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Kalex: Droht nach zwei Jahren erste Niederlage?

Von Günther Wiesinger
Jerez-Moto2-Sieger Alex Márquez auf Kalex

Jerez-Moto2-Sieger Alex Márquez auf Kalex

Seit April 2015 (Sam Lowes auf Speed-up in Texas) ist Kalex in der Moto2-WM ungeschlagen, 74 Siege wurden bereits eingefahren. Aber mit KTM und Suter wächst starke Konkurrenz heran.

Kalex engineering ist die dominierende Macht in der Moto2-WM: Zum vierten Mal in Serie wurde 2016 die Konstrukteurs-WM und die Fahrer-WM gewonnen. Kalex ist seit dem Texas-GP im April 2015 ungeschlagen – seit 38 Rennen, das ist die längste Siegesserie eines Fabrikats in irgendeiner GP-Klasse seit 1949.

Viele namhafte deutsche Motorradhersteller (DKW, Maico, Kreidler, MZ, Zündapp, Kramer, Simson, Münch und so weiter) sind längst untergegangen, doch Kalex eilt in der Moto2-WM seit Jahren von Sieg zu Sieg. 22 von 27 WM-Stammpiloten vertrauten in der Saison 2016 auf das deutsche Fabrikat. In diesem Jahr sieht es nicht viel anders aus.

Der deutsche Motorradhersteller Kalex engineering aus Bobingen beteiligt sich seit 2010 an der Moto2-Weltmeisterschaft. Das Unternehmen von Alex Baumgärtel (sein Vorname trägt vier Buchstaben zum Firmennamen bei) und Partner Klaus Hirsekorn (er steuert das K von Kalex bei) hat erstmals 2011 mit Stefan Bradl die Fahrer-WM gewonnen, danach 2013 mit Pol Espargaró, 2014 mit Tito Rabat, 2015 und 2016 mit Johann Zarco.

Am 18. Oktober 2015 feierte Kalex auf Phillip Island ein denkwürdiges Jubiläum: 50. Moto2-GP-Sieg dank Alex Rins. In Assen 2016 gab es bereits den 60. GP-Triumph zu feiern – dank Nakagami.

Beim Valencia-Finale im November 2016 jubelte Kalex über den 70. Moto2-Triumph, es war der 34. hintereinander, der letzte Nicht-Kalex-Erfolg geschah 2015 in Texas durch Speed-up-Fahrer Sam Lowes. Inzwischen hält Kalex bei 38 Siegen hintereinander, denn 2017 hat Franco Morbidelli die ersten drei WM-Rennen gewonnen, Marc-VDS-Teamkollege Alex Márquez triumphierte in Jerez.

Bereits Ende August 2015 in Silverstone hat das innovative Unternehmen Kalex den dritten Konstrukteurs-WM-Titel (nach 2013 und 2014) an seine Fahnen geheftet. Auch 2016 war den Schwaben der Triumph in der Marken-WM-Titel früh nicht mehr zu nehmen: Schon nach dem GP von Deutschland lag Kalex mit 225 Punkten uneinholbar auf Platz 1 vor Speed-up (88 Punkte) und Tech3 (mit 13 Punkten). Am Schluss gewann Kalex die Marken-WM 2016 mit 450 Punkten überlegen vor Speed-up (136), Tech3 (47) und Suter (6).

Unglaublich: Von den Top-15-Fahrern in der Moto2-WM-Tabelle 2016 sassen 14 Piloten auf Kalex-Maschinen. Bester Nicht-Kalex-Fahrer war Simone Corsi (auf Speed-up) als WM-Zehnter.
Deutlicher lassen sich die Vorzüge und die drückende Überlegenheit deutscher Ingenieurskunst nicht zur Schau stellen.

Schon die Moto2-WM-Saison 2014 war überaus erfolgreich für Kalex. Erstmals fuhren damals die Top-3-Piloten der WM-Gesamtwertung auf Kalex, es wurden 14 Saisonsiege errungen in 18 Rennen, einer mehr als 2013, als 17 Wettbewerbe stattfanden. Nur vier Moto2-GP-Siege 2014 gingen an die Kalex-Rivalen Suter (Lüthi 2x, Aegerter 1x) sowie Speed-up (West 1x).

Die Dominanz in der Saison 2015 fiel noch deutlicher aus: Kalex gewann 17 von 18 Rennen, nur der Triumph von Sam Lowes auf Speed-up in Texas fiel buchstäblich aus dem Rahmen und vereitelte die totale Vorherrschaft. Aber: Von 54 möglichen Podestplätzen 2015 hat Kalex 49 errungen! Nur Sam Lowes (ein Sieg, einmal Zweiter, dreimal Dritter) betätigte sich fünfmal als Kalex-Störenfried.

Die Bilanz in der Saison 2016 sieht ähnlich aus: Von den 54 Podestplätzen hat Kalex nicht weniger 51 sichergestellt! Corsi besorgte zwei für Speed-up, Julián Simón einen.

Auch in der Moto3-WM hat Kalex Erfolge vorzuweisen: Der inzwischen tödlich verunglückte Luis Salom gewann 2012 zwei WM-Rennen auf der Kalex-KTM, Jonas Folger eines.

Aus der Moto3-WM zog sich Kalex Ende 2014 zwangsweise zurück, weil KTM keine Motoren mehr liefern, sondern alle Fahrer mit den hauseigenen Gitterrohrstahlrahmen ausrüsten und keine anderen Chassis mehr homologieren wollte.

Die MotoGP-Bemühungen von Kalex wurden im Sommer 2014 ebenfalls ad acta gelegt. Die Moto2-Teams von Marc VDS und Sito Pons hatten überlegt, für 2015 Yamaha-M1-Motoren in Kalex-Chassis zu stecken. Immerhin baut Kalex jetzt die Schwingen für die MotoGP-KTM RC16.

Die bisher 74 Moto2-GP-Siege von Kalex:

2017: 4
2016: 18
2015: 17
2014: 14
2013: 13
2012: 4
2011: 4

Übrigens: Kalex hat am 20. März 2011 in Katar mit Stefan Bradl den ersten GP-Sieg gefeiert.

In der Saison 2016 siegten Zarco (7x), Rins (2x), Lowes (2x), Lüthi (4x), Folger (1x), Nakagami (1x) und Baldassarri (1x) auf Kalex.
Folgende Fahrer haben Beiträge für die 74 Moto2-GP-Siege von Kalex geleistet: Zarco (15), Rabat (13), Pol Espargaró (10), Lüthi (5), Bradl (4), Viñales (4), Rins (4), Kallio (4), Redding (3), Folger (3), Morbidelli (3) Lowes (2) Siméon (1), Nakagami, Baldassarri und Alex Márquez (je 1).

Diese bemerkenswerten Erfolge machen sich auch bei den Stückzahlen bemerkbar: Fuhren 2014 noch 14 Kalex im Moto2-WM-Feld, traten in der WM-Saison 2015 bereits 22 von 31 Stammfahrern auf Kalex an. 2016 rückten 22 von 27 Stammpiloten auf Kalex aus, 2017 ist es nicht anders.

Aber das Quasi-Monopol von Kalex in der Moto2-WM gerät ins Wanken: Miguel Oliveira liegt mit der neuen Red Bull-KTM nach zwei Podestplätzen und vier Rennen 2017 in der WM-Tabelle hinter Morbidelli und Lüthi an dritter Stelle. Und Aegerter und Schrötter haben mit der neuen Suter MMX2 bereits Top-6-Ergebnisse erzielt. Die Einschläge kommen näher...

Kalex hat seit Texas 2015 (Sam Lowes auf Speed-up) keinen WM-Lauf mehr verloren, die Deutschen sind also seit zwei Jahren unbesiegt. 2016 war die erste Moto2-Saison ohne einzige GP-Niederlage für die Mannschaft aus Bobingen! 2017 könnte die zweite werden.

Aber wie gesagt: Der Wettbewerb ist wieder spannend geworden. KTM rüstet 2017 exklusiv das Ajo-Motorsport-Team aus, für das Zarco 2015 und 2016 Weltmeister auf Kalex wurde. KTM tritt mit (dem noch verletzten) Moto3-Weltmeister Brad Binder und dem starken Portugiesen Miguel Oliveira an. Suter kehrte 2017 mit vier Fahrern zurück: Aegerter, Kent (er wird durch Tarran Mackenzie ersetzt), Cortese und Schrötter.

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