600er-Klasse überflüssig? Eine europäische Sichtweise
Als Unterbau zur Superbike-WM sind die Supersport-WM und die neue Einstiegsklasse Supersport 300 elementar. Das Prinzip ist das gleiche wie in MotoGP. Auch dort gibt es zwei Klassen unterhalb der Königskategorie, dieses System hat sich als ideal erwiesen.
Die Aussichten für 2017 sind gut wie lange nicht mehr. In der neuen Supersport-300-WM haben wir mit 35 Fahrern ein volles Feld, mit Yamaha, Kawasaki und Honda beteiligen sich drei Hersteller und wir sehen Bikes mit 296 bis 471 ccm. KTM steht für die Zukunft in den Startlöchern.
In der traditionellen Supersport-WM, in der Vierzylinder-Bikes mit 600, Dreizylinder mit 675 und Twins mit 750 ccm erlaubt sind, haben sich 30 Fahrer eingeschrieben. Sie pilotieren Maschinen von Honda, Yamaha, Kawasaki, MV Agusta, Suzuki und Triumph.
Einige europäischen Manager der Motorrad-Hersteller verweisen darauf, dass die Verkaufszahlen der 600er-Maschinen bei uns am Boden liegen. Honda hat in Europa sogar den Verkauf der CBR600R eingestellt. Dies ist aber tatsächlich eine europäische Sichtweise, in Wachstumsmärkten wie Asien oder Südamerika sind diese Bikes auf dem Vormarsch.
Für europäische Manufakturen wie MV Agusta und Triumph ist der 600er-Markt nach wie vor sehr wichtig. Und die japanischen Hersteller gehen davon aus, dass diese Motorräder in Asien mittelfristig eine wichtige Rolle spielen, wenn die Kunden zu immer hubraumstärkeren Modellen greifen.
Momentan boomen in Asien kleine sportliche Bikes wie die Yamaha R3 oder die Kawasaki Ninja 300, wegen ihnen wurde die neue WM-Klasse Supersport 300 geboren.
Heutige Kunden dieser Motorräder werden ihnen entwachsen und nach größeren Bikes verlangen. Dann wird die Nachfrage nach 600er- und 1000er-Maschinen steigen.
Magere bis nicht vorhandene Budgets
Die Teams im Superbike-Paddock profitieren von dieser Entwicklung – zumindest bislang – jedoch kaum. Während in MotoGP das Geld direkt aus den Werken in Japan kommt, sind bei Kawasaki, Honda, Yamaha und Suzuki die europäischen Rennabteilungen für die Finanzierungen in den seriennahen Meisterschaften zuständig. Und weil weder 300er- noch 600er-Bikes in Europa eine wichtige Rolle spielen, sind Budgets für die beiden Supersport-Klassen mager bis nicht vorhanden.
Jahrelang wurde deshalb darüber gesprochen, eine andere Kategorie einzuführen, etwa mit Naked Bikes. «Wir richten uns danach, was die Hersteller wollen», heißt es bei WM-Vermarkter Dorna.
Mit der Einführung von Supersport 300 sowie der Fortführung der traditionellen Klassen Superport und Superbike ist der Weg für die kommenden Jahre vorgezeichnet. Geschwätz über die Beerdigung der Supersport-WM hat keine Substanz.
«Wir haben die Hersteller immer gefragt, wie die Pläne für die 600er aussehen», erklärte Gregorio Lavilla, Dornas Sport-Direktor für die Superbike-WM, gegenüber SPEEDWEEK.com. «Mehrfach hieß es, dass diese Motorräder nicht mehr produziert werden würden. Wir haben daraufhin immer gesagt, dass, wenn wir eine andere Klasse schaffen müssen, diese den Produktionszielen der Hersteller entsprechen wird. Wir haben den Herstellern eine Naked-Bike-Klasse vorgeschlagen, bekamen aber nie eine Antwort. Wenn die neue Yamaha R6 gewinnt, setzt das hoffentlich etwas in Gang.»
So sieht das auch Simon Buckmaster. Stellvertretend für viele Supersport-Teamchefs sagte er: «Respekt vor Yamaha. Sie unterstützen den Rennsport, das ist gut. Hoffentlich verkauft sich das Motorrad, das würde Honda und Kawasaki anspornen mehr zu tun. Das würde zu einer besseren Ausgangslage in der Supersport-WM führen.»
2017 engagieren sich in der Supersport-WM lediglich Yamaha und Kawasaki mit Werksteams. Honda macht von offizieller Seite aus gar nichts, Suzuki und MV Agusta ebenso wenig. Dafür orientiert sich Triumph immer mehr Richtung Sport und wird ab 2019 sogar die Einheitsmotoren für die Moto2-WM liefern.