Esteban Ocon: «Ricciardo im Renault war kein Schock»
Esteban Ocon
Esteban Ocon gibt sich gelassen, und der 21jährige Franzose ist an sich eher der lockere Typ. Aber wenn er so vor uns sitzt, dann sind seine Antworten das eine, seine knetenden Hände sagen etwas Anderes. Esteban Ocon befindet sich in einer äusserst ungemütlichen Situation. Der Force-India-Fahrer und Mercedes-Junior ist drauf und dran, in der Formel 1 zwischen Stuhl und Bank zu fallen, wenn es um die Verteilung der Renncockpits geht. Das ist das beste Beispiel dafür, dass etwas im Grand-Prix-Sport nicht stimmt: Wenn ein solches Talent ohne Auto dasteht, ist das einfach falsch.
Die Ausgangslage: Der Formel-3-Champion von 2014 und GP3-Meister von 2015 fährt derzeit für Force India. In der vergangenen Saison wurde er im rosafarbenen Renner hervorragender WM-Achter. Nun aber befindet sich Force India im Umbruch. Der neue Hauptinvestor Lawrence Stroll will seinen Sohn Lance so bald als möglich in einen Force India setzen (oder wie immer das Auto bald heisst). Zu Lasten von Ocon, denn Sergio Pérez ist aufgrund seiner Sponsoren gesetzt.
Es wird noch schlimmer: An sich galt es zwischen Mercedes-Teamchef Toto Wolff als Ocon-Förderer und Renault als beschlossene Sache, dass Esteban 2019 im zweiten Renault neben Nico Hülkenberg sitzen würde. Dann aber erkannte Renault-Teamchef Cyril Abiteboul die Chance, Daniel Ricciardo zu verpflichten, und der Renault-Steuermann findet: «So eine Möglichkeit konnte ich mir nicht entgehen lassen.» Damit war Ocon bei Renault aus dem Rennen.
Im Fahrerlager des Circuit de Spa-Francorchamps gibt Ocon den Coolen, wenn er uns weismachen will: «Ricciardo zu Renault, das war für mich kein Schock. Gut, wir hatten eine Chance dort, die ist verflogen. Jetzt müssen wir nach vorne blicken. Ich wünsche Daniel und Renault alles Gute, Daniel ist ein guter Kerl, ich mag ihn.»
Wie geht es weiter? Esteban gibt zu: «Ich weiss es nicht. Im Moment fahre ich einen Force India. Ich überlasse die ganzen Verhandlungen meinem Management und Toto Wolff. Ich will nicht ganz aufs Fahren konzentrieren und nicht von all den Gerüchten irremachen lassen.»
Aber hat Ocon keine Angst, bei der Reise nach Jerusalem leer auszugehen, wenn die Musik verstummt und alle Plätze schlagartig besetzt sind? «Nein, ich mache mir keine Sorgen. Mercedes und mein Management haben in den vergangenen Jahren die richtigen Entscheidungen getroffen, und ich bin sicher, sie werden das auch in Zukunft tun.»
Doch ist sich Ocon sicher, in Monza noch Formel-1-Rennfahrer zu sein? «Noch ist nichts verkündet. Mein Ziel besteht immer darin, Rennen zu fahren. Ich sehe mich nicht als Spielball, der herumgekickt wird. Ich hoffe schon, dass ich ein wenig härter bin als ein Ball! Die Wahrheit ist – ich weiss nicht, wie sich all das entwickeln wird. Ich habe die volle Unterstützung von Mercedes, und sie sehen sich alle Möglichkeiten an.»
«Für mich steht immer im Mittelpunkt, meine Leistung auf der Piste zu bringen. Wenn die Leistungen stimmen, dann fällt es einem Team schwer, dich loszuwerden. Es ist schwierig, sich nicht ablenken zu lassen, aber genau das muss ich tun – mich auf meine Rolle als Pilot kümmern. Es bringt nichts, sich mit den ganzen Mutmassungen abzugeben.»