Pit Beirer (KTM): «Wo Risiken sind, gibt es Chancen»
In der MotoGP-Weltmeisterschaft 2019 bringt KTM erstmals vier Bikes an den Start: Zwei im Werksteam von Red Bull und zwei bei der Satelliten-Truppe Tech3.
Für das Werksteam hat KTM den Vertrag mit dem Spanier Pol Espargaró bis Ende 2020 verlängert, neu hinzu kommt Johann Zarco, aktuell WM-Zweiter auf der Tech3-Yamaha.
SPEEDWEEK.com sprach mit KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer über den 27-Jährigen.
Pit, nach längeren Verhandlungen konntest du Johann Zarco verpflichten.
Ja, das war ein aufregender Moment für uns. Es ist schön zu sehen, dass ein Fahrer wie Johann unserem Projekt sein Vertrauen schenkt. Er gehört zu den Fahrern an der Spitze, zu uns zu kommen stellt nach wie vor ein Risiko dar. Er glaubt an die Zukunft unseres Projekts in diesem Fahrerlager. Mit Tech3 und Johann haben wir für die Zukunft ein starkes Paket.
Was ist das Risiko für einen Fahrer, wenn er bei euch unterschreibt?
Du musst dir ja nur unsere Resultate in den ersten Rennen anschauen und die der anderen Werksteams. Natürlich fragt sich jeder, wie weit es KTM bringen kann. Beantworten kann das niemand. Wenn du ein Risiko eingehst, gibt es auch immer eine Chance.
Wir haben allen Experten im Fahrerlager gezeigt, dass wir versuchen, die Sache sehr gewissenhaft anzugehen. Wir wollen es an die Spitze schaffen und lassen dafür nichts unversucht. Im Hintergrund haben wir ein komplettes Testteam, das ganze Werk steht hinter uns, das ist eine große Investition. Wenn uns die letzten Schritte gelingen, dann liegen wir vielleicht irgendwann einen kleinen Schritt vor anderen Werksteams.
Ich fühle mich für unsere Fahrer verantwortlich und will niemanden in ein Abenteuer stürzen. Wir möchten glückliche Fahrer haben.
Hast du Johann einen technischen Ausblick in die Zukunft gewährt, der ihn überzeugt hat?
Nicht wirklich, er ist Fahrer und kein Ingenieur. Ich vermute, ihn überzeugte eher der generelle Ausblick, unsere Bemühungen und wie wir das Projekt im Werk angehen. Wie hart wir arbeiten und wie viel Platz wir dem Rennsport im Werk einräumen. Das alles gab ihm das Vertrauen, dass wir es schaffen können.
Was für Rückmeldungen erwartest du von Zarco?
Wir haben schon vorher Projekte von Null aufgebaut, etwa das Supercross-Team in den USA. Es ist immer das Gleiche: Du musst mit deinem Team und deinem Motorrad einen Schritt nach vorne machen, dann bekommst du einen besseren Fahrer und dieser stellt andere Fragen. Wenn du Lösungen präsentieren kannst, wirst du besser.
Erfahrungen kann man nicht kaufen, man muss sie machen und hart dafür arbeiten. Das geht Schritt für Schritt und nicht über Nacht.
Ich bin mir sicher: Johann wird uns stärker machen, er wird die richtigen Fragen stellen.
Als ihr Zarco verpflichtet habt: Wolltet ihr einen Fahrer, der die Aussagen von Pol Espargaró bestätigt, oder einen, der euch in eine andere Richtung lenkt?
Wir suchten den bestmöglichen Fahrer, um mit ihm den nächsten Schritt zu machen. Natürlich einen Fahrer, der mit dem Team arbeiten und das Motorrad entwickeln will.
Das haben unsere jetzigen Fahrer auch getan, Pol und Bradley stießen aber in einem schwierigen Moment zu diesem Projekt, als wir keine Vergleiche hatten, dazu einen Gitterrohrrahmen und Federelemente von WP.
Jetzt haben wir ein gewisses Niveau erreicht und wollen einen Fahrer, der sich in unser Projekt einbringt, der kämpft und hart arbeitet. All das sehen wir in Johann. Man muss sich ja nur seine technischen Aussagen anhören. Er ignoriert alle Aussagen, mit welchem Modelljahr er unterwegs ist. Er fährt so schnell wie möglich und versucht sein Motorrad mit seinen Leuten zu verbessern.
Es gibt Momente, da müssen Fahrer damit aufhören, sich über die Technik den Kopf zu zerbrechen. Dann musst du den Lenker in die Hand nehmen und am Gasgriff drehen. Wir reden immer über die Motorräder, aber auch der Fahrer macht den Unterschied aus.
Zarco versucht die Yamaha so perfekt wie möglich wie Jorge Lorenzo in seiner Zeit dort zu fahren, dieser sehr spezielle Fahrstil ist der beste für dieses Motorrad. Wir sehen aber auch, dass dieser Stil von Lorenzo auf der Ducati nicht funktioniert. Besteht das Risiko, dass Johanns Stil für die KTM nicht passt?
Das größte Risiko als Motorrad-Hersteller ist allem voran, in die MotoGP-WM zu kommen. Alles was du hier tust, birgt Risiken.
Unser Anspruch ist, dass die Fahrer ihren Stil für unser Motorrad nicht ändern müssen. Wir wollen ein Motorrad bauen, das für viele Piloten passt.
Das ist ein Ziel – aber noch nicht erfüllt. Dem einen Fahrer liegt es besser als dem anderen, das ist bei einem Motorrad vielleicht immer so.
Ja, es gibt ein Risiko, aber das werden wir überwinden. Wir werden Johann glücklich machen, er wird auf unser Motorrad passen, da bin ich mir sicher.