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Leon Camier (MV Agusta): Was gegen MotoGP spricht

Von Ivo Schützbach
Bis Ende 2016 besitzt Leon Camier in der Superbike-WM einen Vertrag mit dem Werksteam von MV Agusta. Der Engländer über verpasste Chancen, mangelndes Glück und seine Landsleute Eugene Laverty und Cal Crutchlow.

2009 wurde Leon Camier Britischer Superbike-Meister, die folgenden zwei Jahre fuhr er an der Seite von Max Biaggi im Aprilia-Werksteam Superbike-WM. Zwei Saisons bei Crescent Suzuki folgte der Umstieg in die MotoGP-Klasse. Ende Februar 2014 bekam Camier aber von Iodaracing-Chef Giampiero Sacchi mitgeteilt, dass das Team nicht genügend Geld auftreiben konnte, um zwei Fahrer in die MotoGP-WM zu schicken. Obwohl er einen gültigen Vertrag hatte, wurde er arbeitslos. Die restliche Saison verdingte er sich als Ersatzfahrer in verschiedenen Teams, für 2015 und 2016 unterschrieb der 29-Jährige bei MV Agusta für die Superbike-WM.

Camier (29) stammt wie Cal Crutchlow (30), Jonathan Rea (28), Tom Sykes (30), Chaz Davies (28) und Eugene Laverty (29) aus der goldenen Superbike-Generation der Briten, hat von den Genannten aber die wenigstens Erfolge vorzuweisen. In 133 Superbike-WM-Läufen fuhr er neunmal aufs Podium, zweimal als Zweiter, siebenmal als Dritter. In MotoGP holte er als Ersatz für Nicky Hayden bei Drive M7 Aspar 2014 in Brünn als 15. seinen einzigen Punkt.

Der 188 cm Große aus Bournemouth glaubt fest daran, dass seine Karriere unter anderen Umständen besser hätte verlaufen können. SPEEDWEEK.com sprach mit ihm.

Ist es ein Plus für deine Karriere, dass du bei MV Agusta zwei Entwicklungsjahre absolvierst?

Nein. Könnte ich Rennen gewinnen, wäre das besser für meine Karriere. Es ist immer schwierig sich zu entschieden, für wen man fährt. Man schaut sich alle Optionen an, hinter den Kulissen passiert viel. Es kann einem auch so gehen wie mir 2014, als ich einen MotoGP-Vertrag hatte und plötzlich ohne alles dastand. Das ist erschreckend und kann deiner Karriere mehr schaden als alles andere.

MV Agusta hat die richtige Attitüde, sie wollen es an die Spitze schaffen. Einfach ist das nie, vor allem, wenn ein Werk nicht unbegrenzt Geld zur Verfügung hat. Aber wenn das Ziel ist zu siegen, und es werden genügend Ressourcen dafür bereitgestellt, dann ist es auch möglich. Mit genügend Geld kann man die richtigen Leute kaufen, es braucht halt Zeit.

Sorgst du dich nicht, dass du 2015 und 2016 die ganze Entwicklungsarbeit leistest und 2017 ernten andere Fahrer die Lorbeeren?

Doch, so ging es mir schon bei Suzuki. 2015 war das Motorrad stark genug, um damit aufs Podium zu fahren.

Die größte Schwierigkeit ist, zur richtigen Zeit auf dem richtigen Motorrad zu sitzen. Schau dir Jonathan Rea letzte Saison an, er ist das perfekte Beispiel. Gib mir eine solche Chance und ich kann das Gleiche leisten.

Du hattest eine gute Chance bei Aprilia 2010 und 2011. Max Biaggi wurde damals Weltmeister, du nicht.

Du weißt genau, was damals im Team los war. Das waren die beiden frustrierendsten Jahre in meiner Karriere. Sie haben mental unglaublich viel Kraft gekostet.

Mit deinen schlechten MotoGP-Erfahrungen: Kannst du verstehen, dass sich Eugene Laverty 2015 auf eine nicht konkurrenzfähige Honda setzte?

Ja. Er ist in keiner einfachen Lage. Wenn er das richtige Umfeld hat, dann kann er auch Leistung zeigen, ganz sicher. Wenn du nach dem letzten bisschen Performance suchst, dann kommt es auf so viele Kleinigkeiten an.

Vergessen wir mal das Geld. In der Superbike-WM kämpfte Laverty 2013 bei Aprilia um den WM-Titel und stand in beinahe jedem Rennen auf dem Podium. 2015 kämpfte er in MotoGP mit einer privaten Honda um jeden Punkt. Wo nimmt ein Rennfahrer dafür die Motivation her?

Das ist eine gute Frage. Ich fahre lieber Superbike-WM und versuche den Titel zu gewinnen. Ich will nicht nur eine Nummer sein.

Etwas anderes ist es, wenn du eine unglaubliche Chance wie Cal Crutchlow in MotoGP erhältst. Mir ist es immer noch ein Rätsel, wie er das hinbekommen hat. Er ist ein guter Fahrer, verstehe mich nicht falsch. Trotzdem frage ich mich, wie er das geschafft hat. Normal passiert so etwas nicht.

Er hat speziell in seiner Zeit bei Yamaha das Beste daraus gemacht. Damals war die Satelliten-Yamaha so gut und Cal hatte mit Tech3 ein hervorragendes Team um sich. Das Motorrad war gut genug aufs Podium zu fahren und er hat es getan. Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

2016 fährt Crutchlow erneut für LCR Honda. Es scheint, als wären einige Fahrer immer zur rechten Zeit am rechten Ort?

Von diesem Glück bräuchte ich etwas.

Vielleicht brauchst du nur den gleichen Manager wie er, Bob Moore?

Das ist recht lustig, sein Management kümmert sich um einige Fahrer.

Ich habe mit Rubén Xaus darüber gesprochen. Er meinte zu mir, dass man sich nur richtig reinhängen muss. Denk zurück, was mit Guintoli passiert ist. Er unterschrieb bei Suzuki, Biaggi trat bei Aprilia zurück, er sprang in die Bresche und wurde Weltmeister. So läuft es.

Rubén meint, dass man nur in der Meisterschaft bleiben muss, dann braucht man etwas Glück und deine Zeit wird kommen. Mit Jonathan Rea lief es bei Kawasaki gleich.

Um Champion zu werden, braucht es das richtige Team, die richtige Unterstützung, alles um dich herum muss passen.

Du glaubst daran, dass du diese Chance erhalten wirst, bevor alle deine Haare grau sind?

Da bin ich nicht sicher. Schau mich an, ich bin schon bald komplett grau. Aber ich gebe nicht auf und pushe weiter.

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