Lewis Hamilton: Wieso er über neuen Mercedes staunt
Ich habe eben das Auto zum ersten Mal gesehen. Ich stand mit unserem Techniker Aldo Costa zusammen und wir haben darüber geredet, dass es nun schon sechs Jahre sind, dass ich hier arbeite. Es fühlt sich gar nicht so an!»
«Ich finde es immer magisch, wie ein solches Auto zusammenkommt. In der Box habe ich gestaunt wie ein kleines Kind. Ich denke – wie um alles in der Welt schaffen es die Techniker immer wieder, alles noch besser zu machen? Aber offenbar haben sie das.»
Klar wollen wir Journalisten wissen: Wie geht es mit Mercedes und Hamilton weiter? Lewis: «Die Ausgangslage ist einfach – das Team will keinen anderen Fahrer, ich spreche mit keinem anderen Rennstall. Ich bin ganz entspannt. Ich weiss, dass andere Piloten ständig bei Mercedes anrufen. Aber das Team geht nicht darauf ein. Wir sind darüber am Sprechen, wie wir weitermachen, und ich bin zuversichtlich, dass wir zu einer Lösung kommen.»
Lewis Hamilton war nie ein Freund des Kopfschutzes Halo und sagt nun in England: «Wir wussten immer, dass der Halo kommt. Mercedes hat einen guten Job getan, das Ding so gut es geht ins Auto einzupassen. Das ist die neue Welt, ich bin sicher, nach wenigen Rennen werden wir nicht mehr vom Halo sprechen, weil wir uns alle daran gewöhnt haben. Was halt auch schade ist: dass die Autos immer schwerer werden. Das ist eine Entwicklung, die mir nicht gefällt.»
«Wenn die Autos schwerer werden, dann haben auch die Bremsen mehr zu tun, das erfordert bessere Kühlung. Die Autos werden auch nochmals schneller, also müssen wir uns körperlich noch besser vorbereiten. Generell aber bevorzuge ich möglichst leichte, flinke Wagen, so wie wir die früher gehabt haben.»
Hamilton erwartet 2018 mehr Gegenwehr von Valtteri Bottas: «Valtteri hat sich nun komplett eingelebt. Der neue Wagen ist von mir, aber auch von ihm beeinflusst worden. Wenn du so willst, steckt die DNA von mir und von Valtteri im neuen Silberpfeil. Von daher gehe ich davon aus, dass ihm der Wagen gleich gut passen wird wie mir.»
«Wir waren im vergangenen Jahr nicht auf allen Strecken so schnell wie gewünscht. Es geht um Aerodynamik, es geht um die Bewegung des Autos auf Bodenunebenheiten, es geht um das Fahrverhalten in langsameren Ecken. Vor allem nach den Problemen in Singapur war die Nachbesprechung sehr intensiv, und ich glaube, das neue Modell sollte die meisten dieser Probleme gelöst haben.»
Was erwartet Hamilton von Ferrari? Lewis grinst: «Dass er rot ist! Aber im Ernst – wenn wir jeweils die ersten Bilder eines neuen Wagens sehen, dann müssen wir vorsichtig sein. Denn oft stecken noch die alten Flügel am Wagen. Und was wirklich Sache ist, das erfahren wir erst im Laufe der Wintertests oder erst in Australien. Generell erwarte ich reichlich Gegenwind von Ferrari. Aber ich traue auch Red Bull Racing viel zu, und natürlich wäre es schön, wenn auch McLaren mitmischen würde.»
Lewis Hamilton kann 2018 zum fünften Mal Weltmeister werden. Denkt der Engländer an so etwas? «Als ich in Abu Dhabi den vierten Titel sicherstellte, war das fabelhaft, aber dann verbrachte ich viel Zeit mit Familie und Freunden, keiner erinnert dich daran, dass du nun ein vierfacher Champion bist, du lebst wieder ein normales Leben. Dann intensivierst du wieder dein Training, um sich fürs neue Jahr bereit zu machen. Dann beginnst du an solche Dinge zu denken. Ich habe eben etwas über Fangio gelesen, also weiss ich, was ich erreichen kann und welche historische Bedeutung das hat.»
«Ich war immer ein Freund des Gedankens, dass man im Leben fast alles erreichen kann, wenn man nur fest genug dran glaubt und daran arbeitet. Wir haben an diesem Wochenende Billy Monger bei uns. Er ist der lebende Beweis dafür. Er hatte im vergangenen Jahr diesen fürchterlichen Unfall, nun sitzt er in einem Formel-3-Auto. Meine Hürden sind nichts dagegen. Ich schare positiv denkende Menschen um mich herum, ich mag keine Menschen, welche dir mit Negativität Energie absaugen. Ich weiss, was ich kann, und ich bin hungrig genug, noch viel mehr zu erreichen.»
«Gestern war ich im Werk, um den neuen Sitz anzupassen. Ich weiss noch, dass ich danach wegfuhr und den Gedanken hatte – eines Tages werde ich das nicht mehr tun können. Das hat mich nachdenklich gemacht, denn ich liebe meinen Job mit ganzem Herzen.»
Wer wird 2018 der härteste Gegner von Lewis Hamilton? «Ich habe keine Ahnung. Was ich jetzt sage, könnte in wenigen Monaten überholt sein. Ich habe mal Sebastian und Max genannt. Aber die Wahrheit ist, ich weiss es wirklich nicht. Wenn Verstappen ein standfesteres Auto gehabt hätte, wäre die Saison 2017 anders verlaufen. Red Bull hat im Laufe des Jahres stark zugelegt, nachdem alle Experten ihnen für 2017 mehr zugetraut hatten. Das zeigt, wie schwierig es ist, Vorhersagen zu machen. Ich kann nur hoffen, dass wir genug getan haben, um wieder die Nase vorn zu haben.»
«Ich habe Wochen hinter mir, in welchen ich reflektieren konnte. Da stellst du dir Fragen wie: Wie kann ich besser werden? Woher nehme ich die Motivation für das alles? Fühle ich für den Sport die gleiche Leidenschaft wie früher? Ich zwinge mich zu nichts. So lange es mir leicht fällt, mich für eine neue Saison fit zu machen. So lange ich den Hunger spüre, auf ein starkes Jahr ein noch besseres folgen zu lassen. So lange ich im Team die gleiche Freude spüre und ich es so geniesse, mit einem Rennstall zu arbeiten. So lange bleibe ich auch Formel-1-Fahrer.»