Jean Todt: «Ein Motor für Formel 1 und WEC»
FIA-Präsident Jean Todt rührt die Werbetrommel für die Einführung eines Weltmotors
Seit 2014 ist das Thema Motor im Formel-1-Fahrerlager ein Reizwort. Die 1,6-Liter-V6-Turbo-Hybride, die derzeit eingesetzt werden, sind allen Beteiligten ein Dorn im Auge: Die Fahrer und Fans beschweren sich über das Spritsparen und den fehlenden Sound und die Teams beklagen die horrenden Kosten, die durch den Einsatz der komplexen Hybrid-Antriebseinheiten entstehen.
Nachdem die Entscheidungsträger im GP-Zirkus die Kritik zunächst auf die leichte Schulter genommen und behauptet hatten, man werde sich schon and die neuen Triebwerke gewöhnen, ist mittlerweile auch dem letzten Fahrerlager-Dauergast klar, dass etwas geschehen muss. Ab 2021 sollen deshalb neue Motoren in der Formel 1 brummen, und die Diskussion darüber, wie diese genau aussehen sollen, wird bereits leidenschaftlich geführt.
Denn die Meinungen gehen in diesem Punkt zum Teil weit auseinander. Immerhin: In einem sind sich die Vertreter der FIA, Rechteinhaber, Motorenhersteller und Teams einig: Die Kosten für die Antriebseinheiten müssen deutlich sinken. Deshalb sollen mehr standardisierte Teile zum Einsatz kommen. Auch wird über eine Abschaffung der komplexen MGU-H-Einheit diskutiert – diese Massnahme wird allerdings nicht von allen Herstellern befürwortet.
Doch das ist nicht die einzige Möglichkeit, um die Kosten zu drücken, wie Jean Todt betont. Gemäss Motorsport.com schlägt der Präsident des Automobilweltverbands FIA vor, die Idee eines Weltmotors wieder zu diskutieren. Denn bereits 2009 untersuchte eine aufs Ingenieurwesen spezialisierte Beratungsfirma im Auftrag der FIA die Machbarkeit eines Basis-Motor, der in verschiedensten Rennserien des Weltverbands zum Einsatz kommen soll.
Obwohl die Studie ergab, dass ein solches Triebwerk durchaus entwickelt werden könne, wurde letztlich nichts daraus, denn die Team- und Serienverantwortlichen der verschiedenen Meisterschaften kamen bei den Diskussionen um die Eckdaten des Weltmotors auf keinen gemeinsamen Nenner.
Letztlich verschwand die Idee wieder in der Schublade. Dennoch wurde sie nicht vergessen, zumindest nicht von Todt, der in der Diskussion um den künftigen Formel-1-Motor über den GP-Tellerrand hinaus blicken will – um die hohen Entwicklungskosten auf verschiedene Meisterschaften zu verteilen. «Es ist sicherlich nicht einfach, aber wir sollten uns wahrscheinlich auch fragen, ob wir diesen Motor auch in anderen Serien einsetzen können», fordert der FIA-Präsident.
Konkret denkt der 71-jährige Franzose dabei an die WEC: «Wir haben die Langstrecken-WM mit der LMP1-Klasse. Derzeit werden ganz andere Motoren als in der Formel 1 eingesetzt, aber es macht natürlich Sinn, künftig die Synergien mit der Formel 1 zu nutzen – in dieser müssen die Motoren nebenbei bemerkt etwa gleich lange halten wie in der WEC.»
In diesem Jahr müssen die Formel-1-Stars mit drei Triebwerken durch die Saison kommen. Von einigen Bauteilen dürfen sogar nur noch zwei Einheiten straffrei eingesetzt werden. Dabei hatte die Strafen-Flut des letzten Jahres gezeigt, dass es wenig Sinn macht, das Kontingent weiter zu limitieren. Und 2017 durften die Teams noch vier Antriebseinheiten pro Saison und Fahrer einsetzen.