Exklusiv: Wieso Milwaukee von BMW zu Aprilia geht
Milwaukee-Teamchef Shaun Muir
2015 gewann das Milwaukee-Team mit Yamaha und Joshua Brookes die Britische Superbike-Meisterschaft. Für 2016 erfolgte der Wechsel in die Superbike-WM und hin zu BMW. Aus vielerlei Gründen kommen Brookes und Karel Abraham mit der S1000RR auf keinen grünen Zweig, in der Weltmeisterschaft liegen sie nach 18 von 26 Läufen nur auf den Rängen 15 und 18.
Weshalb sich Teamchef Shaun Muir nach nur einem Jahr mit BMW für 2017 für Aprilia entschied, und wieso er mit Eugene Laverty und Lorenzo Savadori zwei neue Fahrer an Bord holt, erfahren Sie im exklusiven Interview von SPEEDWEEK.com.
Shaun, weshalb setzt du die Zusammenarbeit mit BMW nicht fort?
Als wir mit dem WM-Projekt begannen, wollten wir uns mindestens in die Position bringen, um Podestplätze kämpfen zu können. Damals redeten wir mit BMW und Aprilia und zogen auch in Betracht, private Yamaha einzusetzen. BMW bot uns die beste Unterstützung an.
Unser technisches Paket dieses Jahr ist identisch mit dem von Althea. Die Möglichkeit, das führende Team von Aprilia zu werden, konnten wir aber nicht ausschlagen.
Ich muss auch dazu sagen, dass wir mit mehreren Fahrern verhandelten. Die Besseren unter ihnen hatten nur Interesse an meinem Team, wenn wir von Aprilia Werksunterstützung bekommen. Deshalb entschieden wir uns für den Wechsel.
Kann man sagen, dass es nicht genügt Werksmotoren und -elektronik zu haben, wie ihr sie von BMW bekommt, wenn man gegen Kawasaki und Ducati um den Titel kämpfen will? Braucht man dafür 100-prozentige Werksmaschinen?
Das ist ganz sicher so. Im Hintergrund muss viel Entwicklungskraft vorhanden sein. Die Abstimmung des Motors und der Elektronik sind eine Sache, aber auch die Entwicklung der Elektronik-Strategien auf hohem Niveau ist sehr wichtig.
Aprilia wird dir komplette Werksmaschinen zur Verfügung stellen?
Wir sind als werksunterstütztes Team klassifiziert und bekommen von Aprilia vier neue Motorräder. Aprilia baut diese auf und kümmert sich auch um deren Weiterentwicklung. Aprilia ist für jegliche Entwicklung des Motorrades verantwortlich, Motor und Elektronik und Software eingeschlossen. Das Werk in Noale wird uns vier Leute zur Verfügung stellen, die zum Team stoßen. Im November beginnen wir mit einem umfangreichen Testprogramm.
Für euch als Team wird es 2017 einfacher, weil ihr euch nicht mehr um die Entwicklung des Chassis’ kümmern müsst, wie jetzt bei BMW?
Korrekt, das kann man so sagen.
Wie hat BMW reagiert, als du ihnen mitgeteilt hast, dass du zu Aprilia gehst?
Ich habe BMW eine E-Mail geschrieben, in der ich ihnen meine Entscheidung mitgeteilt habe, dass wir nicht gemeinsam weitermachen können und den Vertrag nicht verlängern werden – mit allen Gründen.
Ich glaube, dass sie traurig sind, dass wir dieses Projekt nicht fortführen. Wir sehen uns nächstes Jahr auf der Rennstrecke, ich wünsche ihnen viel Glück.
BMW hätte euch für 2017 mehr Unterstützung zugesagt – war das nicht genug?
Der Level an Unterstützung ist nicht wirklich das was zählt. Technisch und kommerziell waren das nicht die entscheidenden Faktoren.
Ich habe abgewogen, was sich uns mit dem Angebot von Aprilia bietet und was, wenn wir mit BMW weitermachen. Die Entscheidung war einfach. Bei Aprilia sind wir ein werksunterstütztes Team mit Material auf höchstem Level. Uns bieten sich damit bessere Möglichkeiten für Topfahrer attraktiv zu sein und ab dem ersten Rennen auf Phillip Island um Podestplätze zu kämpfen.
Wird Aprilia das alte Superbike-Testteam reaktivieren?
Nein. Wir beginnen im November mit zwei Testtagen in Jerez, Mitte und Ende Januar folgen weitere zweimal zwei Tage. Dann haben wir sechs Testtage, bevor wir nach Phillip Island fliegen. Einen der Tests werden wir zusammen mit Aprilias MotoGP-Team absolvieren.
Eugene Laverty war auf Aprilia bereits Vizeweltmeister, ihn hast du als Nummer 1 verpflichtet. Lorenzo Savadori ist sehr schnell und wird von Aprilia bezahlt. Eine Win-win-Situation?
Unser Gesamtpaket ist sehr stark, so habe ich es mir vorgestellt. Die Partnerschaft zwischen Shaun Muir Racing und Aprilia ist sehr gut, wir werden zusammen erfolgreich sein.
Als ich die zwei Fahrer für 2017 suchte, nahm ich erst Eugene unter Vertrag. Lorenzo war immer auf meiner Liste, auch wenn er keine Verbindung zu Aprilia gehabt hätte. Beim ersten Rennen in Australien waren wir Boxennachbarn. Das Team hatte null Tests, er fuhr auf die Strecke und lieferte einen fantastischen Job ab. Er musste einige Strecken lernen und wurde mit jedem Event schneller – obwohl sein Team kaum testet. Stell dir mal vor: Jetzt kommen noch vier Rennen, dann die Wintertests – von ihm können wir einiges erwarten.
Sollte IodaRacing bei Aprlia bleiben: Habt ihr den Nummer-1-Status?
Darüber haben wir nicht diskutiert. Ich wollte lediglich sicherstellen, das ich von Aprilia das bestmögliche Equipment, die beste Technik und maximale Entwicklung erhalte. Das habe ich immer herausgestellt.
Wenn Ioda mit Aprilia weitermacht, wünsche ich ihnen viel Glück.
Unser Programm für 2017 ist bereits angelaufen. Aprilia baut Motorräder für uns, der Testplan steht. Wenn wir auf die Strecke kommen, werden wir Vorteile gegenüber allen Teams haben.
Deine Hauptsponsoren Milwaukee und Gulf waren sehr glücklich darüber, dass sie mit einer Premiummarke wie BMW in Verbindung gebracht werden. Wie verhält sich das mit Aprilia?
In den Gesprächen mit unseren Sponsoren war von Anfang an klar, dass die Möglichkeit um Podestplätze zu kämpfen, Hand in Hand mit der Motorradmarke geht. Sie wollen mit einer siegreichen Marke assoziiert werden und an der Spitze stehen.
Ich habe viel mit Milwaukee und Gulf geredet. Wir sind uns einig, dass die Markenbindung mit Aprilia vielleicht geringer sein wird als mit BMW. Die neue Teamstruktur, die Fahrer und Siegchancen werden die negativen Punkte aber leicht ausgleichen.