Schöne Bescherung: Ex-GP-Pilot kaufte 6-Rad-Tyrrell
Pierluigi Martini ist für die italienischen Grand-Prix-Fans kein Pilot wie jeder andere. Er hat fast alle seiner 119 Grands Prix von 1985 bis 1995 für Minardi bestritten, er war der Fahrer des kleinen Rennstalls aus Faenza, als die Italiener erstmals antraten, das war 1985 in Rio. Drei Jahre später war es Martini, der für Minardi den ersten WM-Zähler herausfuhr (als Sechster in Detroit), und es war auch Martini, der für Giancarlo Minardi den einzigen Platz in der ersten Startreihe ergattern konnte, dank der kaugummiweichen Pirelli-Qualifikationsreifen in Phoenix 1990 (Arizona). Nur Gerhard Berger konnte damals mit seinem McLaren-Honda in den USA die grosse Sensation verhindern, mit dem hauchdünnen Vorsprung von 67 Tausendstelsekunden!
Martini wurde WM-Elfter 1991, über zwei vierte Ränge ist er in der Formel-1-WM nicht hinausgekommen (Imola und Portugal 1991), aus dem Minardi-Rennstall wurde ab 2006 die Scuderia Toro Rosso, in Besitz von Red Bull. Martini ist immer wieder mal bei einem Grand Prix anzutreffen, vorzugsweise in Monza oder Monaco.
Beim «Concorso d’Eleganza Villa de’Este» und beim «Historic Minardi Day» von Imola tauchte er mit jenem Auto auf, das er sich quasi als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk selber gegönnt hat – mit einem Sechsrad-Tyrrell P34, der früher von Ronnie Peterson bewegt worden ist. Der 1977er Renner ist komplett renoviert worden (Stand Fuji 1977), wie Pierluigi meinem Kollegen Franco Nugnes von motorsport.com erklärt hat: «Es war mir wichtig, dass so viel als möglich original bleibt. Das Lenkrad ist wirklich jenes, das Ronnie in Händen hielt. Es gibt eine Markierung an der Speiche, die auf zeitgenössischen Fotos zu erkennen ist. Ich konnte einen alten Sitz auftreiben, der Patrick Depailler gehörte, damals bei Tyrrell der Stallgefährte von Peterson. Mit dem Sitz von Ronnie könnte ich den Wagen nicht fahren, weil der Schwede viel grösser war als ich es bin.»
Mitte der 70er Jahre war es noch möglich, eine so revolutionäre Entwicklung geheim zu halten. Als der Tyrrell P34 präsentiert wurde, fielen den Gästen fast die Augen aus dem Kopf. Konzipiert wurde das Auto, um dem Wind weniger Widerstand entgegen zu stellen, dazu wurden der Vorderachse vier kleine Räder verpasst. Der Wagen war recht erfolgreich (Jody Scheckter wurde WM-Dritter), aber schon 1977 war das Nachfolgemodell nicht mehr konkurrenzfähig – es mangelte an Weiterentwicklung der kleinen Vorderräder.
Martini schwärmt: «Das ist ein wunderbares Auto. Designer Maurice Philippe vergrösserte die Spur laufend, weil Goodyear die 10-Zoll-Reifen nicht entwickeln wollte. Es mangelte an Stabilität vorne. Heute läuft der Wagen auf Reifen von Avon, die grossartige Vorderreifen gebaut haben. Also bin ich zurück auf die engere Spur. Die Balance ist hervorragend. Ich bin davon überzeugt – hätte Tyrrell damals solche Walzen gehabt, so hätten sie den Titel gewinnen können.»
«Gemessen an meinen Autos in den 80er und 90er Jahren ist ein solches Fahrzeug leicht zu lenken. Ich bin in Imola ohne jede Anstrengung gefahren. Jetzt kann ich verstehen, dass einige Piloten bei der Musik waren, obschon sie am Tag zwei Päckchen Zigaretten geraucht haben!»
«Der Wagen benimmt sich sehr manierlich. Du kannst die Räder so platzieren, wie du es willst, es gibt keine seltsamen Reaktionen. Der Tyrrell P34 ist für mich ein Juwel, weil er für eine bestimmte Epoche steht – vor der ersten Turbo-Ära und auch bevor die Aerodynamik alles zu bestimmen begann.»
Ob Martini den Wagen bei historischen Rennen wie in Monaco einsetzt, weiss er noch nicht: «Ich will nicht die ganze Arbeit ruinieren. Ich habe gefragt, ob ich mit einer Kopie antreten kann, aber das Reglement schreibt vor, dass es sich bei den Rennwagen um Originale handeln muss. Also habe ich es bislang bleiben lassen.»