Tom Sykes spricht Klartext: «Rea poliert sein Ego»
Keine Freunde: Tom Sykes (li.) und Jonathan Rea
Die beiden Weltmeister Jonathan Rea und Tom Sykes streiten darum, welchen Motorcharakter ihre ZX-10R haben soll. Rea bevorzugt einen weniger aggressiven Motor als Sykes. «Das Bike fühlt sich handlicher an, wenn der Motor etwas träger ist», begründet der 29-Jährige. «Das ist gegensätzlich zu Tom, deshalb verläuft die Weiterentwicklung nicht mehr parallel.»
Doch Rea wurde in dieser Saison bereits viermal von Sykes im Duell um den Sieg geschlagen, zuletzt unterlag er seinem Teamkollegen in Donington in beiden Rennen. «Ich muss zugeben, für seinen Stil funktioniert es», so Rea. «Für meinen Fahrstil benötige ich ein sanfteres Ansprechverhalten.»
Sykes hätte gerne eine deutlich leichtere Kurbelwelle, Rea eine deutlich schwerere. Doch das Reglement erlaubt zur homologierten Kurbelwelle nur eine Gewichtsabweichung von 5 Prozent nach oben oder unten. Kawasaki wählte für die neue ZX-10R die goldene Mitte zwischen den Wünschen von Sykes und Rea und nahm damit in Kauf, dass die Lösung für keinen von beiden optimal ist.
«Kawasaki musste bei der Entwicklung der neuen ZX-10R darauf achten, dass die Balance zwischen der Performance auf der Straße und der Rennstrecke stimmt», erklärte Sykes. «Dann ist es so, dass man das Gewicht der Kurbelwelle nur um ein paar Prozent modifizieren kann. Aber ich bin glücklich damit. Ich bin verwirrt von den ganzen negativen Äußerungen von Jonathan über das neue Bike. Und ich habe sie oft gehört, in vielen Interviews. Ich halte das für nicht korrekt. In meinen Augen ist es so, dass der Wettbewerb dieses Jahr schlicht stärker ist. Ducati hat einen Schritt nach vorne gemacht und Chaz Davies fährt sehr stark. Kawasaki ist zehn oder 15 Prozent näher an dem Bike von 2013 dran, deshalb kann ich diesen Prozentsatz besser fahren. Wenn sie 50 Prozent näherkommen, fahre ich 50 Prozent besser. Vielleicht ist das Reas Art damit umzugehen. Ich bin sehr dankbar dafür, wie sich Kawasaki engagiert und welchen Weg sie eingeschlagen haben. Wir haben ein siegfähiges Motorrad.»
Der Engländer aus Huddersfield weiter: «Was mich wirklich frustriert: Die Leute fragen mich nach diesem Thema, weil Jonathan dauernd darüber redet. Für mich ist das sehr unprofessionell von ihm. Wenn ich ein Problem habe, dann rede ich mit Kawasaki darüber. Mir wurden dieses Jahr viele Fragen gestellt, die auf Kommentare von ihm zurückgehen.»
Sykes: «Regeln haben sich drastisch geändert»
«Was Johnny da von sich gibt, ist nur um sein Ego aufzupolieren», sagte Sykes gegenüber SPEEDWEEK.com. «Tatsache ist: 2013 und 2014 hatte Kawasaki unglaublichen Speed. Viele Leute vergessen, wie schnell Max Biaggi und Aprilia waren, ich habe gegen diese herausragende Paarung gekämpft. Wären Max und Aprilia in der WM 2016, hätten sie das Potenzial Rennen zu gewinnen. Wir müssen mit Einschränkungen an unserem Motorrad kämpfen, das geht anderen aber genau so. 2015 wurden die technischen Regeln drastisch geändert, für 2016 hat Kawasaki einen guten Job erledigt und die ZX-10R verbessert. Das ist bewiesen, Jonathan hat Rennen gewonnen und führt die Meisterschaft an. Wenn er jetzt sagt, Kawasaki hätte nicht den richtigen Weg eingeschlagen, dann ist das recht dumm.»
«Mein Motorrad von heute ist 10 oder 15 Prozent näher an meiner Maschine dran, als es das letztjährige Motorrad war, wenn wir darüber reden, wie ich den Motor haben möchte», so Sykes. «Ich und Jonathan haben unterschiedliche Stile, verschiedene Vor- und Nachteile.»
Während Sykes die neue ZX-10R von Anfang an lobte und immerzu betonte, dass sie gegenüber der 2015er-Maschine für ihn ein großer Schritt nach vorne sei, verhält es sich bei Rea anders herum. Das liegt daran, dass der Motor der Serienmaschine mehr in die Richtung geht, wie er 2013 und 2014 in der Rennversion war. Damals durfte die Kurbelwelle des homologierten Motors noch mehr modifiziert werden.