Pit Beirer (KTM): «Befreiungsschlag in Valencia»
Großer Jubel im KTM-Werksteam nach dem Podestplatz von Pol Espargaró in Valencia
Das Red Bull KTM Factory-Team erreichte in der ersten MotoGP-Saisonhälfte nicht die erhofften Resultate, auch wenn die Zeitrückstände geringer wurden. Pol Espargaró, 2017 immerhin zweimal Neunter in Brünn und Phillip Island, dazu Quali-Sechster in Australien, hingen die fünf elften Plätze im Juni bereits zum Hals heraus.
Aber es kam noch schlimmer: Der schnelle Spanier stürzte beim Sachsenring-GP im Rennen – und blieb dann bei sieben Grand Prix punktelos. Denn er verletzte sich in Brünn und Aragón, er war nach zwei Schlüsselbeinbrüchen mehrmals nicht wirklich fit, in England ersetzte ihn Loris Baz, aber das Rennen fiel ohnedies ins Wasser. Erst nach Platz 13 beim Japan-GP hing es wieder aufwärts. Und beim WM-Finale übertraf Pol Espargaró mit dem famosen dritten Platz alle Erwartungen.
Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM, blickt auf die Höhen und Tiefen der Saison 2018 zurück.
Pit, der Leidensdruck in der MotoGP-Klasse war 2018 manchmal sehr hoch. Du hast dich oft mit den Erfolgen in der Moto3- und Moto2-WM trösten müssen. Aber nach dem sechsten Startplatz in Valencia und den Rängen 3 und 8 durch Pol und Bradley im Regen-GP beim Finale – da warst du aus dem Häuschen. Damit hat keiner gerechnet.
Ja, ich bin schon ein sehr großer Optimist, glaube ich, aber auch ich bin in den Wochen und Monaten vor Valencia demütig geworden. Wir konnten nicht zum Finale fahren und denken: «Jetzt lief es die ganzen Wochen nicht, aber in Valencia wird es plötzlich gehen.» Es gab nämlich von unsere Seite keinen Grund für so eine Veränderung.
Pol hatte in Brünn so eine schwere Verletzung, er hat im Warm-up brutal eingeschlagen und hat im ersten Moment seine Arme und Beine nicht mehr gespürt. Da passiert schon mal was im Körper und im Kopf, an dem du ein paar Wochen knabberst.
Er war nimmer frei, er war nie frisch, er war immer müde, dem sind die Hände eingeschlafen. Wir haben halt mit Sachen gekämpft, die auf diesem Niveau ein MotoGP-Fahrer nicht haben darf.
Man hat bei Pol in Valencia komischerweise gleich in der ersten Runde gesehen, dass er Spaß hat beim Fahren. Er ist relativ locker auf dem Motorrad gesessen und hat das Motorrad einfach laufen gelassen. Dann ist er am Samstag im Nassen und im Trockenen in drei Trainings 7., 3. und 6. geworden.
Aber ihr habt bei KTM ab Misano wieder etliche neue Teile entwickelt. Denn für Johann Zarco sollte ein schlagkräftiges Paket beim Valencia-Test bereit sein.
Ja, wir haben im Herbst immer wieder ein paar Kleinigkeiten ans Motorrad gebracht, für das Chassis und speziell die neue WP-Vordergabel. Damit haben wir noch einmal einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Aber wir sind in Sepang auch schon damit gefahren.
Dort haben wir mit Pol bereits einen kleinen Durchbruch erlebt. Normalerweise haben alle unsere Fahrer bei Rennmitte gejammert, die Reifen bauen ab, die Zeiten werden langsamer, und wir verlieren drei, vier Positionen, genau zu diesem Zeitpunkt ist Pol in Malaysia im Rennen wieder schneller geworden. Er hat die Reifen und das Motorrad verstanden, er hat Spaß gekriegt. Und die Rundenzeiten sind besser geworden.
Das war so ein Aha-Erlebnis. Nach dem Rennen haben Teammanager Mike Leitner, Pol und sein Crew-Chief Paul Trevathan einstimmig gesagt: «Das Gefühl ist zurück.» Und mit diesem Gefühl und dieser Überzeugung im Kopf sind sie nach Valencia gereist…
In Sepang fiel Pol Espargharó mit einem Elektronikdefekt aus. Nicht zum ersten Mal 2018. So hatte die Saison schon in Katar für ihn begonnen. Ärgerlich.
Ja, es gab wieder ein Elektronikteil, das den Motor abgestellt hat. Das war auch in Katar der Fall.
Wir hatten da sicher eine Schwachstelle in unserem Elektroniksystem drin.
Aber wir hatten bereits beim Valencia-Test im November eine komplette neue Elektronik-Einheit. Wir denken, dass wir damit ein paar alte Probleme, die uns beschäftigt haben, hinter uns gelassen haben.