3. WM-Titel für Fernando Alonso: Träumt der Spanier?
Fernando Alonso
Drei WM-Titel wie sein Idol Ayrton Senna – das möchte Fernando Alonso in der Formel 1 erreichen, bevor er in GP-Rente geht. Aber in den letzten Jahren ist der Spanier ein wenig vom Kurs abgekommen. Sein letzter Sieg liegt bereits mehr als dreieinhalb Jahre zurück (Barcelona 2013). Ferrari war 2014 nicht konkurrenzfähig, seit 2015 hilft Alonso mit, aus McLaren-Honda wieder einen Podestanwärter zu machen. Nicht nur Sky-Formel-1-Experte Marc Surer, ein grosser Bewunderer von Fernando Alonsos Talent, ist überzeugt: «Fernando rinnen die Jahre durch die Finger wie Sand.»
Dabei könnte Alonso leicht bereits fünffacher Champion sein, nur übertroffen vom grossen Michael Schumacher (sieben WM-Titel). Doch 2007 liess der damalige McLaren-Teamchef Ron Dennis Neuverpflichtung Alonso und den jungen Lewis Hamilton so lange gegeneinander kämpfen, bis beim WM-Finale von Brasilien Kimi Räikkönen (Ferrari) den Titel abstaubte.
Während seiner fünf Jahre bei Ferrari schrammte Alonso zwei Mal knapp am Titel vorbei, 2010 und 2012. Mit etwas Glück hätte er dort die Titel 4 und 5 geholt. Unglaublich: Nur ein Punkt Rückstand auf den Weltmeister 2007, nur vier Punkte fehlten 2010, nur drei im Jahre 2012 – knapp zehn Punkte in diesen drei Saisons hätten also zu drei Titeln gereicht. Aber auch für Alonso gilt: Mit Hätte, Wenn und Aber gewinnt keiner.
Die Titel nach 2007 holten stattdessen Lewis Hamilton (drei), Sebastian Vettel (vier), dazu Jenson Button und Nico Rosberg (je einen). Fernando Alonso sagt: «Ich kenne die ganzen Zahlen, ich weiss, wie wenig mir auf den jeweiligen Champion fehlte. Ich weiss es deshalb, weil ich ab und an entsprechende Fragen beantworten muss. Ein wenig öfter Weltmeister zu sein, das hätte mir schon gefallen.»
Auch unter den Fans in den sozialen Netzwerken wird kontrovers diskutiert: Liegt ein weiterer Titel für Alonso drin? Oder ist dieser Zug abgedampft?
Theoretisch hätte Mercedes-Benz für 2018 einen Platz frei. Valtteri Bottas hat für die Saison 2017 lediglich einen Einjahresvertrag erhalten, das Abkommen von Alonso bei McLaren-Honda läuft aus. Die Frage wird eher sein, ob Alonso auf der Wunschliste von Mercedes steht.
Was sagt Alonso selber? Ist ein dritter Titel wirklich ein realistisches Ziel? «Ich weiss es nicht», antwortet der 35-Jährige ehrlich. «Ich kann nicht jedes Jahr mit dem Anspruch in die Saison gehen, Weltmeister zu werden. Denn aus verschiedenen Gründen liegt in gewissen Jahren eben vielleicht nur ein fünfter Schlussrang drin oder ein Achter. Wie willst du mit der Frustration umgehen, wenn du dir vorher nur den Titelgewinn vorgenommen hast? Ich fühle mich aber nicht frustriert. Ich habe den fabelhaftesten Job der Welt, und ich behaupte, dass ich 2016 besser denn je gefahren bin.»
«Ich beginne die Saison 2017 mit grossen Hoffnungen. Ich will, dass McLaren-Honda endlich wieder konkurrenzfähig wird und vorne mitkämpfen kann. Klar träume ich vom Titel. So wie jeder Fahrer. Ich darf mich glücklich schätzen, dass ich dieses Ziel bereits zwei Mal erreicht habe.»
Alonso hat zwei harte Jahre bei McLaren-Honda hinter sich: Die Autos zu wenig schnell, Honda mit Anlaufschwierigkeiten, dazu zahlreiche Umstellungen bei McLaren, angefangen bei der Entmachtung des langjährigen Teamchefs und CEO der McLaren-Gruppe Ron Dennis.
Alonso meint dazu: «Ich bin nicht wegen Ron zu McLaren gegangen, sondern weil ich fand, dies ist ein attraktives Projekt. McLaren-Honda war das grossartigste Team der Formel 1, als ich aufwuchs. Mein erster Go-Kart war eine McLaren-Honda-Kopie, die mein Vater für mich gebaut hatte. Für mich war es überdies die richtige Phase in meiner Karriere, um einen Neuanfang zu machen, voller Tatendrang. Ich wusste, dass ich in Sachen Ergebnisse ein Risiko eingehe, weil alles so neu war. Die Befürchtungen haben sich 2014 leider bewahrheitet. Wir haben uns stark verbessert, doch zu einem Wörtchen um den WM-Titel fehlt noch viel. Aber ich bin am richtigen Ort, um wieder Champion zu werden, daran glaube ich.»
«Mercedes hat Unfassbares geleistet. Sie sind mit dem neuen Turbo-Motor der Konkurrenz deshalb so weit voraus, weil sie extrem früh mit der Arbeit begonnen haben. 2014 hatten sie den Gegnern mindestens eine Sekunde voraus, 2015 war der Vorsprung noch eine halbe Sekunde, 2016 waren es dann drei Zehntelsekunden. Der Vorsprung schmilzt. Mit dem Schritt zum neuen Reglement, so hoffe ich, beginnen alle wieder bei Null.»
«Es ist ein stetes Auf und Ab, aber mit Rennställen wie Ferrari und McLaren, mit Red Bull und Mercedes musst du immer rechnen, weil das grosse Teams sind. Ein Team wie Force India hat ein gutes Jahr, dann wieder ein mittelprächtiges.»
Klar taucht immer wieder die Frage auf: Hätte Alonso nicht bei Ferrari bleiben sollen? Immerhin gewann die Scuderia aus Maranello 2015, nach Alonsos Weggang, drei Rennen, 2016 freilich blieben die Roten sieglos.
Alonso zeigt keine Schadenfreude: «2016 war Ferrari besser als die Ergebnisse zeigen. Einige Male waren sie ganz schön dicht an Mercedes dran, aber dann ist immer etwas schiefgelaufen, ein mechanisches Problem oder ein platter Reifen. Sie hatten kein Glück. 2012 passierte das Gegenteil: Wir waren nicht schnell genug, aber oft liefen die Dinge für uns, weil die Gegner Pech hatten – Motorschäden, Strafen, Schwierigkeiten bei den Boxenstopps, wir gewannen Rennen, die wir eigentlich gar nicht hätten gewinnen dürfen. Ich hatte fünf phantastische Jahre bei Ferrari, an die ich gerne zurückdenke, doch ich fühlte mich frustriert, es war Zeit für etwas Neues. Ich brauchte eine frische Motivation.»
«Aber es ist eben Teil unseres Sports, dass das Gesamtpaket stimmen muss. Das macht die Formel 1 auch unberechenbar. Alles kann passieren.»
In den letzten Jahren hat sich Alonso mehrfach sehr kritisch über die Formel 1 geäussert. Klar hat das Gerüchte angefacht, der Spanier schaue sich nach einer Karriere in einer anderen Kategorie um. Siehe seine Liebeserklärung für Le Mans.
Fernando schmunzelt: «Jedes Mal, wenn ich etwas sage, dann hat das viel Widerhall. Das Problem ist – ein Fahrer, der vor drei Jahren in den GP-Sport gekommen ist, der kennt diese Formel 1. Ich aber bin sechzehn Jahre lang Formel 1 gefahren und kenne ganz andere Autos. Ich fuhr Rennwagen, mit welchen wir reihenweise Rundenrekorde geknackt haben. Wenn ich Kritik übe, dann schliessen einige aus meinen Worten automatisch, dass ich keine Freude mehr empfinden und lieber woanders fahren würde. Das wird eines Tages auch passieren. Aber ich kann nicht sagen, wann. Ich bin davon überzeugt – die Autos 2017 werden wieder mehr Fahrspass bieten, es geht aufwärts mit der Formel 1, weil sie spektakulärer wird.»