Honda-Rausschmiss: Weltmeister Bill spricht Klartext
Still und leise ging beim Supercross in Genf mit dem SX1-Finale am Samstag eine Ära zu Ende. Julien Bill und Honda gehen in Zukunft getrennte Wege. Der Westschweizer verbrachte einen grossen Teil seiner Karriere auf Honda und feierte 2011 mit dem japanischen Fabrikat als erster Schweizer Solo-Motocross-Pilot einen WM-Titel. Ein Jahr darauf trat der MX3-Weltmeister gleichzeitig in der Open- und in der MX2-SM an und holte beide Kronen. 2013 galt die Konzentration wieder der 450-ccm-Honda, die Titelverteidigung verpasste der 30-Jährige um drei Punkte.
Aber Honda Schweiz verlängerte den Ende 2013 auslaufenden Vertrag mit Bill nicht. Diese Entscheidung traf den Routinier ohne Vorankündigung, er ging monatelang von einer diskussionslosen Verlängerung aus. Während viele Konkurrenten ihr Programm für 2014 längst auf die Beine gestellt haben, steht der Ex-Weltmeister vor dem Nichts.
Julien, das Supercross Genf ist für dich als Lokalmatador ein Highlight. Dieses Mal war die Freude aber stark getrübt?
Ja, denn das war mein letztes Rennen für Honda. Sie haben entschieden, mich rauszuschmeissen. Sie wollen auf junge Fahrer setzen. Ich weiss nicht, wer nächstes Jahr in der Schweizer Meisterschaft die 450-ccm-Maschine fahren wird. Ich denke, gar niemand. Ich glaube, Wicht (Anm.: Honda-Pilot Grégory Wicht (26), Open-SM-Meister 2010) geht runter zu den 250ern, denn er weiss, dass er auf der 450er nicht gewinnen kann. Er will mit den Kids spielen… Wobei ich glaube, dass er auch auf dem 250-ccm-Motorrad den Titel nicht holt. Das wird lustig, wir werden sehen.
Wie hat dir Honda das Ende der Zusammenarbeit mitgeteilt?
Mein Vertrag läuft in diesem Dezember aus. Ich wollte einen neuen Vertrag abschliessen, ich habe seit Juli auf eine Antwort von Honda Schweiz gewartet. Es hiess monatelang: ‹warte, warte, warte›. Dann wurde mir vor einem Monat eröffnet, dass sie nicht mit mir weitermachen werden. Meine Reaktion war: ‹Wirklich? Was zum Teufel passiert hier?›.
Warum haben sie monatelang gebraucht, um mir dann das zu sagen? Es hiess dann, das Budget sei das Problem, ich sei zu teuer, sie wollen mit jungen Piloten arbeiten. Für das Supercross Genf haben sie aber noch viel Werbung mit mir gemacht, ich kam im Fernsehen, und so weiter.
Hättest du vielleicht bei Honda mehr Klinken putzen sollen?
Der neue Chef bei Honda Schweiz ist ein Franzose, er weiss rein gar nichts über Rennsport und nichts über Motocross. Er hat sich so entschieden, das ist okay für mich. Ich denke, sie machen damit einen Rückschritt. Natürlich ist es traurig für mich, denn ich war mit meinem Motorrad zufrieden und auch sonst mit allem. Momentan habe ich keine Ahnung, was ich nächste Saison machen werde. Ich bin insgesamt sieben Jahre für Honda Schweiz gefahren. Ich habe mit ihnen vier oder fünf nationale Titel geholt, dazu den WM-Titel. Aber jetzt wollen sie mich nicht mehr.
Was wirst du nun unternehmen?
Es ist ein Neuanfang für mich. Vielleicht nicht in der Schweiz, vielleicht werde ich anderswo fahren. Es wird jetzt natürlich schwierig, etwas zu finden, denn es ist spät, um etwas auf die Beine zu stellen. Ich muss Angebote und Offerten prüfen, das wird etwas Zeit brauchen. Ich warte nun auf Antworten.
Könnte das ADAC MX Masters eine Möglichkeit sein?
Vielleicht ergibt sich etwas in der Französischen Meisterschaft oder eben im MX Masters, ich bin offen für alles, wenn mir jemand ein Angebot machen will. Vielleicht ist auch Spanien eine Option.
Denkst du auch an einen Rücktritt?
Nein! Ich denke, wenn du zurücktreten willst, musst das von dir selber kommen, oder wenn du keine Resultate mehr liefern kannst. Aber ich habe in der Schweiz alles gewonnen, ich bin noch immer schnell und habe Spass am Sport. Ich will nicht aufhören. Aber durch die Krise sind im Motorsport die Zeiten hart, dazu gibt es bei Honda inkompetente Leute. Sie wissen nichts über die Sache.
Aber ich werde sehen, was passiert. Ich bin in der Schweiz stark gefahren, einige Medien berichten über mich auch abseits des Motocross, das ist gut für das Image (Anm.: Das Image von Honda in der Westschweiz). Aber ja, sie wollen das anscheinend nicht nutzen. Ich denke nicht, dass Honda mit Wicht und jungen Fahrern etwas erreichen kann.
Für eine Marke wie Honda ist es wichtig, zu siegen. Und zwar siegen in der höchsten Klasse. Wenn du mich bei Honda wegnimmst, gibt es dort niemanden mehr. Ich kann die Entscheidung nicht verstehen, deshalb kann ich sie auch nicht erklären.