Pit Beirer (KTM): «Wir testen zu viel bei den Rennen»
Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM, will vorläufig die Verpflichtung von Johann Zarco für die MotoGP-Jahre 2019 und 2020 nicht offiziell bestätigen.
Trotzdem gab er vor dem Jerez-GP interessante Auskünfte zur aktuellen Situation von Red Bull-KTM in der Königsklasse.
Red Bull-KTM hat von der Dutch-TT in Assen 2017 bis zum WM-Finale in der MotoGP-Klasse immer einen Fahrer zwischen Rang 9 und 11 ins Ziel gebracht. Pol Espargaró, Smith und Kallio erledigten diese Aufgaben.
Pol Espargaró fuhr in Brünn und Phillip Island sogar zwei neunte Plätze heraus.
In diesem Jahr blieb KTM in Doha punktelos, Pol Espargaró hat zuletzt in Las Termas und Austin einen elften und einen 13. Platz erkämpft. Smith steht nach drei Rennen ohne Punkte da. Trotzdem sind bei den Orangen Fortschritte zu erkennen.
Teammanager Mike Leitner stellte nach dem harzigen Saisonstart fest, es sei keine Selbstverständlichkeit, dass man in der MotoGP in der neuen Saison auf dem Niveau einsteigt, auf dem man im November aufgehört hat.
Diese Aussage scheint sich zu bewahrheiten. Die Verletzung von Pol Espargaró hat Red Bull KTM bei der Entwicklung der RC16 klar zurückgeworfen.
Pit, in Texas war KTM am Freitag abgeschlagen, am Samstag steigerte sich Pol Espargaró eklatant, er gewann das Q1 und kam sogar ins Qualifying 2. Aber es fehlt die Konstanz. Pol ist von seinem Ziel weit entfernt, er wollte 2018 um die Top-5 und Top-6 fighten.
Ja, also egal, wer nächstes Jahr unser neuer Fahrer ist, wir müssen uns steigern, das ist ganz klar. Und vor allem müssen wir stabiler werden.
Denn es macht unsere Situation sehr schwierig, wenn wir im FP3, kurz bevor es richtig ernst wird, gerade noch die Kurve kriegen und im letzten Moment einigermaßen schnell werden.
Es kommt natürlich sehr viel Unruhe ins Team, wenn du am Freitag so langsam bist und keiner das nötige Vertrauen gewinnt.
Unser Problem: Wir testen noch zu viel bei den Rennen.
Dann drückst du in den freien Trainings zwei, drei Sachen durch, die getetet werden, das eine Teil ist besser, das andere schlechter. Der Fahrer muss daneben auch das zweite Motorrad abstimmen, damit dieses auch funktioniert. So kann sich der Fahrer nicht auf seine Hauptaufgabe konzentrieren, nämlich im GP-Training schnelle Rundenzeiten hinzulegen. Die Gegner gehen raus, hämmern Rundenzeiten und kämpfen von Anfang an um die Positionen, um die es beim Rennfahren eigentlich geht.
Wir sind Neulinge und testen zu viel bei den Grand Prix. Wenn wir dann das Testen am Freitagabend beenden und entscheiden, welche Komponenten für den Samstag eingebaut werden, dann sind wir eh wieder dort, wo wir momentan fahren können, dann geht es wieder.
Pol hat im Texas-Qualifying einen sauberen zwölften Startplatz herausgefahren. Das ist die Wahrheit. Das ist die Position, wo wir sein können, wenn es normal läuft. Aber wenn es am Freitag nicht ganz normal läuft, weil wir neue Teile probieren, sind wir halt gleich wieder zwei Sekunden von der Spitze weg.
Ich muss trotzdem ein positives Resümee ziehen: 2017 war unser schnellster MotoGP-Fahrer im Texas-Qualifying 3,5 Sekunden hinter der Pole, jetzt waren es 1,5 Sekunden, wenn wir die Bestzeit von Pol im Q1 hernehmen.
Es geht weiter bergauf. Aber die Konkurrenten warten nicht auf uns.
Deshalb zurück zu deiner Eingangsfrage: Ja, wir müssen uns steigern, um für bessere Ergebnisse 2018 gewappnet zu sein.
Wenn das Team am Freitag bei den Rennen so viel ausprobiert, bekommt Pol Espargaró die meiste Testarbeit aufgehalst?
Ja, ja. Bisher war es so.
Er fordert mehr. Aber wir müssen hier unsere Strategie ein bisschen ändern.
Denn wir haben im Vorjahr dauernd neue Teile zu den Grand Prix gebracht, und sie waren fast immer auf Anhieb besser.
Jetzt befinden wir uns in einem Bereich, wo nicht mehr jedes Teil das wir an die Strecke schaffen, auch eine Verbesserung bedeutet. Und Pol fordert das so extrem.
Die Techniker freuen sich natürlich sehr, wenn ein Fahrer neue Teile probieren will. Aber es bringt zu viel Unruhe rein.
Bradley Smith ist in dieser Hinsicht fast ein bisschen abgebrühter. Er sagt ungefähr: «Lasst mich in Ruhe mit dem Zeug, ich stimme das Motorrad ab, das ich habe.» So bringt er bisher eine recht solide Leistung.
Du bist also froh, wenn mit Testfahrer Mika Kallio beim Jerez-GP ein dritter KTM-Fahrer mit einer Wildcard am Start steht?
Absolut. Denn es ist ja eigentlich die Aufgabe des Testfahrers, die wilden, neuen Dinge zu probieren.
Wir haben in Texas wieder Dinge probiert, die eigentlich zuerst noch ins Testteam gehört hätten. Diese Zeit nehmen wir uns oft nicht.
Also müssen wir mehr Geduld und Ruhe ins Geschehen reinbringen. Denn es ist nicht mehr so einfach, sich zu verbessern.