Timo Glock: Wie ein Trick die Karriere ermöglichte
Timo Glock
Am Anfang stand ein Trick. Ein Kniff, um die skeptische Mama zu überzeugen. Und um den Traum von einer Rennfahrer-Karriere nicht begraben zu müssen, bevor er überhaupt begonnen hat. Da Mama Glock resolut war, nachdem sich ihr Sohn beim Motocross das Bein brach, brauchte es Geduld. Und den richtigen Moment.
Der kam bei Timo Glocks Konfirmation. Glocks Vater sagte vorher: Wenn er genug Geld zusammenbekommen würde, könne er sich ein eigenes Kart kaufen. «Meine Mutter ging davon aus, dass ich so viel Geld nie zusammenbekommen würde», erinnert sich Glock.
Doch hinter dem Rücken seiner Frau hat er aber die Verwandtschaft angestiftet, etwas mehr zu geben. «Am Sonntag habe ich dann mein Geld gezählt und mir am Montag das Kart gekauft. Da konnte meine Mutter nichts mehr sagen, sie hatte sich ja auf die Wette eingelassen», lacht Glock heute noch über die Anekdote. 1997 war das, der Startschuss für eine Karriere, die er wohl so heute nicht mehr hinlegen würde.
Heute nicht mehr möglich
«Heute wäre es nicht möglich mit den finanziellen Mitteln, denn inzwischen ist es gefühlt unbezahlbar. Heute braucht man schätzungsweise 750.000 Euro für eine Formel-3-Saison, wir haben damals zwischen 150.000 und 200.000 Euro bezahlt, was bereits verdammt viel Geld ist», sagte Glock, dem seine Wurzeln trotzdem extrem geholfen haben.
Der Vater ist Gerüstbauer, und bis zu seiner Formel-3-Zeit stand Glock am Montagmorgen um 6 Uhr im Geschäft. Mit kleinen Augen zwar, aber trotzdem wurde dann die ganze Woche hart gearbeitet. Egal, wo das Rennen war. «Mein Vater sagte dann immer: 'Wer Rennen fahren kann, kann auch arbeiten.' Auch wenn es am Lausitzring war und ich noch 700 Kilometer fahren musste. Das hat mich immer wieder auf den Boden zurückgebracht», sagt der 38-Jährige. Ein Vorteil: «Ich habe den Verlauf meiner Karriere nie als normal angesehen, immer mit dem Wissen im Kopf, dass es ein Geschenk ist, dass ich das machen darf.»
Für Glock, der seine Prüfung zum Gerüstbauer als Jahrgangsbester im Kammerbezirk seiner Heimat im Odenwald abschloss, gab es nie etwas anderes, als in der Firma seiner Eltern zu arbeiten und die Firma irgendwann zu übernehmen.
«Mir ist das in die Hände gefallen. Ein Vorteil: Seit meiner Kindheit war ich immer bei meinem Vater dabei, wenn er unterwegs war und von Baustelle zu Baustelle gefahren ist und habe dabei alles Wichtige mitbekommen und aufgesaugt. Ich habe mich bei der Prüfung deshalb nicht quälen müssen. Trotzdem war ich mega nervös mit einem Puls von 180. Wir mussten damals einen Würfel bauen. Als ich die letzte Schraube zugezogen habe, wusste ich: Das kann nur 100 Punkte geben. So war es dann auch», erinnert er sich.
Später hatte sich schon zu seiner Meisterprüfung angemeldet, «ehe mein Vater sagte, dass könne ich auch später noch machen, ich solle doch erst einmal probieren, wie es mit dem Motorsport weitergeht. Ganz ehrlich: Ich hätte kein Problem damit, heute sofort wieder in meinen alten Beruf zurückzugehen», betont er.
Handwerker-Kollegen sind Sponsoren
Damals war es vernünftig, denn ein Selbstläufer war die Karriere nicht. Die 79.000 Mark Einschreibgebühren für die Formel ADAC haben die Handwerker-Kollegen des Vaters mitbezahlt, denn die Karriereförderung ging nur über Sponsoren.
Glock: «Wir gründeten damals den Odenwald-Förderkreis und dazu gehörten auch Bekannte und Kollegen aus dem Umkreis. Sie haben mich unterstützt, und so haben wir die ersten beiden Jahre finanziert.»
Die Karriere nahm Fahrt auf, den Sprung in die Formel 1 schaffte er erstmals 2004, 2008 dann endgültig. 91 Rennen absolvierte er dort für Jordan, Toyota, Virgin und Marussia, ehe er 2013 in die DTM wechselte. Dort fährt er nach anfänglichen Startschwierigkeiten inzwischen regelmäßig um den Titel mit. Mit Ausnahme von 2019. Eine Saison, in der für ihn so ziemlich alles schieflief, was schieflaufen konnte.
Um den Titel fahren
«Mit der Zielflagge 2019 habe ich die Saison abgehakt. Ich habe auch zu meinen Ingenieuren gesagt: Ihr braucht gar nichts zu analysieren. Fakt ist: Wir hatten in jedem Rennen irgendwas, was uns nach hinten geworfen hat», sagte der 38-Jährige. Sein Motto: «Abhaken, nach vorne schauen und jetzt konzentrieren wir uns auf 2020.» Denn das Ziel ist klar: «Wir wollen wieder um den Titel fahren.»
Was ihn optimistisch stimmt: BMW war Audi klar unterlegen, hat über den Winter aber aufgeholt. «Wir haben hart gearbeitet, viel analysiert und definitiv Verbesserungen am Auto erzielt. Audi hat aber sicher auch nicht Däumchen gedreht. Wir müssen jetzt sehen, ob die Verbesserungen gut genug sind. Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht. Wir müssen jetzt hoffen, dass er groß genug ist», sagte Glock.
Hinzu kommt: 2019 fuhr Glock zum ersten Mal mit einer anderen Lackierung als die der Deutschen Post. Das Gelb ist nun mit einem neuen Sponsor zurück. Das «Yellow Beast» ist also wieder da. «Es sieht mega gut aus. Ich hoffe, dass 2020 dann auch das Glück zurückkommt, das wir 2019 nicht im Ansatz hatten.»
Für den Titel, als Krönung einer Karriere, die mit einem Trick begann.