Thema des Tages: Riesenglück für Tänak und Mölder
Im Funkkreis, mit dem die Werksteams untereinander verbunden sind, herrschte gespenstische Stille. «Hat irgendjemand unser Auto gesehen?», krächzte die sichtbar nervöse Stimme von Ford-Teammanager John Millington aus den Lautsprechern in den Kommandoständen bei Volkswagen, Citroën und Hyundai. «Fragt bitte eure Fahrer, ob sie irgendwas wissen!»
Aber Millingtons Kollegen mussten passen. Keiner hatte den Fiesta WRC von Ott Tänak und Beifahrer Raigo Mölder gesehen, er war einfach verschwunden.
Kurz zuvor war das GPS-Signal, mit dem jedes Auto auf den Computern der Rennleitung präzise verfolgt werden kann, rund zweieinhalb Kilometer nach dem Start kommentarlos erloschen. So etwas kommt schon mal vor, meist sind Probleme mit der Signalübertragung das Problem. Normalerweise poppt das Symbol auf dem Trackingsystem Sekunden später von alleine wieder auf. Nicht dieses Mal.
Die Rennleitung hatte einen Hubschrauber in der Luft, der jetzt in Richtung des letzten Kontaktes mit dem Ford Fiesta RS mit der Startnummer sechs flog. Rund 20 Minuten nach dem Alarm funkte die Besatzung die erlösende Nachricht: «Wir sehen die beiden, ihnen geht es gut.»
Dass Tänak und Mölder klitschnass waren, war aus der Entfernung nicht zu erkennen. Denn gerade hatten die beiden Esten einen Unfall mit lediglich einem gehörigen Schrecken überstanden, der leicht in einer Katastrophe hätte enden können. Ihr Ford war von der Strecke abgekommen und in einen Teich gekugelt!
Zum Glück für die Besatzung endete die letzte Rolle auf den Rädern. «Das Auto hatte das Wasser noch nicht richtig berührt, da war ich schon draußen», erzählte Tänak Stunden später. «Das Problem war nur, dass ich in der Hektik die Gegensprechanlage nicht vom Helm getrennt hatte und mich nun das noch mit dem Auto verbundene Kabel in die Tiefe ziehen wollte.» Beifahrer Raigo Mölder brachte sogar das Kunststück zustande, seinen Aufschrieb zu retten. «Den brauchen wir vielleicht morgen noch.»
Denn das Ford-Team will allen Ernstes versuchen, den Fiesta für einen Neustart am Samstag vorzubereiten. «Kommt auch darauf an, wie lange wir brauchen, um ein paar Taucher aufzutreiben, die das Auto erst einmal finden», meinte Teamchef Malcolm Wilson ungerührt. «Rise the Titänak», haben die Briten das Unternehmen getauft.
Ironischerweise hat Tänak im Rallyeauto stets eine Ente als Talisman dabei. «Die liegt jetzt auf dem Grund des Sees.»
Ein ähnlicher Unfall passierte übrigens 1990 schon einmal. Bei der Rallye Portugal purzelten Louise Aitken-Walker und Beifahrerin Tina Thörner aus großer Höhe in einen See. Obwohl ihr Opel auf dem Dach landete und schnell sank, kamen die beiden Damen rechtzeitig heraus.