GP-Sieger Robert Kubica: So gehts im Williams weiter
Robert Kubica ist das erste freie Training zum Spanien-GP gefahren. Das Bemerkenswerte daran: Der Pole hat damit erstmals seit Abu Dhabi 2010 an einem GP-Wochenende ins Lenkrad gegriffen. Gut ist – er liegt vor seinem Williams-Stallgefährten Lance Stroll. Nicht so gut ist: Kubica ist Zweitletzter, Stroll Letzter.
Der 33-Jährige aus Krakau hat zu viel erlebt, um rührselig zu werden. Er weiss genau: Der Rallyeunfall von 2011 hat ihn eine fabelhafte Grand-Prix-Karriere gekostet. Fernando Alonso ist sogar überzeugt, dass Robert das Potenzial zum Weltmeister hatte. Aber Kubica freut sich auch sichtlich. Als er zur Medienrunde auf dem Dach des Williams-Motorhomes tritt, sind die Stühle einen Meter von ihm entfernt aufgestellt, Kubica selber sitzt an einem kleinen Hochtischchen. Er grinst: «Wieso seid ihr so weit weg? Habt ihr Angst, dass ich euch auffresse? Oder habe ich eine so feuchte Aussprache? Rückt näher!»
Als sich die stattliche Anzahl Journalisten aussortiert hat, sagt der GP-Sieger von Kanada 2008: «Heute ins Auto zu steigen, das hat sich ungefähr angefühlt wie die letzten Male. Ich war ein wenig von mir selber überrascht. Ich hätte gedacht, dass ich emotionaler reagieren würde. Aber wenn ich weniger bewegt bin, dann sehe ich das positiv – das ist für mich ein Zeichen dafür, dass die Arbeit nur Normalität geworden ist.»
«Ich könnte allerdings nicht behaupten, dass es Spass gemacht hat. Die Fahrzeugbalance ist sehr schlecht. Das Auto ist schwierig zu fahren. Ich bin jedoch zufrieden damit, wie ich mich auf schwierige Bedingungen einstellen konnte. Es klingt seltsam, wenn ich sage, dass ich mit Platz 19 zufrieden bin, aber ich bin glücklich.»
«Richtig bewegend war es im vergangenen Sommer, erstmals wieder in einen GP-Renner zu steigen. Nun habe ich sieben oder acht Einsätze hinter mir, und alles fühlt sich wieder normal an. Jeder Sportler will diesen Zustand – dass es sich natürlich anfühlt, was er macht. Dann fühlst du dich wohl und kannst dich besser entfalten.»
«Meine Aufgabe hier besteht darin, etwas zum Wagen beizutragen. Ich musste so schnell als möglich auf Speed sein. Das ist nicht einfach, denn ich bin eine Weile nicht gefahren.»
Auf die Frage, ob der Abstand auf Lance Stroll etwas zu bedeuten habe, meint Robert: «Nein, gar nichts. Denn ich weiss, was ich wert bin. Ich muss die Rundenzeiten nicht vergleichen. Mir ist klar, dass das seltsam klingt. Die Leute vergessen oft, dass auch Motorsport ein Sport ist. Sportler üben oft, das darf ich aufgrund des Reglements nicht. Ich weiss: Würde ich fast jede Woche den Wagen fahren können, wäre ich schneller. Was immer mir fehlt, das fehlt nur, weil ich zu selten im Wagen sitze.»
Bei Aufnahmen von der Bordkamera wird klar: Robert Kubica macht fast alles mit dem linken Arm, die rechte Hand mit dem schwer verletzten Arm, sie scheint fast kraftlos auf dem Lenker zu ruhen. Wie kann ein Mann dieses Auto dennoch so schnell fahren? Robert: «Ich fahre so, wie es die Beschränkungen meines Körpers zulassen. Nach meinem Unfall, als ich wieder im Privatwagen unterwegs war, habe ich erkannt – wenn ich einen Kreisel fahre, dann muss ich nicht das Lenkrad fest packen. Du kannst Reibleistung nutzen, um die Kurve zu fahren.»
«Nun ist ein Privatauto natürlich kein GP-Renner.Aber ich erinnere mich an eine Szene in der Schule: Da haben wir einen Vogel zum Halten bekommen. Du musstest ihn fest genug halten, damit er nicht davonflattert, aber auch behutsam genug, dass er keine Angst bekommt. Und so halte ich das Lenkrad. Das war aber schon immer so.»
«Es gibt Aufnahmen von mir aus dem Jahre 2006, damals als Testfahrer von BMW-Sauber. Da fahre ich mit drei Fingern. Meine Ingenieure waren schockiert. Sie sagten: „Warum machst du das?“ Und ich meinte: „Keine Ahnung, aber ich brauche nicht die volle Kraft, um das Lenkrad zu halten. Nur fest genug, um schnell fahren zu können.“ Und heute reicht es, um den Williams zu fahren. Sonst wäre ich nicht hier. Sonst würde ich keinen Freitageinsatz erhalten. Und ganz sicher nicht 160 Runden fahren, am nächsten Mittwoch beim Barcelona-Test. Das alles sieht ein wenig anders aus als bei anderen Fahrern, aber das war schon vor zwölf Jahren so. Das Ergebnis auf der Stoppuhr ist ungefähr das gleiche.»
Wir müssen über die Probleme des Williams reden. Was stimmt nicht mit diesem Rennwagen? Kubica: «Das grundlegende Problem ist das gleiche wie vor drei Monaten. Ich bin nicht der richtige Mann, um hier ins Detail zu gehen. Aber wir wissen, was unsere Schwäche ist. Wir haben Gegenmassnahmen ergriffen. Die sollten helfen, den Wagen besser zu verstehen und schneller zu machen. Aber wir reden hier nicht von nächster Woche und auch nicht vom nächsten Grand Prix und vielleicht nicht mal von einem Monat. Wir müssen geduldig sein. Wunder werden keine passieren. Es wird Pisten geben, die für uns besser sind, so wie Baku. Vor Barcelona wusste ich, dass es schwierig ist. Nun versuche ich, den Stammfahrern zu helfen, damit die Balance ein wenig erträglicher wird. Von besserer Rundenzeit spreche ich noch gar nicht.»
Auf meine Frage, ob wir von einer Besserung im Bereich des Monats Juli sprechen, meint Robert: «Ich weiss es nicht. Die Dinge ändern in der Formel 1 schnell, im Guten wie im Schlechten. Allerdings – schlechter als jetzt kann es kaum werden. Klopf auf Holz! Wir müssen den Wagen verstehen, dann muss der Wagen fahrbarer werden. Wir waren heute langsam, vor allem jedoch war es fast nicht möglich, den Wagen auf der Bahn zu halten. Das muss sich ändern.»
Was steht als nächstes auf dem Programm? Kubica grinst: «Mittagessen! Nein, ernsthaft, ich sitze am nächsten Mittwocnh wieder im Wagen. Wir haben ein umfangreiches Programm vor uns, um den Wagen besser zu verstehen. Ich hoffe, das Auto liegt dann besser als heute. Sonst wird das ein gaaanz langer Tag.»
Inzwischen steht auch fest, an welchen Freitagtrainings Robert Kubica noch teilnehmen wird: «In Österreich und in Abu Dhabi.»