Formel 1: «Dumme Regel half Verstappen»

Yasuhisa Arai (Honda) exklusiv: «Wir erwarten Siege!»

Von Agnes Carlier
Yasuhisa Arai, Rennsportchef von Honda

Yasuhisa Arai, Rennsportchef von Honda

Yasuhisa Arai (57), Chef der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Honda und gleichzeitig Motorsportchef, über die Rückkehr der Japaner in die Formel 1, 2015 mit McLaren.

Den meisten europäischen Rennfans sagt der Name Yasuhisa Arai wenig. Das könnte sich 2015 rasant ändern. Der Chef der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Honda und Rennleiter arbeitet seit 1981 für das japanische Unternehmen. Er guckte sich beim Formel-1-Saisonstart 2014 in Melbourne in der Boxengasse um, seither sind seine Mitarbeiter fester Bestandteil des Fahrerlagers. Sie sind leicht an Kameras und gezückten Notizbüchern zu erkennen.

Arai, der sich selber als Rennfan bezeichnet und für John Surtees und Ayrton Senna schwärmt, kann die Formel-1-Rückkehr von Honda mit McLaren nicht erwarten. Honda wird dabei mit zwei Zentren arbeiten: dem Werk zuhause in Japan, wo die Rennmotoren entstehen, und der Aussenstelle in Milton Keynes.

Die Vorgabe des erfahrenen Technikers ist glasklar: «Es gibt nur einen Sinn, Motorsport zu betreiben – siegen. Daher haben wir uns mit einem Rennstall zusammengetan, der weiss, wie man gewinnt. Klar erwarten wir Siege!»

Herr Arai, wer war der entscheidende Weichensteller für die Formel-1-Rückkehr?

Unser Präsident Takanobu Ito. Im Rahmen einer markanten weltweiten Restrukturierung haben wir uns auch das Thema Rennsport im Allgemeinen und Formel 1 im Besonderen in Ruhe angeschaut. Wir fanden die Zeit gekommen, in den Grand-Prix-Sport zurückzukehren.

(Japanische Insider sagen auch: Hinter den Kulissen zog der frühere Renningenieur und Honda-CEO Nobuhiko Kawamoto die Fäden. Er ist offiziell Berater des Vorstands, in Wahrheit besitzt der heute 78-Jährige im Unternehmen den Status eines Übervaters. Sein Wort ist Gesetz. A.C.)

Wie waren die Reaktionen in Japan auf die Bekanntgabe der Rückkehr mit McLaren?

Die Fans sind fiebrig erregt. Sie haben lange auf diesen Moment warten müssen. Wir waren immerhin sechs Jahre lang weg. Viele Rennfans hatten herb protestiert, als sich Honda Ende 2008 aus der Formel 1 zurückzog.

Wie oft haben Sie seither an die Rückkehr gedacht?

Jeden Tag!

Was ist das Ziel bei der Rückkehr 2015?

Mit McLaren Grands Prix gewinnen. Aus diesem Grund haben wir uns für McLaren als Partner entschieden. Wir wollen Geschichte machen.

Im letzten Formel-1-Jahr 2008 konnten aber nur 14 WM-Punkte erobert werden.

Das lässt sich nicht vergleichen. Wir sind für 2015 ganz anders aufgestellt, und das beginnt damit, dass wir den Wagen nicht mehr selber machen, sondern mit McLaren kooperieren. Nochmals: Wir erwarten in jedem Rennen Punkte, wir erwarten Siege.

Wie sehr haben Sie seit 2008 die Formel 1 im Auge behalten?

Wir haben den Kontakt zur Szene nie verloren. Und wir haben uns sehr genau angeschaut, was die Gegner so machen oder wie sich die Regeln entwickeln.

War der Schritt in die neue Turbo-Ära mit Hybridtechnik der Auslöser für die Rückkehr?

Ja. Immer effizientere Motoren sind bei jedem Autohersteller ein grosses Thema. Das ist eine gewaltige Herausforderung für alle Ingenieure und der richtige Weg für die Industrie. Die Lektionen aus dem Rennsport können die Serie wieder befruchten, daran haben wir enormes Interesse. Aber das ist keine Einbahnstrasse: das Formel-1-Projekt profitiert umgekehrt auch von unserer Erfahrung mit Hybridtechnik in den Serienmodellen.

Wann werden wir den Honda-Motor zu sehen bekommen?

Bald, aber wir haben noch keinen genauen Zeitpunkt festgelegt.

Bedeutet das Testfahrten mit einem modifizierten McLaren noch in diesem Jahr?

Nein, davon gehe ich nicht aus. Wir werden wohl erst zum ersten Wintertest in Jerez bereit sein.

Welche Rolle wird die Aussenstelle in Milton Keynes spielen?

Es ist noch nicht alles fertig, aber der Gedanke dabei ist – wir wollen die Rennmotoren dort warten. Von dort aus werden die Motoren zu den Rennstrecken gebracht. Die ganze Entwicklung jedoch passiert in Japan.

Wieviele Fachkräfte werden in Milton Keynes arbeiten?

Das steht noch nicht fest.

Aber die logistische Leitung des Formel-1-Projekts sitzt dort?

Ja.

Wie läuft dabei die Entscheidungsfindung, wer hat das Sagen?

Das läuft Hand in Hand mit Japan, die korrekte Entscheidung hängt von der jeweiligen Frage ab. Sie kann in Europa gefällt werden oder in Japan.

Welches ist für Sie beim Bau des neuen Motors die grösste Herausforderung?

Ich sehe da drei Punkte: Die Antriebseinheit so kompakt als möglich zu gestalten, dann die Verbrauchseffizienz sowie die ganze elektronische Steuerung.

Der Sound der Motoren ist für die Fans ein grosses Thema. Wie stehen Sie dazu?

Motorenlärm ist kein Thema für einen Techniker. Aber wenn die Fans mehr Getöse wollen, dann sollten wir das nicht ignorieren.

Was ist der Unterschied zwischen der Formel 1 in den 90er Jahren, 2008 und 2015?

Für mich gibt es grundsätzlich keinen Unterschied – Spitzentechnik bleibt Spitzentechnik, einfach unter verschiedenen Vorgaben bezüglich des Reglements. Was sich aber in den letzten Jahren dramatisch verändert hat, ist die Simulationstechnik. Da sind heute Dinge virtuell machbar, die waren vor 25 Jahren undenkbar.

Sie arbeiten 2015 exklusiv mit McLaren. Was passiert 2016 und darüber hinaus?

Darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht. Wir wollen uns derzeit ganz auf die Rückkehrsaison 2015 konzentrieren.

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