2. Training: Nico Rosberg Top, Kimi Räikkönen schnell
Nico Rosberg war auch am Nachmittag der schnellste Mann auf dem Silverstone Circuit
Als die Boxenampel des Silverstone Circuits auf Grün sprang, passierte erst einmal gar nichts. Doch die zahlreich erschienenen britischen Fans auf den Tribünen mussten sich nicht lange gedulden, bis sie das erste Auto zu Gesicht bekamen: Sauber-Pilot Marcus Ericsson, der am Morgen zu Gunsten von Testpilot Raffaele Marciello hatte aussetzen müssen, durchbrach die Stille. Der Schwede drehte mit 1:43,551 min denn auch die erste gezeitete Runde.
Obwohl diese bescheiden ausfiel, blieb Ferrari-Star Kimi Räikkönen, der die Zeitenliste als Zweiter ergänzte, ganze drei Sekunden langsamer. Ericsson verbesserte sich kurz darauf auf 1:40,537 min, musste sich aber bald von Carlos Sainz (1:36,523 min) und Max Verstappen (1:36,469 min) geschlagen geben.
Das Glück des Toro Rosso-Duos währte nicht lange: Sobald die Silberpfeil-Piloten ihre Zeitenjagd aufnahmen, übernahmen sie auch die Spitze: Erst umrundete Hamilton den britischen Traditionskurs in 1:35,055 min und Rosberg blieb mit 1:35,513 min etwas langsamer. Dann verbesserte sich der Champion auf 1:34,877 min.
Rote Flaggen wegen Romain Grosjean
Probleme bekundeten hingegen Räikkönen, der sich über fehlende Haftung auf der Hinterachse beklagte, und Force India-Fahrer Sergio Pérez, der am Boxenfunk über Untersteuern und blockierende Räder in den langsamen Ecken schimpfte. Verstappen ärgerte sich hingegen: «Das Auto übersteuert stark in den schnellen Kurven.»
Noch schlimmer erging es Romain Grosjean. Der Lotus-Pilot, der seinen Dienstwagen am Morgen Testfahrer Jolyon Palmer hatte überlassen müssen, schoss auf Höhe Luffield ins Kies und sorgte damit zum ersten Mal an diesem Wochenende dafür, dass die roten Flaggen geschwenkt wurden. Der Ärger stand dem Genfer ins Gesicht geschrieben, der noch am Boxenfunk rapportierte, dass etwas mit dem Heck seines Lotus nicht in Ordnung sei. Die Wiederholung der TV-Bilder zeigte, dass Grosjean in der Kurve geradeaus ins Kies schoss.
Doch damit nicht genug, kurz vor Grosjeans Abflug erklärte Verstappen am Funk: «Ich wurde von Grosjean aufgehalten, er hat mich regelrecht blockiert.» Auf der anderen Seite der Wohlfühl-Skala fand sich Ferrari-Star Sebastian Vettel wieder, der kurz vor der Unterbrechung noch die drittschnellste Runde drehte.
Fernando Alonso erntet Jubel für Fehler
Eine Schrecksekunde erlebte zuvor auch Rosberg, der sich in den ersten Runden noch über Schaltprobleme wunderte. Doch das Team versicherte dem Deutschen, dass mit seinem Getriebe alles in Ordnung sei und das Auto sich erst wieder an die Schaltvorgänge «gewöhnen» müsse. Tatsächlich löste sich das Problem offenbar in Luft auf, denn Rosberg konnte kurz darauf wieder richtig Gas geben.
Glück im Unglück hatte auch Fernando Alonso. Der zweifache Champion pflügte seinen McLaren-Honda in der Brooklands-Kurve durchs Kies. Dass der Spanier es aus eigener Kraft wieder raus schaffte, sorgte für frenetischen Jubel auf den Zuschauerrängen. Die McLaren-Mechaniker, die das Auto vom Kies befreien mussten, dürften sich angesichts der Offroad-Einlage ihres Fahrers weniger gefreut haben.
«Nur» Verwarnung für Mercedes
Während des Trainings wurde auch verkündet, dass Mercedes für das Abdecken von Frontflügel und Diffusor des Silberpfeils von Nico Rosberg eine Verwarnung von den Rennkommissaren kassierte. Das Sterne-Team hatte im ersten freien Training nach Rosbergs Aus auf der Strecke den Wagen in der Boxengasse beim Verladen abgedeckt. Dies ist jedoch nur bei Unfallwagen erlaubt.
Kaum hatten sich die Formel-1-Stars die weichere Medium-Mischung geben lassen, war Rosberg richtig schnell unterwegs. Der Mercedes-Star setzte sich mit 1:34,155 min an die Spitze und unterbot damit auch seine Bestzeit aus dem ersten freien Training. Auch Vettel beschenkte sich zum 28. Geburtstag selbst und verwies Hamilton mit 1:34,552 min auf den dritten Platz.
Da der Versuch Hamiltons, auf diese Zeit eine Antwort zu geben, in die Hose ging, bog der Weltmeister an die Box ab, wo die Mechaniker sowohl vorne als auch hinten an der Aufhängung schraubten. Grosjean half derweil seinem Team fleissig beim Säubern seines Lotus-Renners, der beim Ritt durchs Kiesbecken viel Dreck und Staub abbekommen hat.
Zweite Zwangspause wegen Roberto Merhi
Doch auch Räikkönen gab richtig Gas – mit Erfolg: Der Iceman setzte sich mit 1:34,502 min vor seinen Teamkollegen Vettel auf Platz 2. Überraschend schnell waren auch die beiden Red Bull Racing-Piloten auf dem heissen Asphalt unterwegs: Daniil Kvyat und Daniel Ricciardo fehlte etwas weniger als eine Sekunde auf die Spitze, sie reihten sich in der letzten halben Stunde des Trainings auf den Rängen 5 und 6 ein.
Für Verwirrung sorgte in den letzten 20 Minuten Roberto Merhi, der seinen Manor-Marussia-Renner in der Luffield-Kurve mit den Vorderrädern ins Kies setzte und so lange brauchte, um den Rückwärtsgang einzulegen, dass schliesslich die roten Flaggen geschwenkt wurden. Wie alle anderen steuerte der Spanier, der seine erste Formel-1-Saison absolviert, die Box an.
Kurz davor hatte das Silberpfeil-Duo die Konkurrenz mit konstanten und schnellen Rundenzeiten in der Rennsimulation beunruhigt. Rosberg drehte seine 16. Runde in 1:38,560, Hamilton absolvierte seinen elften Umlauf am Stück in 1:39,905 min. Auch McLaren-Honda-Pilot Jenson Button konnte sich auf den 17. Platz der Nachmittagszeitenliste verbessern. Der Weltmeister von 2009 blieb damit zwei Ränge hinter seinem Teamkollegen Alonso.
Bestzeit von Nico Rosberg
Nach vier Minuten wurde die Strecke wieder freigegeben und die Formel-1-Stars stürmten auf die Strecke - Bis auf Alonso, Will Stevens, Merhi und Hamilton, der sein Cockpit verliess und damit Spekulationen um weitere technische Probleme auslöste. Drei Minuten vor dem Trainingsende wagte sich Hamilton noch einmal raus, steuerte aber gleich wieder die Box an.
So durfte sich Rosberg am Ende kampflos über die Tagesbestzeit freuen, dreieinhalb Zehntel langsamer war Räikkönen unterwegs. Der Iceman sicherte sich damit den zweiten Platz vor seinem Teamkollegen Vettel, der damit auch schneller als Hamilton blieb. Kvyat und Ricciardo sicherten sich die Plätze 5 und 6, Verstappen, Hülkenberg, Sainz und Felipe Massa komplettierten die Zeitenliste. Auf den weiteren Rängen reihten sich Maldonado, Bottas, Pérez, Grosjean, Alonso, Felipe Nasr, Button, Ericsson, Stevens und Merhi ein.