wie du?
Man muss damit rechnen und es ist möglich. Bis er 41 ist? Ich weiß es nicht. Wenn ich an mich denke, sage ich, dass das auch zu viel sein kann.