IDM Zolder: Die Stimmen zur Ölspur und zur Absage
So manch einer der Zuschauer war erschrocken, dass am 23. Juni nahezu jeder Lauf in Zolder nach wenigen Runden abgebrochen werden musste. Doch was auf anderen Strecken eher für einen Crash größeren Ausmaßes spricht, ist auf der ehemaligen Formel1-Piste in Belgien fast Alltag. Nicht, weil dort schlimmere Unfälle als anderswo passieren, doch die Strecke verfügt über weite Teile nicht über ausserhalb gelegene Versorgungswege. Also muss jeder Abschlepper und jeder Krankenwagen über die eigentliche Rennstrecke geleitet werden. Abbrüche sind daher aus Sicherheitsgründen an der Tagesordnung.
Die erste Putzorgie war nach der Zieldurchfahrt der IDM Sidecar fällig. Ein Seitenwagen hatte die ersten beiden Kurven eingesaut. Auch im hinteren Streckenabschnitt hatte es zu Beginn einen Crash gegeben. Bei der Besichtigungsrunde der IDM Supersportpiloten war es dann ein R6-Fahrer, der gestürzt war, sich auf den in Zolder nicht gerade Motorradfahrer-freundlichen Kerbs einen Seitendeckel demoliert hatte und bis zum Grid von ihm unbemerkt Öl verteilte. Putzaktion 2 war fällig, plus Weiterschrubben in der Startkurve.
Nach einem kurzen Warm-up waren sich die Piloten nahezu einig. Die Strecke war noch zu verschmutzt. Dabei hatten es vor allem die beiden ersten Kurven in sich und der Staub des Bindemittels im hinteren und dem letzten Streckenteil. Dazu kamen auch noch die gerade mal zwei Wochen alten Eindrücke vom dramatischen Sturz ihres Kollegen Dennis Lippert in Oschersleben, der für Lippert tödlich endete. Noch am Freitagabend hatte man auf der Start-Ziel-Geraden eine Abschiedsfeier für den Verstorbenen abgehalten.
«Allein kann man da über die Ölspur fahren», erklärte einer der Top-Piloten, «die Ideallinie ist sogar halbwegs okay. Aber sobald der erste Gas gibt, überholen will und eine klassische Rennsituation entsteht, ist es einfach zu gefährlich.»
Gemeinsam mit der Rennleitung schaute man sich die Stellen bei einer Rundfahrt an und entschied sich gemeinsam gegen einen Start. Die Putz-Kolonne rückte wieder aus. Als nächstes stand der BMW Boxer Cup auf dem Zettel. Da waren die Meinungen geteilt. Von „kein Problem“ bis „unfahrbar“ war alles dabei. Man entschied sich gegen den Start ins Rennen und die Rennleitung sagte den Rest auch gleich ab.
Die Stimmen der Beteiligten
Thomas Beyer, Manager des BMW-Boxer-Cups: «Der Renn-Sonntag stand unter keinem guten Stern. In den ersten Läufen des Tages gab es jeweils Abbrüche und Neustarts, die den Zeitplan stark in Verzögerung brachten. Extreme Streckenverschmutzung durch geplatzte Motoren veranlasste den Veranstalter, die restlichen Wertungsläufe am Sonntag-Nachmittag abzusagen. Nach dem schrecklichen Unfall von Oschersleben wollten man – verständlicherweise – kein unkalkulierbares Risiko eingehen.»
Stefan Laux, IDM-Superbike-Teamchef: «Für das zweite Rennen änderte man noch ein paar Kleinigkeiten aus den Erfahrungen vom ersten Rennen. Dennoch blieb es dabei, denn bei den Rennen der Seitenwagen und der Supersportler wurde Öl auf die Strecke gebracht. Das überforderte Personal des Rennstreckenbetreibers war aufgrund fehlenden Equipments nicht in der Lage, die Strecke wieder befahrbar zu machen. Somit wurden alle Rennen am Nachmittag gestrichen. Dass das zweite Rennen aufgrund der Tatsache, dass die Strecke nicht in einen befahrbaren Zustand versetzt werden konnte, nicht stattfand, kann ich mit meinem Kenntnisstand nicht nachvollziehen. Das wäre ungefähr so, als würde ein Mechaniker keine Zündkerzen wechseln können. Schlussendlich geht die Sicherheit vor, eventuell muss da aber beim Personal sowie dem technischen Equipment nachgebessert bzw. gewisse Standards festgelegt werden.»
Ilya Mikhalchik vom Team alpha Racing-Van Zon-BMW wurde von der Entscheidung in der Boxengasse überrascht, als der Streckensprecher das Aus der Veranstaltung verkündete und Mikhalchik sich das hatte ins Englische übersetzen lassen. «Uns hat keiner gefragt», war die spontane Reaktion des Meisterschaftsführenden und schaute sich bei den ebenfalls verdutzt dreinschauenden Superbike-Kollegen um. «So was kann ja immer wieder passieren. Das ist schade, dass von der Rennleitung keiner die Superbike-Piloten gefragt hat. Wir durften nicht mitentscheiden. Ich habe mir die Stellen angeschaut. Ja, da war eine Ölspur, aber das war für mich kein Grund abzusagen. Für mich bedeutet das einen Verlust von möglichen Punkten.» Auch das Seufzen seines Teamkollegen Julian Puffe war nicht zu überhören. «Warum durften wir kein extra Warm-up fahren?», so die Frage des Schleizers in die Runde.
Ein paar Boxen weiter war man da schon am Einpacken. «Wir fahren nicht», erklärte schon im Vorfeld Marc Moser vom Team MGM Performance. Auch Teambesitzer Robert Eby hatte schon vorab entschieden, auf Lauf 2 zu verzichten. In dem neuen Team sind Tim Eby und Jan Bühn unterwegs. Der verletzte Bühn wurde in Zolder von Dominik Vincon ersetzt und der bescherte dem Team den ersten Podestplatz. «Das Risiko ist zu groß», lautete die Entscheidung des Chefs. «Es geht mir klar um die Gesundheit der Jungs und nicht ums Material. Tim ist noch ein Rookie und mit Dominik hatten wir schon einen traumhaften Erfolg.»
Werner Daemen, als Teamchef und Mitverantwortlich bei der ausrichtenden Motorsportschool Zolder, drückte sich wie immer diplomatisch aus. «Das war ein demokratisches Urteil der Supersport-Piloten», formulierte er in Zolder die Lage nach der Absage des 600er-Rennens. «Ich sehe ein, dass die Strecke zu dem Zeitpunkt nicht sauber genug war. Eines verstehe ich dann allerdings nicht. Die Strecke wurde erneut gereinigt und dann hat man die Piloten des Boxer-Cup rausgeschickt. Das sind die Unerfahrensten im ganzen Feld. Die Top-Piloten wie Arie Vos, Nate Kern und Bram Lambrechts haben anschließend gesagt, es geht. Doch die unerfahrenen Piloten haben dann entschieden.»
Im Internetforum racing4fun.de war der IDM-Lauf in Zolder am Rennsonntag ebenfalls ein Thema, denn Infos waren schwer zu kriegen. Michel78 schrieb: «Weiß jemand wie es dem Daniel Bergau geht? Sah auch nicht so schön aus, sein Sturz. War ja fast schon schaurig, wie das am Sonntag abging. Jedes Rennen Abbruch nach 1-2 Runden. Dann die fette Ölspur von dem Seitenwagencrash nach dem Sprunghügel. Dann rutscht der R6 Fahrer noch auf seinem eigenen Öl aus. Game over! Schade, war sonst echt ordentlich in Zolder.» Um 15.30 Uhr am Sonntag hatte sich nach geraumer Wartezeit Forumsmitglied Jellemann gemeldet: «Ist jemand von euch in Zolder und weiß, warum es die Verzögerungen im Zeitplan gibt?» Um 16.51 Uhr kam die Antwort von zx10speed: «Es gab unglaublich lange und mehrfach neue Ölspuren. Die Kehrmannschaften haben gekehrt, was das Zeug hält, damit beim Neustart 600er dann die nächste lange Ölspur kommt, in der Reinfahrrunde....das hält kein Zeitplan......»
Selbst MotoGP-Pilot Alex Rins zeigte sich betroffen. Er war extra nach Zolder gereist, um ihm Rahmen des 2.Europäischen Suzuki GSX-R Treffens die Teilnehmer in einer geführten Runde um die Strecke zu begleiten. «Schade, dass wir nicht fahren konnten», erklärte er beim Blick auf die Strecke. Immerhin schaute er gemeinsam mit Kollege Joan Mir in der Boxengasse vorbei, um sich die Wartezeit zu vertreiben.