Formel 1: Max Verstappen ist Champion

Die 50-ccm-Parade in Assen: Leckerbissen für die Fans

Kolumne von Oliver Feldtweg und Günther Wiesinger
Unmittelbar nach dem MotoGP-Krimi mit den 280 PS starken 1000-ccm-Raketen entzückten etliche in die Jahre gekommenen 50-ccm-Fahrer die Fans in Assen. Sie mussten mit 22 PS um die Wette fahren!

Die Akteure sind ein bisschen grauhaarig und rundlich geworden, aber sowohl die ehemaligen Weltklassepiloten als auch ihre 50-ccm-Rennmaschinen, man nannte sie «Tiddler», waren am Sonntag in Assen bestens in Schuss.

Zum Andenken an den niederländischen Rennfahrer Paul Lodewijkx und die Jamathi, auf der er vor genau 50 Jahren (am 26. Juni 1968) beim Dutch TT in Assen das 50-ccm-Rennen gewann, wird beim Rennen in Assen eine 50-ccm-Paraderunde gefahren. Die Runde wurde um 15.10 Uhr gestartet, direkt nach dem MotoGP-Rennen.

Paul Lodewijkxs Sieg in Assen ist aus mehreren Gründen ein historischer. Es war nicht nur der erste Grand Prix, der von einem Niederländer in Assen gewonnen wurde, sondern auch das Motorrad stammte aus seiner Heimat.

Der Name des selbstgebauten Motorrads «Jamathi» ist eine Zusammensetzung aus den Namen JAn THIel und MArtin Mijwaart.

Die beiden niederländischen Rennfahrer haben das 50-ccm-Bike designt und gebaut. Die Zusammenkunft 1965 mit Paul Lodewijkx hat das «Jamathi-Trio» komplett gemacht und geprägt. Das Trio baute die Motorräder mit wenig Budget in einer kleinen Hütte in einem Dorf namens Nederhorst den Berg, aber sie schafften es trotzdem, mit der Spitze mitzuhalten und Erfolge zu feiern.

Lodewijkx komplett unerwarteter Sieg am Dutch-TT war der Beginn einer außergewöhnlich erfolgreichen Phase für die niederländischen 50-ccm-Fahrer und Hersteller. Den Sieg sicherte sich Lodewijkx, nachdem er den deutschen Weltmeister Hans-Georg Anscheidt auf einer Werks-Suzuki direkt vor der Ziellinie sensationell überholt hatte.

Nicht nur Jamathi hatte Erfolg mit Fahrern wie Paul Lodewijkx und später mit Aalt Toersen und Theo Timmer. Van Veen-Kreidler holte mit Jan de Vries 1971 und 1973 den Titel in der 50-ccm-Weltmeisterschaft, Henk van Kessel gewann die Krone 1974 auf demselben Fabrikat.

Ein paar technische Daten: Ing. Jörg Möller aus Essen kitzelte 1968 ca. 14 PS bei 14.000/min aus der van Veen-Kreidler. Zehn Jahre später leistete der Zweitakt-Einzylinder bereits 22,5 PS bei 17.000/min. Die Rennmaschinen wogen ca. 80 kg. Eugenio Lazzarini schaffte mit seiner 50-ccm-Maschine auf der Vollgasstrecke in Spa-Francorchamps bis zu 210 km/h.

Aber Herbert Rittberger sagte damals: «In Spa könnte man die WM-Punkte für die 50-ccm-Klasse auch auf dem Prüfstand vergeben.» Denn auf der 14 km langen Piste mussten die 50er-Fahrer das Gas nur zweimal zudrehen.

Zwei Mitglieder des Jamathi-Trios, Lodewijkx und Mijwaart, erwartete 1988 ein tragisches frühes Ende. Lodewijkx wurde Opfer einer verhängnisvollen Art von Epilepsie nach einem Motorradunfall auf der Straße 1969, was das Ende seiner Karriere bedeutete. Als er alleine segeln war, erlitt er einen epileptischen Anfall, fiel vom Boot und ertrank. Der Sieger der Dutch-TT 1968 starb im Alter von 41 Jahren.

Martin Mijwaart erlag mit 46 Jahren einem Krebsleiden. Beide starben also viel zu jung.

Nach seiner Zeit mit Jamathi, die bis 1975 dauerte, zog Jan Thiel, der kürzlich 78 Jahre alt wurde, ins Ausland, um Motorräder für spanische und italienische Werke zu bauen. Er begann bei Piovaticci, bevor er zu Bultaco, Minarelli, Garelli, Aprilia und schließlich zu Derbi wechselte. Ende 2007 ging Thiel in Pension und zog mit seiner Frau Nim in ihre Heimat nach Thailand.

Obwohl der niederländische Zweitakt-Ingenieur ein bescheidener Mann ist, kann er stolz auf einen unglaublichen Rekord im Rennsport zurückblicken. Die Motorräder, die er baute, gewannen insgesamt 51 Weltmeisterschaften (25 Konstrukteurs- und 26 Fahrer-WM-Titel) und er spielte eine bedeutende Rolle in ungefähr 300 GP-Siegen. Die GP-Sieger und Weltmeister, mit denen Thiel arbeitete, sind unter anderem Ángel Nieto, Fausto Gresini, Luca Cadalora, Valentino Rossi, Jorge Lorenzo und Marc Márquez.

Leider konnte Thiel gesundheitsbedingt nicht von Thailand nach Holland reisen, um die 50-ccm-Paraderunde während der 88. Dutch-TT in Assen mitzuerleben. Die Jamathi, die vor genau 50 Jahren in Assen siegreich war, war aber vor Ort zu bewundern.

Übrigens: Wegen der kleinen Kolben der 50-ccm-Einzylinder wurde die kleinste Kategorie damals als «Schnapsglasklasse» bezeichnet.

Folgende Fahrer und Motorräder nahmen an der Paraderunde teil:

Jan de Vries, van Veen-Kreidler, Startnummer 1

Geboren: 5. Januar 1944 in Sint Jacobiparochie, NL

Der Friese ist der erfolgreichste niederländische Motorradfahrer in den Soloklassen. Er gewann insgesamt 14 Grand Prix und zwei 50-ccm-Weltmeistertitel (1971 und 1973). Er fuhr während seiner ganzen Karriere für den niederländischen Kreidler-Importeur Henk van Veen. Der bescheidene Nordländer war nicht nur ein aussergewöhnlicher Rennfahrer, sondern auch ein talentierter Ingenieur. Nachdem er sich nach der Saison 1973 als Fahrer aus dem Rennsport zurückgezogen hatte, arbeitete er an den 50-ccm-van-Veen-Kreidler-Werksmaschinen. 1974 war Weltmeister Henk van Kessel damit unterwegs, 1975 wurde Ángel Nieto mit demselben Motorrad in der kleinsten Klasse Weltmeister.

Das Einzige, was Jan de Vries als Rennfahrer nie gelang, war ein Sieg an der Dutch-TT in Assen. Er wurde dreimal Zweiter, nämlich 1969, 1970 und 1972. Damals sah es aus, als würde er gewinnen, aber in der letzten Runde brach ihm ein Kolbenring, wodurch er Power verlor. Das zwang ihn, den Sieg seinem Erzrivalen, dem Spanier Ángel Nieto, zu überlassen.

Henk van Kessel, van Veen-Kreidler, Startnummer 24

Geboren: 25. Juni 1946 in Mill, NL

Henk van Kessel startete 1967 seine Rennsportkarriere. Er fuhr seinen ersten Grand Prix 1972 und seinen letzten 1986. Der größte Erfolg seiner Karriere gelangt ihm 1974, als der Mann aus Brabant, der insgesamt sieben Grand-Prix-Siege holte, in der 50-ccm-Klasse Weltmeister wurde. Dieser Triumph gelang ihm auf einer van Veen- Kreidler, gebaut von Jan de Vries. In diesem Jahr gewann Henk sechs von allen zehn 50-ccm-Grand-Prix. Leider ging er in Assen leer aus, wo er Deutsche Herbert Rittberger ihn überholte und überraschenderweise siegte.

Van Kessel war ein begabter Ingenieur, zusätzlich zu seinem Rennfahrtalent. Er baute selbst mehrere Motorräder. Das berühmteste davon ist die 125-ccm-AGV-Condor, mit der er in der 125-ccm-WM Vierter wurde. Neben 25 Grand-Prix-Podiumsplätzen und sieben niederländischen Meisterschaften stellte der Mann aus Mill mehrere Geschwindigkeitsrekorde sicher.

Aalt Toersen, Jamathi, Startnummer 16

Geboren: 6. November 1945 in Rouveen, NL.

Aalt Toersen wurde vom Kreidler-Importeur Henk van Veen ausgewählt, um mit Jan de Vries das 50-ccm-Rennteam von van Veen zu bilden. Er gewann 1969 die ersten drei Grand Prix der Saison und es sah aus, als würde er der erste niederländische Road Racing-Weltmeister aller Zeiten werden.

Aber im letzten Rennen der Saison entschied der Spanier Ángel Nieto auf der Derbi die WM für sich.

Nachdem Paul Lodewijkx bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wurde, bekam Toersen dessen Platz im Jamathi-Team für die Saison 1970. Der kleine Fahrer aus Staphorst gewann drei Grand Prix in diesem Jahr und wurde erneut Zweiter in der WM hinter Nieto. Nachdem Paul 1968 und 1969 bei der Dutch-TT jeweils Platz 3 erobert hatte, wurde er in Assen als Nachfolger seines Landmanns Lodewijkx gehandelt. Aber nachdem er eine äusserst schnelle Rundenzeit während des Trainings gefahren war, stürzte er in der ersten Kurve des Rennens. Er stellte seine Jamathi wieder auf und fuhr als Fünfter über die Ziellinie.

Theo Timmer, Bultaco, Startnummer 7

Geboren: 6. März 1949 in Amsterdam, NL.

Der in Amsterdam geborene Timmer testete 1970, damals als Testfahrer, auf Anraten von Jan Thiel und Martin Mijwaart eine 50-ccm-Jamathi. Das war der Beginn einer sehr langen und erfolgreichen Rennkarriere. 1971 wurde Timmer niederländischer 50-ccm-Meister auf der Jamathi, mit der Paul Lodewijkxs 1968 die Dutch-TT in Assen gewonnen hatte.

Ein Jahr später machte Timmer sein GP-Debüt bei der Dutch-TT. Er fuhr danach bis 1987 jedes Jahr beim WM-Rennen in Assen mit.

Der fröhliche Niederländer startete 16 Mal nacheinander bei der Dutch-TT in der kleinsten Klasse (zuerst 50 ccm und ab 1984 80 ccm). Auch in der 125-ccm-Klasse war er beim Heim-GP einige Male dabei. Sein bestes Resultat bei der Dutch-TT war ein zweiter Platz 1973.

Timmer, der wie so viele andere 50-ccm-Fahrer ein talentierter Ingenieur war, gewann zwei Grand Prix auf der Jamathi. Er war der schnellste Mann beim ostdeutschen Grand Prix 1972 auf dem Sachsenring und wiederholte diesen Erfolg ein Jahr später in Deutschland. Nachdem er während dieser beiden Jahre jeweils Dritter in der WM wurde, beeindruckte Timmer 1981 erneut. Er fuhr mit einer 50-ccm-Bultaco, die er selbst gebaut und vorbereitet hatte.

Damit gewann er nicht nur den tschechoslowakischen Grand Prix, sondern er wurde auch WM-Zweiter hinter dem spanischen Bultaco-Werksfahrer Ricardo Tormo.

Jos Schurgers, van Veen-Kreidler, Startnummer 19)

Geboren: 18. Februar 1947 in Haarlem, NL.

Jos Schurgers wurde 1968 beim Dutch-TT, das Paul Lodewijkx gewann, Fünfter. Er fuhr eine J.S. Kreidler, die er selbst vorbereitet hatte. Zwei Jahre später wurde er von Van Veen Kreidler angestellt, damit er den leeren Sitz von Aalt Toersen übernehmen konnte und somit Partner von Jan de Vries wurde. Schurgers war nicht nur ein Rennfahrer, sondern er half auch, die Motorräder zu bauen, mit denen De Vries 1971 und 1973 50-ccm-Weltmeister wurde. 1971 war seine beste Saison in der «Shot Glass Class», wie die 50-ccm-Klasse manchmal genannt wurde. Er wurde Dritter beim Dutch TT in Assen und dann ebenfalls Dritter in der Weltmeisterschaft. Da kein Platz für ihn im van-Veen-50-ccm-Team war, baute Schurgers sein 125-ccm-Bike mit dem deutschen Ingenieur Jörg Möller. Als Basis benutzte er einen Bridgestone-Motor. Das war ein Erfolg, da er seinen einzigen Grand Prix auf diesem Motorrad in Spa- Francorchamps in Belgien gewann und WM-Dritter wurde.

Ángel Nieto Junior, Derbi, Startnummer 12+1

Der größte Rivale jedes niederländischen 50-ccm-Rennfahrers war zweifelsohne Ángel Nieto. Seine Kämpfe gegen Jan de Vries waren beispiellos und werden als Legenden erzählt. Der Spanier hat nicht nur insgesamt 90-Grand-Prix-Siege gefeiert, sondern er hat auch 13 Weltmeisterschaften gewonnen.

Nieto war ein abergläubischer Mann und sprach nie davon, 13 Titel geholt zu haben, sondern 12 + 1. Nieto ist der zweiterfolgreichste Motorradrennfahrer aller Zeiten, nach Giacomo Agostini (15 WM-Titel und 122 GP-Siege).

Aber Nieto liegt in Assen vor Agostini, da er dort 15 Siege geholt hat und der Italiener «nur» 14.

Nieto, wegen seines knabenhaftes Wuchses genannt «El Niño» («das Kind»), spielte auch nach seinem Ende als Rennfahrer eine wichtige Rolle im Grand-Prix-Sport. Tragischerweise starb Ángel Roldan Nieto, geboren am 25. Januar 1948 in Zamora in Spanien, am 3. August letzten Jahres an den Folgen eines Verkehrsunfalls, dem er ein paar Tage zuvor unschuldig zum Opfer gefallen war.

Als Tribut sollte einer seiner Söhne, entweder Ángel Junior «Gelete» oder sein drei Jahre jüngerer Bruder Pablo auf einer Derbi, die einst von ihrem Vater Ángel gefahren wurde, bei der Paraderunde teilnehmen. Die Wahl fiel auf Ángel junior.

Sowohl die Motorräder der Fahrer, die bei der Paraderunde teilnahmen, als auch alle acht Jamathi-50-ccm-Bikes, die zwischen 1965 und 1974 gebaut wurden und sich immer noch in den Niederlanden befinden, wurden beim Jamathi-Club-Stand im Paddock bei der Dutch-TT in Assen präsentiert.

Unter den ausgestellten Motorrädern war auch der 50-ccm-Suzuki-Twin mit insgesamt 14 Gängen zu sehen, die von Hans- Georg Anscheidt gefahren wurde, der 1968 in Assen von Jamathi-Pilot Paul Lodewijkx besiegt wurde. Die beiden Motorräder standen zum ersten Mal seit 50 Jahren nebeneinander! Ein einzigartiges Vorkommnis.

Alle Fahrer, die an der Paraderunde teilnahmen, standen auch beim Jamathi-Club-Stand für Fotos und Interviews bereit. Der Stand befand sich im Paddock direkt auf der linken Seite, wenn man durch den Tunnel kam.

Siehe auch

Kommentare

MotoGP-Innovationen: Wir sollten den Wahnsinn feiern

Von Michael Scott
In der MotoGP dienen technische Innovationen dazu, die Bikes schneller zu machen. Der normale Motorradfahrer hat im Alltag wenig davon, oft werden Innovationen durch die Vorschriften sogar verhindert.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • So. 24.11., 23:35, NDR Fernsehen
    Drifting Woman - Die Speedwayfahrerin Celina Liebmann
  • Mo. 25.11., 00:10, Motorvision TV
    Motorradsport: FIM Superenduro World Championship
  • Mo. 25.11., 00:40, Motorvision TV
    King of the Roads
  • Mo. 25.11., 01:30, Hamburg 1
    car port
  • Mo. 25.11., 04:15, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Mo. 25.11., 05:05, Motorvision TV
    Motocross: FIM-Weltmeisterschaft
  • Mo. 25.11., 05:20, ORF 1
    Formel 1: Großer Preis von Las Vegas
  • Mo. 25.11., 05:35, Motorvision TV
    FastZone
  • Mo. 25.11., 06:00, Motorvision TV
    Superbike: Australian Championship
  • Mo. 25.11., 07:50, Motorvision TV
    King of the Roads
» zum TV-Programm
6.762 20111003 C2411212014 | 5