Adrian Newey: «Motor-Dominanz ungesund für Formel 1»
Adrian Newey
Wie so viele Racer begann Adrian Newey (56) seine Rennkarriere – im Go-Kart. «Mein Vater begleitete mich zu einem Kartrennen in England und meinte, aus seiner Sicht würden die meisten Kids nur deshalb fahren, weil ihre Väter das so wollten. Er meinte zu mir: „Wenn du das wirklich willst, dann musst du mir deine Entschlossenheit zeigen. Für jedes Pfund, das du dir für den Kartsport zur Seite legst, lege ich ein Pfund aus meiner Tasche hinzu.“ Also wusch ich wie verrückt Autos und mähte Wiesen. Das Geld reichte dennoch nur zu einem alten Kart, und so begann ich aus der Not heraus, den Kart zu modifizieren. Daraus entstand mein Interesse an der Ingenieursseite des Sports.»
Knapp 40 Jahre später ist Adrian Newey der beste Techniker der Formel-1-Branche. Autos aus seiner Feder haben mehr als 80 Grands Prix gewonnen und zehn Konstrukteurs-Pokale. Er arbeitete bei Williams, McLaren-Mercedes und Red Bull Racing mit den Besten zusammen: Nigel Mansell, Alain Prost, Damon Hill, Jacques Villeneuve, Mika Häkkinen, David Coulthard, Sebastian Vettel.
Als Newey für ein Rennen seines Sohnes Harrison Newey (17) zum Autodrom von Dubai kam, stellte ihm die Tageszeitung «The National» einige Fragen zum Gesundheitszustand der Formel 1.
Newey hat geantwortet: «Was für die Formel 1 vor allem ungesund ist, das ist diese Dominanz durch die Motoren. Von der Chassisseite her ist das Reglement sehr engmaschig, bei den Triebwerken gibt es mehr Freiheiten. Das nächste Problem: Wenn Mercedes oder Ferrari Kunden mit Aggregaten ausrüsten, dann entsprechen diese V6-Turbos nicht dem gleichen Stand wie beim Werksteam. Das beginnt bei der Software, die bei den neuen Antriebseinheiten noch wichtiger ist als früher.»
«Wir sind in der Situation, dass wir einen Motor von Mercedes-Benz haben, der hervorragend und leistungsstark ist. Die Kunden erhalten nicht die gleiche Spezifikation. Also ist es für die Kunden schwierig, das Werksteam zu schlagen. Der Ferrari-Motor ist nicht ganz so herausragend wie der V6-Turbo, aber noch immer ein gutes Triebwerk. Doch die Ferrari-Kunden haben das gleiche Problem wie die Mercedes-Kunden. Also sind wir in die Lage gekommen, dass letztlich nur die Werkswagen von Mercedes-Benz und Ferrari die Rennen gewinnen und damit auch die WM-Titel. Eine solche Dominanz der Motoren ist nicht gut für die Formel 1. Honda kann da vielleicht mal mitmischen, aber heute noch nicht.»
«Das grösste Problem derzeit ist folgedessen, dass Mercedes und Ferrari den Sport kontrollieren. Das Reglementsprozedere innerhalb der Formel 1 basiert auf Demokratie, was ich prinzipiell begrüsse. Weil jedoch die Kunden von Mercedes und Ferrari getreu ihrer Lieferanten stimmen müssen, haben Mercedes-Benz und Ferrari de facto in der modernen Formel 1 das Sagen.»
«Ich kann nur hoffen, dass der Autoverband FIA wieder die Kontrolle übernimmt. Die Formel 1 ist immer dann am gesündesten, wenn allen Rennställen konkurrenzfähige Motoren zur Verfügung stehen. Dann können alle im echten Wettbewerb gegeneinander antreten.»