DTM: Alex Zanardi fährt erstmals ohne Beinprothesen
Das DTM-Debüt rückt immer näher, und Alex Zanardi gibt schon jetzt ordentlich Gas: Der Italiener saß am Wochenende im auf seine Bedürfnisse modifizierten BMW M4 DTM und absolvierte ein Roll-out. Ein richtiger Test soll in Kürze folgen, ehe es vom 24. bis 26. August ernst wird: Dann tritt der 51-Jährige beim siebten DTM-Event der Saison in Misano als Gaststarter an, erstmals fährt er in der Tourenwagenserie mit.
Für Zanardi gibt es in seiner Heimat eine weitere Premiere. Denn Zanardi, der seine beiden Beine 2001 bei einem Horrorcrash auf dem Lausitzring verlor, wird zum ersten Mal ohne Beinprothesen Rennen bestreiten. Dafür wurde ein System entwickelt, das es ihm ermöglicht, mit der Hand zu bremsen. Zanardi stellt klar: Für ihn bringt das nur Vorteile mit sich. Sowohl körperlich als auch von der Performance her. Denn: Die Prothesen-Schäfte sitzen dank einer Art Vakuumeffekt fest, und das lässt keinerlei Transpiration zu.
«Aber die Gliedmaßen sind die "Kühlung" unseres Körpers. Durch die Blutzirkulation durch unsere Extremitäten wird unsere Körpertemperatur gesenkt – mit Prothesen bin ich also praktisch wie ein Motor ohne Kühlung», erklärt Zanardi. In einem Rennwagen, in dem es bis zu 50 Grad heiß werden kann, keine große Hilfe.
Bei der Vorbereitung auf seinen Start in Daytona 2019 hatte er das Problem angesprochen. Als das DTM-Projekt Fahrt aufnahm, war genügend Vorarbeit erledigt worden, um Zanardis Wunsch umzusetzen. Der Italiener meint: «Ich denke, dass mir das Fahren ohne Prothesen potenziell auch in Bezug auf die Performance helfen könnte. Die Vorteile, die es mir körperlich bringt, werden mit jeder Runde größer. Man kann sich den Unterschied nicht vorstellen. Deshalb bin ich sicher, dass es auch für die beiden einstündigen Rennen mit dem BMW M4 DTM in Misano die bessere Option ist.»
Die erste, durchaus berechtigte Frage: Wie wird er ohne Beinprothesen ins Auto kommen? Laut Zanardi ist das kein Problem, «da ich beim Ein- und Aussteigen ohne Prothesen wesentlich agiler bin als mit. Es ist zehnmal einfacher für mich. Ohne Prothesen behindert mich nichts in der Bewegung, und ich muss auch weniger Gewicht heben.»
Der Plan sieht vor, dass er mit seinem Rollstuhl zum Auto fahren und dann ins Cockpit einsteigen wird. Beim Aussteigen dasselbe. Und für den Fall, dass er auf der Strecke stehenbleibt und schnell aus dem Auto muss? «Das sieht vielleicht für Beobachter nicht so schön aus, aber ich versichere Ihnen, dass ich auf Gras oder Kies auf meinen Armen ohnehin schneller laufen kann als auf meinen künstlichen Beinen.»
Was die Sicherheit nach einem Unfall betrifft, gibt es also überhaupt keine Bedenken. Zanardi hat die Erfahrung mit Prothesen bereits gemacht. «Es ist mir zwar irgendwie gelungen, mit Prothesen und ohne meine Stöcke durch das Kiesbett zu laufen, aber es war nicht einfach. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ich einen Fuß falsch aufsetze und stürze, ist größer. Zwar wäre so ein Sturz nicht gefährlich für mich – ich habe viel Erfahrung im "Fallen" - aber natürlich wäre ich in meiner Bewegung vom Auto weg langsamer. Von daher ist es auch von diesem Gesichtspunkt aus die bessere Option. Das bedeutet nicht, dass es unsicher wäre, sollte ich jemals entscheiden, wieder mit Prothesen zu fahren.»