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Stefan Bradl (HRC): «Der Grand Prix ist ein Geschenk»

Von Günther Wiesinger
Erstmals seit Valencia 2014 steuert Stefan Bradl in Brünn als Wildcard-Pilot von HRC wieder eine aktuelle Werksmaschine von Honda. Er ist neugierig auf seine Performance.

Nach dem 16. Platz beim GP von Deutschland als Ersatz von Franky Morbidelli auf der 2017-Marc-VDS-Honda ist Stefan Bradl jetzt gespannt auf das erste Kräftemessen mit den MotoGP-Rivalen in Brünn.

Denn der Bayer, 2008 in Brünn Sieger im 125-ccm-GP, wird diesmal auch im ersten freien Training dabei sein, zweitens setzt er eine 2018-Werksmaschine ein, und drittens hat er in den letzten drei Wochen nicht weniger als sechseinhalb Tage auf einer MotoGP-Maschine verbracht: 2,5 Tage in Sachsen, dann zwei in Motegi und letzte Woche zwei weitere Testtage in Jerez.

Stefan, wie beurteilst du die neue Honda RC213V, die von Marc Márquez als widerspenstige Bestie bezeichnet wurde?

Als ich im Januar erstmals nach meiner Superbike-Saison wieder auf die MotoGP-Honda steigen durfte, habe ich mich über gar nichts beklagt. Denn ich war froh, wieder eine MotoGP-Maschine fahren zu dürfen. ?Die Honda war im Winter in Sepang ein sehr konkurrenzfähiges Motorrad. ich konnte aber nicht so viel fahren wie gewünscht, weil meine Handverletzung rechts nach dem Portimao-Crash vom September noch nicht zu 100 Prozent ausgeheilt war.

Wir haben dann im März und April in Jerez getestet, da konnte ich mich besser an das Motorrad gewöhnen.?Aber Marc hat aus den letzten Jahren viel mehr Erfahrung mit dieser Maschine als ich.

?Fährst du hier am Brünn-Wochenende ein ähnliches Bike wie Marc und Dani? Oder hast du neue Komponenten, die getestet werden müssen im Hinblick auf 2019??

Die Motorräder sind ähnlich. Aber wir bilden das Testteam. Unsere Aufgabe wird es sein, die Performance zu zeigen, die wir bei den letzten zwei Tests erreicht haben. ?Wir testen hier keine verrückten neuen Sachen, nur die üblichen Testteile. ?

Für mich ist dieser Wildcard-Einsatz wie ein Geschenk. Ich kann hier abschätzen, auf welchem fahrerischen Niveau ich mich befinde – mit einem konkurrenzfähigen Motorrad. ?Ich kann hier rausfinden, wo mein persönlicher Level liegt. Ich möchte sehen, wo ich am Sonntag ins Ziel kommen kann. Darauf bin ich gespannt.

War es schwierig, vom Rennfahrer zum Testfahrer zu werden??

Eigentlich nicht.

Ich war seit 2006 im GP-Paddock. Das ist eine lange Zeit. Jetzt befinde ich mich in einer neuen Situation. ?Aber die Arbeit, die wir bei einem Test verrichten, unterscheidet sich nicht stark von der Aufgabe, die man als GP-Stammfahrer hat. Du redest über Motorräder und über die Technik. Du suchst nach den besten Teilen und nach der besten Performance. In dieser Hinsicht hat sich nicht viel geändert. ?Es ist jedenfalls schön, zurück im Paddock zu sein und sich auf der Piste mit den anderen Jungen matchen zu können. Ich freue mich auf den Wettkampf.

Ich arbeite seit einiger Zeit für ServusTV, ich war deshalb auch 2017 und in diesem Jahr regelmäßig im Fahrerlager, ich kenne alle Fahrer. ?ich freue mich wirklich auf das erste Training am Freitag. Der Brünn-GP ist ein Highlight für mich. Dann kommt noch Misano. Wir haben uns gewissenhaft vorbereitet.

Es macht mir wirklich Freude, dieses Motorrad zu fahren. Ich bin 2017 die Superbike-WM gefahren, das war eine schwierige Erfahrung für mich. Ich habe viel daraus gelernt. ?Denn in schwierigen Phasen lernt man am meisten. Ich bin älter geworden. Jetzt erledige ich meine Aufgabe als Testfahrer und bemühe mich, HRC zu helfen.

Da die Stammfahrer nur noch fünf private Testtage im Jahr absolvieren dürfen, hat die Rolle des Testfahrers an Bedeutung gewonnen. ?

Was sagst du über dein Jahr in der Superbike-WM? Wie schätzt du diese Serie ein??

Das ist eine ganze andere Meisterschaft. Im Vergleich zur MotoGP sind in der SBK die Unterschiede zwischen den einzelnen Herstellern viel größer. ?Leider existiert dort nur ein echtes Werksteam. Das ist Kawasaki, sie stecken alle Ressourcen in die Superbike-WM. Die anderen Hersteller strengen sich an, gegen Kawa mitzuhalten, aber sie stoßen dabei an ihre Grenzen.

Jonathan Rea dominiert die WM. Die anderen Werke haben Mühe, auf den Level von Kawasaki zu kommen.

Liegt das an Rea oder an Kawasaki??

Das ist eine gute, schlagkräftige Kombination. Kawasaki konzentriert sich seit fast zehn Jahren auf die Superbikes. Sie haben tadellose Arbeit geleistet.

Du bist seit 2014 keine MotoGP-Honda mehr gefahren. Wie stark hat sich das Motorrad seither verändert?

Ich habe gleich beim ersten Test in Sepang im Januar wieder gespürt – es ist immer noch eine Honda. Die Gefühle von 2014 sind gleich wiedererwacht – schon nach wenigen Runden. Es sind sofort die alten Erinnerungen hochgekommen.

Das Fahrverhalten, die Reaktionen, das Feeling mit dem Vorderrad, das Feeling beim Beschleunigung, das Getriebe, da war noch viel zu spüren, was ich von 2014 bei LCR gekannt habe. Sogar der Sound war ziemlich identisch. Das ist mir alles recht vertraut vorgekommen.

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