Ferrari: Sebastian Vettel in Kanada vor einer Strafe
In Sachen Standfestigkeit liegt Mercedes vor Ferrari
Die jüngste FIA-Version jenes Zettels, der im Formel-1-Pressesaal als Liste der Schande bezeichnet wird, ist veröffentlicht: Die Aufstellung der in der bisherigen Saison 2017 verbrauchten Motorteile.
Nach etwas mehr als einem Saisonviertel hat McLaren wegen der Honda-Luftpumpe schon erste Strafen hinnehmen müssen. Das ist für Stoffel Vandoorne und Fernando Alonso ärgerlich. Aber richtig bitter wird die Liste für Ferrari.
Sebastian Vettel befindet sich in einem heissen Tanz mit Lewis Hamilton. Der Vorsprung des deutschen Ferrari-Stars von 25 Punkten ist trügerisch. Vettel ist klug genug zu wissen – über den weiteren Verlauf der Saison gesehen ist das zu wenig, um ruhig schlafen zu können.
Sky-GP-Experte Marc Surer hat zu bedenken gegeben: «Natürlich ist es korrekt zu sagen – der Ausgang des Rennens um den Titel wird erheblich dadurch beeinflusst, wer am effizientesten entwickelt. Aber es gibt noch einen anderen Bereich. Denn die Rennställe müssen 2017 mit nur vier Antriebseinheiten pro Fahrer auskommen. Für mich heisst das: Mehr denn je wird auch die Standfestigkeit im Titelrennen eine Rolle spielen.»
Und Mercedes steht derzeit einfach besser da als Ferrari. Ein Blick in die jüngste Liste der FIA zeigt – im Heck von Sebastian Vettels Ferrari steckt der vierte und letzte Turbolader. Ferrari beteuert, es handle sich um ein normales Rotationsprinzip. Aber ein gegnerischer Teamchef sagte mir schon in Spanien: «Das ist Schönreden. Wenn ein Teil tadellos arbeitet, gibt es keinen Grund für eine Rotation. Sondern dann absolviert das Teil seine normale Laufzeit und wird erst dann ausgetauscht.»
Eine reine Weste (seit Australien kein einziges Motorteil ersetzt) haben bis Donnerstag in Kanada nur zwei Fahrer: Sergio Pérez im Force India und Lance Stroll im Williams, beide mit Mercedes-Power.
Zur Erinnerung: Eine moderne Antriebs-Einheit der Formel 1 ist reglementarisch in sechs Elemente aufgeteilt:
– V6-Verbrennungsmotor??????
– Turbolader?
– MGU-H («motor generator unit – heat»; also der Generator für jene Energie, die beim Turbolader gesammelt wird)
– MGU-K («motor generator unit – kinetic»; also der Generator für die kinetische Energie, die beim Bremsen gesammelt wird)??
– Batterie-Paket
– Kontroll-Elektronik
Generell sind pro Fahrer und Saison also vier Antriebseinheiten erlaubt. Sollte im Laufe des Jahres ein fünftes Element gebraucht werden (wie bei Stoffel Vandoorne und Fernando Alonso, bzw. bei dessen Ersatzmann Jenson Button in Monaco), so muss der betroffene Fahrer in der Startaufstellung um zehn Ränge zurück. Für jedes weitere fünfte Element der verschiedenen Motorteile gibt es eine Fünf-Ränge-zurück-Strafe (das erklärte die 15 Ränge zurück von Vandoorne in Sotschi).
Braucht ein Fahrer im späteren Verlauf der Saison beispielsweise einen sechsten Lader, dann gibt es erneut eine Zehn-Ränge-zurück-Strafe. Für jedes weitere sechste Element wieder die fünf Ränge.?
Muss bei einem Fahrer die komplette Antriebseinheit gewechselt werden, also mit sämtlichen Elementen, dann muss er aus der Boxengasse ins nächste Rennen gehen.
Die aktuelle Liste der FIA, Stand Donnerstag am Circuit Gilles Villeneuve:
Verbrennungsmotor – Turbolader – MGU-H – MGU-K – Batterie – Elektronik?
Lewis Hamilton (Mercedes): 2 – 2 – 2 – 2 – 2 – 2
Valtteri Bottas (Mercedes): 2 – 2 – 2 – 2 – 2 – 2
Daniel Ricciardo (Renault): 2 – 2 – 2 – 2 – 1 – 2
Max Verstappen (Renault): 2 – 2 – 2 – 2 – 1 – 2
Sebastian Vettel (Ferrari): 2 – 4 – 3 – 2 – 2 – 2
Kimi Räikkönen (Ferrari): 2 – 3 – 2 – 2 – 2 – 2
Sergio Pérez (Mercedes): 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1
Esteban Ocon (Mercedes): 1 – 1 – 1 – 1 – 2 – 1
Felipe Massa (Mercedes): 1 – 1 – 1 – 1 – 2 – 1
Lance Stroll (Mercedes): 1 – 1 – 1 – 1 – 1 – 1
Fernando Alonso (Honda): 3 – 5 – 5 – 3 – 1 – 1
Stoffel Vandoorne (Honda): 2 – 5 – 5 – 3 – 5 – 5
Daniil Kvyat (Renault): 2 – 2 – 2 – 2 – 1 – 1
Carlos Sainz (Renault): 2 – 2 – 3 – 3 – 2 – 2
Romain Grosjean (Ferrari): 2 – 3 – 2 – 2 – 2 – 2
Kevin Magnussen (Ferrari): 2 – 2 – 2 – 2 – 2 – 2
Nico Hülkenberg (Renault): 2 – 2 – 2 – 2 – 2 – 2
Jolyon Palmer (Renault): 2 – 2 – 3 – 2 – 1 – 2
Marcus Ericsson (Ferrari): 2 – 2 – 2 – 2 – 2 – 2
Pascal Wehrlein (Ferrari): 2 – 2 – 2 – 2 – 2 – 3
Was die Rennställe im Hinblick auf das erste freie Training in Kanada alles an den komplexen 1,6-Liter-V6-Turbomotoren ersetzen, wird die FIA am ersten Trainingstag bestätigen.