1994: Auriol, erster Champion aus Frankreich
Seit der Rallye Monte Carlo 1990 haben der Spanier Carlos Sainz und der Franzose Didier Auriol immer wieder spannende Auseinandersetzungen im Kampf um den WM-Titel geboten. Dies war auch bei der RAC 1994 so. Sainz auf Subaru stand in den englischen und schottischen Wäldern kurz vor seiner dritten Weltmeisterschaft, Auriol hatte seinen ersten Titel praktisch schon abgeschrieben, aber zuletzt wurde der Franzose doch Weltmeister, während Colin McRae im Subaru Impreza 555 als erster Brite nach 18 Jahren das schwierige Heimspiel gewann.
Sainz, auf einem sicheren zweiten Platz hinter seinem später siegreichen Stallgefährten Colin McRae liegend, warf den Subaru auf der 24. von 29 Prüfungen von der schmierigen Piste ins Rallye-Aus und damit auch aus dem Titelrennen. Auriol, der nach seinem dreifachen Pech mit Antriebsschaden, Überschlag und Turboladerdefekt am Toyota und aufgrund seines Rückstands von über 30 Minuten nicht mehr an den Titel glaubte, war dann plötzlich der erste Titelgewinner der französischen «Grande Nation» in der damals 25-jährigen Geschichte der Fahrerwertung. Dazu reichte ihm der sechste Endplatz, der ihm letztlich zu 116 Punkten 17 Zähler vor dem ausgeschiedenen Sainz nach Streichresultaten verhalf.
«Ich brauchte starke Nerven für dieses dramatische Saisonende», meinte Auriol hernach. «Ein Traum, den ich schon lange hatte, wurde wahr», ergänzte der einstige Rettungswagenfahrer aus dem südfranzösischen Montpellier. Damit gelang Toyota mit der Doublette die erfolgreichen Verteidigung der Fahrer- und Marken-WM,
Carlos Sainz brauchte lange, um diese herbe Niederlage zu verdauen. Der Madrilene verstand die Welt nicht mehr. «Ich habe alles gegeben und alles verloren. Ich habe keinen Fehler gemacht. Wir sind an einer sehr schmierigen Stelle in den Graben gerutscht und fast nicht mehr herausgekommen. Dabei ging die Kupplung kaputt», erklärte der geschlagene Titelanwärter sein überaus peinliches Missgeschick.
18 Jahre gewartet
SeinTeamkollege Colin McRae war da in weitaus besserer Stimmung. Der junge schottische Draufgänger gewann als erster Inselbewohner seit dem fast schon legendären Sieg von Roger Clark 1976 auf Ford Escort wieder das britische Heimspiel. Die Buchmacher machten diesmal ein schlechtes Geschäft. Wer auf McRae, der nun gereift und mit großer Besonnenheit seinen dritten WM-Sieg erzielte, als Sieger setzte, machte eine fette Quote. Vor dem Start glaubte kaum ein Brite an den McRae-Erfolg, seine vielen Kapriolen waren noch in bester Erinnerung. «Ich bin überwältigt von diesem Sieg», freute sich McRae, der am 15. September 2007 bei einem Hubschrauberabsturz tödlich verunglückte. Nach 29 Prüfungen (= 520,66 km) gewann McRae 3:33 Minuten vor Juha Kankkunen (Toyota Celica GT-4) und 10:12 Minuten vor dem Belgier Bruno Thiry (Ford Escort RS Cosworth).
Auriol-Drama in drei Akten
Auf der dritten Prüfung, auf der Sainz den Subaru mit geringem Zeitverlust den Subaru-Kühler beschädigte, schlug Auriol mit dem linken Vorderrad an. Mit dem abgeknickten Rad schleppte er sich mit einem Zeitverlust 4:30 Minuten auf den Leader McRae auf dem 80. Zwischenrang in den Service. Nach der ersten Etappe wurde er auf dem 32. Platz (+ 4:55), elf Sekunden hinter der Deutschen Isolde Holderied im Gruppe N-Mitsubishi Lancer geführt.
Auriols Drang war für den zweiten Tag mit den Prüfungen in den bekannten Kielder Forest angeheizt, allerdings schon gleich auf der ersten Tagesprüfung zu viel. Er überschlug sich, verlor mehr als zehn Minuten auf die Bestmarke seines Teamkollegen Kankkunen und wurde danach auf dem 92. Zwischenrang notiert.
Der dritte Akt vollzog sich auf der 13. Entscheidung, als er wegen eines Turboladerschadens weitere vier Minuten kassierte und mit einem Rückstand von inzwischen 21:44 Minuten auf der 28. Position gelistet wurde. Der WM-Titel schien endgültig in unerreichbarer Ferne gerückt zu sein.
Doch dann spielte das Schicksal Auriol in die Hände. Sein engster Titelrivale Sainz stand unter dem Druck, unbedingt für seinen dritten Titelgewinn den zweiten Platz hinter dem Teampartner McRae zu halten. In einer schmalen Rechtskurve verlor er die Kontrolle. Er rutschte mit dem Subaru eine Böschung hinunter. Herbeigeeilte Zuschauer schafften den Impreza zwar wieder zurück auf die Piste, doch Sainz dabei verlor 34 Minuten. Die Kupplung war dabei so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass er vor der nächsten Zeitkontrolle aufgeben musste. Eine Prüfung gesellte sich der bis dahin Gesamtsechste Malcolm Wilson auf der Ausfallliste zu ihm. Der heutige Eigner von M-Sport warf seinen Ford Escort RS Cosworth zehn Meter die Böschung hinunter und Auriol rückte auf den sechsten Endrang auf. Damit war er der erste Champion der «Grande Nation». 1973 gewann Renault Alpine den damaligen FIA-Markenpokal und Peugeot gewann 1985 und 1986 die Marken-Weltmeisterschaft..Ab 2004 kam dann die wohl einzigartige Sébastien-Ära mit neun Titeln für Loeb und sechs Kronen für Ogier.