Pirelli-Reifen 2018: Eine Mischung umsonst gebaut?
In loser Reihenfolge gehen wir in Form von «SPEEDWEEKipedia» auf Fragen unserer Leser ein. Dieses Mal will Stefan Plan aus Speyer wissen: «Pirelli hat doch vor kurzem die Formel-1-Reifenmischungen für die Saison 2018 präsentiert. Was mir dabei nicht in den Kopf will: Wieso haben die Mailänder einen superharten Reifen gebaut, wo doch schon 2017 kein Rennstall damit fahren wollte?»
Dazu ein wenig Vorgeschichte. Ferrari-Star Sebastian Vettel war nicht der einzige Pilot, der im Rahmen des Spanien-GP im vergangenen Mai feststellte: «Pirelli ist zum Spanien-GP hin ein wenig zu respektvoll gewesen, was die Belastungen auf der katalanischen Bahn angehen. Wir fahren mit zu harten Reifen.»
Pirelli ging beim Schritt zur neuen, schnelleren Formel 1 mit breiteren Reifen auf Nummer sicher und sah die härteste Mischung (damals orange gekennzeichnet) für Sepang und Interlagos vor (wegen der Hitze), für Barcelona (aufgrund des sehr rauen Belags und der langen Kurve 3) sowie für Silverstone und Suzuka (wegen der Highspeed-Kurven). Der Highspeed-Tempel Monza hingegen war nie ein Thema: Zentrifugalkräfte halten die Pirelli gut aus, es sind die Seitenkräfte, welche dem schwarzen Gold zusetzen oder Schmirgeleffekte wie in Spanien.
Pirelli-Rennchef Mario Isola reagierte im Juni auf die Kritik von Fahrern und Teams – die harte Mischung wurde eingemottet.
In Abu Dhabi wurde Ende November das Reifenangebot 2018 vorgestellt. Regenbogen nennt Pirelli die neue Palette, die sich wie folgt auffächert: Der superharte Reifen ist orange markiert, wie bisher der harte Reifen. Der neue harte Reifen ist hellblau markiert (nicht zu verwechseln mit dem Regenreifen), die anderen Mischungen bleiben gleich, um die Fans nicht zu verwirren – also mittelhart (weiss), weich (gelb), superweich (rot), ultraweich (violett) und, neu, hyperweich (rosafarben).
Die wichtigsten Neuheiten: Es wird sieben verschiedene Trockenreifen (Slicks) geben, zwei mehr als bisher, damit will Pirelli sich besser den Gegebenheiten der verschiedenen Rennstrecken anpassen. Die Walzen werden durchs Band weicher, also erleben wir 2018 mehr Boxenstopps, im Schnitt sollen es zwei pro Grand Prix sein. Und die weichste aller Mischungen heisst Hypersoft – diesen Namen haben die Fans gewählt.
Aber die Fans staunten auch: Auf einmal haben wir sogar einen superharten Reifen. Wozu?
Mario Isola: «Ganz einfach, das ist unsere Rückversicherung. Generell gehen wir davon aus, dass wir diesen superharten Reifen nie verwenden werden. Es ist für uns immer noch schwierig abzuschätzen, wie rasant die Entwicklung mit dieser neuen Modellgeneration verläuft. Sollten wir unterschätzt haben, in welcher Weise die neuen Renner weiter zulegen, dann könnte es in gewissen Kurven kritisch werden. Dazu ist diese zusätzliche Mischung da. Generell glauben wir: Die harte Mischung reicht auch auf Kursen, wo die Walzen viel aushalten müssen. Gemäss Reglement dürfen wir haben innerhalb der Saison jedoch eine weitere Mischung hinzufügen. Also haben wir mit dem superharten Reifen vorgesorgt. Sicher ist sicher.»