MotoGP: Große Veränderungen bei KTM

GP-Piloten aus den USA: Der Nachschub ist versiegt

Von Günther Wiesinger
Nicky Hayden und Stefan Bradl: Jetzt in der Superbike-WM

Nicky Hayden und Stefan Bradl: Jetzt in der Superbike-WM

Seit Nicky Haydens Umstieg in die Superbike-WM steht der GP-Sport ohne Fahrer aus den USA da – in allen drei Klassen. Und es zeichnet sich keine Besserung ab.

America First. Ja, zumindest in der Motorrad-GP-Weltmeisterschaft hat der Trump-Begriff «America First» keine Bedeutung. Im Jahr 2016 kam es zum ersten Mal seit 1975 vor, dass kein US-Fahrer in irgendeiner GP-Klasse als Stammfahrer dabei war.

Kleine Ausnahme: Nicky Hayden sprang in Aragón für Jack Miller (Marc VDS Honda) und in Phillip Island für Dani Pedrosa (Repsol-Honda) ein.

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind in der Ewigen Bestenliste der GP-Sieger-Nationen längst durch Jack Millers Triumphe (Moto3 und MotoGP) den Australiern übertroffen worden. Amerika hält jetzt bei 173 GP-Siegen – 154 in der 500 ccm/MotoGP, 19 in der 250-ccm-WM.

In der seit 2002 bestehenden MotoGP-Ära der Viertakter mit 990 ccm (bis Ende 2006) und 800 ccm (bis Ende 2011) sowie der neuen 1000-ccm-Bikes hat Amerika nur zwei GP-Sieger präsentiert: Nicky Hayden siegte in Laguna Seca 2005 und 2006 in Assen und Laguna Seca, Ben Spies in Assen 2011.

Dabei haben die Amerikaner einst in der Königsklasse nach Belieben dominiert: Kenny Roberts gewann die 500er-WM 1978, 1979, und 1980, dann Freddie Spencer 1983 und 1985; Eddie Lawson gewann die Titel 1984, 1986, 1988 (dreimal auf Yamaha), ehe er 1989 auf Rothmans-Honda zum vierten Mal triumphierte. Danach folgte die Ära mit Wayne Raineys Titelgewinnen 1990, 1991 und 1992, im Jahr 1993 gewann Kevin Schwantz auf Suzuki die 500-ccm-Weltmeisterschaft. Und im Jahr 2000 eroberte Kenny Roberts junior die 500er-WM auf Suzuki.

Das heisst: Innerhalb der 16 Jahre von 1978 (Roberts) bis 1993 (Schwantz) räumten die Amerikaner elf von 16 Titelgewinnen in der «premier class» ab.

Dazu kamen US-Stars wie Pat Hennen, Mike Baldwin, Doug Chandler und Randy Mamola, die nie Weltmeister wurden. Aber allein Mamola gewann 13 Halbliter-GP.

In den letzten zehn Jahren gingen die Amerikaner in punkto MotoGP-WM-Titel leer aus. Zuletzt hielt Nicky Hayden der australisch-europäischen Phalanx stand – er gewann die MotoGP-WM 2006 auf der Repsol-Honda gegen Rossi.

Es besteht in absehbarer Zeit wenig Hoffnung auf Besserung: Nach dem Wechsel von Nicky Hayden in die Superbike-WM fuhr 2016 erstmals seit 40 Jahren kein Amerikaner in der Königsklasse mit. Und es ist weit und breit auch kein neues Talent in Sicht.

Die Liste der US-Sieger in der Königsklasse:
Lawson 31 Siege, Schwantz 25, Rainey 24, Roberts senior 22, Mamola 13, Roberts junior 8, Hayden 3, Hennen 3, Spies 1.

Während 2013 noch drei US-GP stattfanden, wurde für 2016 (nach Laguna Seca) auch Indianapolis vom Kalender gestrichen. Nur Austin/Texas blieb im Kalender.

In der Moto3-WM-Klasse ist überhaupt noch nie ein Amerikaner mitgefahren. In der Moto2-WM ruhten die Hoffnungen 2014 auf US-Superbike-Champion Josh Herrin, der jedoch im Caterham-Team auf der Suter schwer enttäuschte und noch vor dem Saisonende entlassen wurde.

Bisher gab es vor Herrin nur einen Amerikaner, der als Stammfahrer an der Moto2-WM teilnahm: Kenny Noyes mischte 2010 und 2011 mit und brachte es im ersten Jahr sogar zu einer Pole-Position in Le Mans.

Aber: Der 2015 beim CEV-Rennen in Aragón schwer gestürzte Noyes lebt seit seiner Kindheit in Spanien und gilt eher als Spanier.
Das beste Moto2-WM-Rennergebnis von Noyes war Platz 5 beim WM-Finale 2011 in Valencia.

Noyes hat es immerhin auf 34 Starts in der Moto2-WM gebracht.
Die mittlere Hubraumklasse (250 ccm/Moto2) war nie ein übermächtiges Spielfeld für die US-Amerikaner. John Kocinski hat neun GP-Siege errungen, Freddie Spencer 7, Kenny Roberts senior 2 und Jim Filice 1.

Bisher haben erst zwei amerikanische Fahrer den Mittelgewichts-WM-Titel gewinnen: Freddie Spencer auf Honda 1985, John Kocinski auf Yamaha 1990.

Einer der ganzen grossen US-Helden will jetzt der Dorna helfen, amerikanischen Nachwuchs nach Europa zu bringen. Wayne Rainey ist seit 2015 Promoter der US-Serie «Moto America».

Seither gilt Cameron Beaubier als Kandidat für einen GP-Vertrag, aber es klappte auch für 2017 nicht. Der Viertakt-Spezialist und US-Champion ist inzwischen 24 Jahre alt. Er bestritt 2007 und 2008 den Red Bull Rookies-Cup und verdiente sich damals einen Werksvertrag im Red-Bull KTM-125-Team für 2009, ehe er mangels GP-Erfolgen in die US-Meisterschaft zurückkehrte.

Im europäischen Red Bull Rookies-Cup nimmt mit Sean Kelly ein Amerikaner das zweite Jahr teil. «Es gibt keinen großen Andrang aus Amerika», hält Rookies-Cup-Manager Peter Clifford fest. «Die jungen Fahrer haben in den USA wenig Möglichkeiten. Es fehlt an Pocket-Bike-Racing, es gibt keine Kategorien wie PreGP. Es ist dasselbe Problem wie in vielen anderen Ländern. Mit JD Beach im Jahr 2008 und Jake Gagne 2010 hatten wir aber schon zwei amerikanische Gesamtsieger.»

Aber für eine GP-Karriere hat es bei beiden Talenten nicht gereicht.

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