Sebastian Vettel (Ferrari): Singapur, ein Tiefschlag
Max Verstappen gegen Sebastian Vettel
Die Weichen zu dieser Niederlage wurden schon am Samstag gestellt: Ferrari war im Anschlusstraining zum Singapur-GP nicht so schnell, wie die Italiener erwartet hatten. So schlug der Plan fehl, in Quali-Teil 2 eine andere Reifenmischung als Mercedes und Red Bull Racing zu verwenden – damit hätten Vettel und Räkkönen am Sonntag länger auf der Bahn bleiben und sich in Doppelführung spülen können. Jedenfalls theoretisch. In der Praxis war die Abstimmung des Ferrari zu wenig gut, um Quali 2 mit dem härteren Reifen zu fahren. Die Roten wurden gezwungen, das Gleiche zu tun wie die Konkurrenz.
Im Rennen ein neuer Anlauf: Wieder wollte Ferrari etwas anders machen als die Gegner. Dieser Mut ist zu begrüssen, aber der Plan scheiterte. War das vielleicht Mut der Verzweiflung? Zu Beginn des Rennens schien alles für Vettel zu laufen: Am Start konnte er sich noch nicht an Max Verstappen vorbeiquetschen, das holte er aber noch in der ersten Runde nach. Aber das Unterschneiden von Leader Hamilton, also früher zum Stopp hereinkommen, das ging in die Hose. Das hatte drei Gründe. Erstens geriet Vettel hinter Sergio Pérez (der noch nicht gestoppt hatte), zweitens erwies sich die Wahl des ultraweichen Pirelli als fragwürdig (die direkten Gegner wählten die Mischung weich), drittens war Hamilton zu schnell.
Mit dem weicheren Reifen musste Vettel so schonend fahren, dass ans Angreifen nicht zu denken war. Zudem fehlte dem Ferrari der notwendige Speed. Das schnellste Auto in der Nacht von Singapur war nicht rot, sondern glänzte silbern.
Sebastian: «Klar haben wir in den ersten Runden erwartet, dass sich das Rennen anders entwickeln würde. Unser Plan ist nach hinten losgegangen.» Aber wieso überhaupt die ultraweichen Pirelli, der im Training kaum angeschaut worden war? Vettel: «Die Reifenwahl fürs Wochenende war generell die richtige. In Belgien fuhren wir die harte Mischung im Grand Prix zum ersten Mal und hatten damit keine Probleme. Wir kennen die Reifen inzwischen sehr gut. Wieso der ultraweiche? Wir wollten einen Sprung nach vorne machen. Das hat aber nicht geklappt. Und danach hielt diese Mischung weniger gut als erwartet. Wir waren auch nicht die Einzigen mit Problemen – Bottas hinter mir auf dem an sich haltbareren, weichen Pirelli hatte noch grössere Probleme.»
Vettel lässt Kritik an der Vorgehensweise von Ferrari nicht gelten: «Ich stelle mich immer vor mein Team.» Das ist lobenswert. Aber intern wird Vettel einige Fragen stellen müssen. Fragen wie: Wo ist der Speed von Ferrari aus den freien Trainings hingekommen?
Vettel trotzig: «Wir wissen, dass wir ein schnelles Auto haben. Aber an diesem Wochenende haben wir es nicht geschafft, das Beste aus unseren Möglichkeiten zu machen.» Solche Worte kommen uns bekannt vor. Das hat Vettel schon ein paar Mal sagen müssen. Doch um die WM-Chance gegen Lewis Hamilton bei einem Stand von 241:281 gegen Seb am Leben zu erhalten, muss in den kommenden sechs Rennen alles passen.
Der Ferrari-Pilot weiter: «Es hat auch nicht geholfen, dass der hyperweiche Reifen besser gehalten hat als viele vermutet hatten. Am Anfang gondelten wir alle ein wenig herum, alle versuchten, die pinkfarbene Pirelli zu schonen. Dann fuhr Hamilton genau die notwendige Lücke heraus, um an der Spitze zu bleiben. Unser Versuch, ihn zu unterschneiden, scheiterte auch deswegen. Und schliesslich hatten wir noch das Pech, gleich nach dem Stopp hinter Verstappen zu liegen.»
Vettel denkt keine Millisekunde ans Aufgeben: «Es geht immer was. Aufstecken ist keine Alternative. Wir haben alle Zutaten, die es braucht. Wir müssen die Leistung nur auf den Punkt bringen. Was in Singapur passiert ist, kann ich nicht mehr ändern. Jetzt müssen wir nach vorne schauen.»
«Es ist nicht lustig, noch mehr Punkte zu verlieren. Natürlich werden wir uns in Detail ansehen müssen, was schiefgelaufen ist. Und es ist Einiges schiefgelaufen, wenn wir nur Dritter werden. Wir können mehr. Aber wir haben noch Zeit zum Reagieren. Das Ziel muss sein: Sechs Siege in den letzten sechs Rennen.»
Wer sich das Ferrari der letzten Wochen angeschaut hat, kann nicht so sehr an solche eine Siegesserie glauben.