Formel 1: Die Wahrheit über Max Verstappen

Max Verstappen: So klingt Honda-V12 statt Turbo-V6

Von Mathias Brunner
​Neue Erfahrung für Max Verstappen: Der Niederländer rückte mit dem Honda RA272 von 1965 aus – 233 PS aus einem V12-Saugmotor. Das ist ein Witz gegen den heutigen Motor, aber was für ein Sound!

Max Verstappen kam aus dem Staunen nicht mehr heraus: Vor dem GP-Wochenende von Suzuka schenkte ihm Honda die Gelegenheit, den Honda RA272 aus dem Jahre 1965 zu bewegen. Damals sassen die Kalifornier Richie Ginther und Ronnie Bucknum am Lenkrad dieses Autos, Ginther gewann mit dem RA272 den Grossen Preis von Mexiko 1965, es war der erste Formel-1-Sieg der Japaner und gleichzeitig auch der erste Grand-Prix-Sieg für Reifenhersteller Goodyear.

Verstappen staunte: «So ein Auto hatte ich noch nie bewegt. Das grösste Problem bestand darin, dass ich nicht so recht hineinpasste. Bei solchen Rennwagen merkst du wieder so richtig, welch enorme Entwicklung die Formel-1-Fahrzeuge durchlaufen haben.»

In seinem 2019er Red Bull Racing RB15 vertraut Max auf einen 1,6-Liter-V6-Turbomotor mit Mehrfach-Energierückgewinnung. Im Quali-Trimm liegen die Formel-1-Antriebseinheiten bei rund 1000 PS. Der Honda-V12-Saugmotor von 1965 hatte 1,5 Liter Hubraum und erzeugte 233 PS, damit galt die japanische Kreissäge als kraftvollster Motor der 1,5-Liter-Ära. Der Honda RA272 von 1965 ist bis heute ein absoluter Fan-Favorit und klingt so:



Max Verstappen weiter: «Letztlich bin ich schon froh, dass ich heute eine Formel-1-Karriere machen darf, denn der RA272 hatte nicht mal Sicherheitsgurte! Spass machen alle Rennautos, sie sind einfach verschieden.»

Vom Modell RA272 wurden drei Stück gebaut. Eines wurde bei Testfahrten in Suzuka zerstört, bei beiden anderen Chassis RA272F-102 und F-103 befinden sich in Besitz von Honda. Sie stehen zwar meist im Museum, sind aber voll funktionstüchtig und werden regelmässig bewegt.

Bis auf Honda und Ferrari verwendeten 1965 alle anderen Rennställe Achtzylinder-Motoren. Als Besonderheit galt beim Honda RA272, dass der Motor quer vor der Hinterachse eingebaut war. Entwickelt wurde das Aggregat aus einem 125-cm³-Motorradmotor. Zwei Zylinder in V-Form (Hubraum also 250 cm³, werksintern K005 genannt) gaben eine Leistung von 36 PS ab, sodass bei einem Zwölfzylinder eine Leistung von etwa 225 PS erwartet wurde. Zudem hatte ein Zwölfzylinder (gegenüber einem Achtzylinder) geringere bewegte Massen und konnte höhere Drehzahlen erreichen. Der Motor gab bis zu einer Drehzahl von 13.000/min seine Leistung gut nutzbar ab; der rote Bereich des Drehzahlmessers begann bei 14.000/min. Ronnie Bucknum berichtet einmal, dass er versehentlich den Motor bis auf 16.000/min hochgedreht habe; der Motor überlebte.

Honda machte es sich beim Formel-1-Einstieg 1964 nicht leicht: Der US-Amerikaner Ronald «Ronnie» Bucknum wurde mit seinem Honda RA271 zum Grossen Preis von Deutschland auf den Nürburgring geschickt! Die Wahl von Honda für das F1-Debüt kam etwas überraschend – die meisten europäischen Rennfans hatten vom Kalifornier noch nie etwas gehört. Die Denke von Honda: Die Erwartungen sind geringer mit einem Nobody am Lenkrad.

Ronnie Bucknum konnte von Glück reden, dass er auf dem Nürburgring ins Rennen gehen konnte, denn zum Start wurden nur die 22 Schnellsten zugelassen. Bucknum war mit seinem massiv übergewichtigen Renner zwanzig Sekunden langsamer als Giancarlo Baghetti in einem BRM und rund eine Minute (!) langsamer als John Surtees im Ferrari. Im Grunde rutschte Bucknum nur deshalb ins Feld, weil Scirocco-Fahrer André Pilette noch langsamer war und Carel Godin de Beaufort im Training zu Tode stürzte.

Im Rennen lief es für den Amerikaner besser, er fuhr regelmässig, jedoch ausserhalb der Top-Ten. In der 12. von 15 Runden rutschte er wegen Lenkungsbruchs von der Bahn, wurde aber aufgrund der zurückgelegten Distanz auf Rang 13 gewertet. Bucknum kam mit dem Schrecken davon.

Nur ein Wagen wurde damals in Tokio vom Modell RA271 gebaut, der Wagen aus der Feder von Designer Yoshio Nakamura steht heute im Honda-Museum am Twin Ring Motegi.

Im Winter 1964/1965 hatte Bucknum in Suzuka einen schweren Testunfall, bei dem er sich einen Beinbruch zuzog. Die ganze Saison 1965 über litt er unter den Folgen des Crashs.

Bucknum fuhr bis Ende 1966 für Honda (Highlight: Rang 5 in Mexiko 1965, wo sein Honda-Stallgefährte Ginther sensationell gewann), dann kehrte er in die USA zurück. Dort fuhr er die USAC-Serie, heute IndyCar, in Michigan 1968 konnte er mit einem Eagle gewinnen. Bucknum wurde auch Teil des Langstrecken-Teams von Ford mit dem tollen GT40 (Dritter in Le Mans 1966). Bucknum fuhr darüber hinaus in der CanAm-Serie sowie TransAm-Rennen. Ein Nobody war er längst nicht mehr, sondern ein verlässlicher Wert.

Bucknum wurde nur 56 Jahre alt, am 23. April 1992 verstarb er aufgrund von Komplikationen mit seiner Zuckerkrankheit. Da war Richie Ginther schon zweieinhalb Jahre lang tot, er war am 20. September 1989 mit 68 Jahren einem Herzinfarkt erlegen.

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