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Zwischenbilanz Aprilia: Warten auf Andrea Iannone

Von Manuel Pecino
Das Aprilia-Werksteam konnte in diesem Jahr einen klaren Fortschritt verbuchen. Doch Neuzugang Andrea Iannone muss sich erst noch weiter an die RS-GP und sein neues Team gewöhnen.

Analysiert man den Saisonstart eines Teams, das nicht so sehr im Scheinwerferlicht wie die Titelfavoriten steht, dann muss man sich erst mit der Statistik auseinandersetzen. Denn die Zahlen mögen nicht die ganze Wahrheit erzählen, sie helfen dennoch einen generellen Überblick über die Situation zu gewinnen. Bei Aprilia muss man sich dabei an Aleix Espargaró halten, nachdem das Team einen der beiden Fahrer ausgetauscht hat. Denn Andrea Iannone muss sich erst noch weiter an Bike und Team gewöhnen.

Nach drei Grands Prix sieht man an Aleix’ Ergebnissen, dass der Spanier einen Schritt nach vorne machen konnte. In der WM-Tabelle ist er als Fünfzehnter drei Positionen besser klassiert als noch vor einem Jahr, und auch bei den Rennergebnissen konnte er zulegen. 2018 wurde er in Katar Neunzehnter, und holte den zehnten Platz in Texas, in Argentinien kam er nicht ins Ziel. In diesem Jahr waren seine Ergebnisse ein zehnter und ein neunter Platz sowie ein Crash in Austin.

Wenn es um den Rückstand auf den Sieger geht, lässt sich also nur der Katar-Vergleich heranziehen. Im vergangenen Jahr betrug Espargarós Rückstand mehr als 30 Sekunden, in diesem Jahr waren es deren neun – was ein beachtlicher Fortschritt ist. Weniger positiv fällt der Vorjahres-Vergleich aus, wenn es um die Startaufstellung geht. In Katar war er etwas besser klassiert, in Argentinien etwas schlechter und auf dem Circuit of the Americas entsprach das Ergebnis etwa jenem von 2018. Die Strecke in Texas ist das härteste Pflaster für Aprilia.

Mittels dieser Zahlen schätzen die Ingenieure wohl die aktuelle Lage ein. Die Journalisten ziehen ihre Beobachtungen heran, was sie am Rennplatz sehen und hören. Und in dieser Hinsicht gab es in der Aprilia-Box so einige Sachen zu sehen. Fangen wir bei den Fahrern an.

Andrea Iannone

Es gibt drei offensichtliche Dinge bei Andrea Iannone: Zuallererst befindet er sich noch mitten in der Eingewöhnungsphase an die RS-GP (man darf nicht vergessen, dass dies sein drittes MotoGP-Team in vier Jahren ist). Auch ans Team muss er sich noch gewöhnen, vor allem, weil er keine eigenen Leute mitgenommen hat. Genauer gesagt: Keiner wollte mit ihm gehen – einige wegen Iannone, andere wegen Aprilia.

Die Situation führte dazu, dass Fabrizio Cecchini die Verantwortung über Iannones Bikes hat. Und wer die beiden kennt, kann sich vorstellen, wie riskant diese Paarung ist. Ich weiss nicht, ob es ein Missverständnis gab, aber am Freitag gab es in Austin in der Aprilia-Box zwischen dem Fahrer und dem Techniker eine hitzige Diskussion. Sagen wir, der Techniker fällte einige Entscheidung, ohne auf seinen Fahrer zu achten, was Iannone irritierte. Es ist zu erwarten, dass die beiden speziellen Charaktere auch im weiteren Verlauf der Saison wieder aneinandergeraten werden. Vor allem, wenn sich die guten Ergebnisse, die erwartet werden, nicht kommen oder wenn Andrea regelmässig von seinem Teamkollegen gebügelt wird.

Der dritte Aspekt, der bei Iannone berücksichtigt werden muss, ist die Tatsache, dass er immer noch zu den schnellsten Fahrern der MotoGP gehört. Das mag sich nicht in den Resultaten spiegeln, aber es war ein Genuss, ihn in Austin auf seiner RS-GP zu beobachten. Andrea hat unfassbar viel Talent. Deshalb fiel es Ducati auch so schwer, sich zwischen ihm und Dovizioso zu entscheiden. Und deshalb wollte ihn auch Davide Brivio bei Suzuki, genauso wie ihn Aprilia genau aus diesem Grund gewählt hat – obwohl er als schwieriger Charakter gilt.

Aleix Espargaró

Während Iannone ein Sinnbild für das Talent darstellt, schnell zu sein, muss Aleix Espargaró bei der Entwicklung der Aprilia die Führung übernehmen. Obwohl seine Aussagen variieren – an einem Tag ist er voll des Lobes und am nächsten dann komplett negativ – ist der Spanier zum Saisonstart motiviert, und dazu hat er auch allen Grund.

In den beiden Rennen, in denen er die Zielflagge sah, gehörte er zu den schnellsten Zehn, was eine offensichtliche Verbesserung im Vergleich zur vergangenen Saison darstellt. Er ist auch deutlich konkurrenzfähiger als sein neuer Teamkollege, der mit dem Anspruch unter Vertrag genommen wurde, der Schnellere in der Aprilia-Box zu sein. Und jeder weiss, dass das Ego eines Fahrers eine besonders grosse Motivation darstellt. Es wird interessant zu sehen sein, wie sich dieser teaminterne Wettbewerb nun in den Europa-Rennen weiter entwickeln wird.

Das Gresini-Team

Aprilia ist das einzige Werksteam, das derzeit in der MotoGP-Klasse antritt und kein eigenes Team hat. Die Italiener arbeiten unter dem Management von Fausto Gresini, oder besser gesagt innerhalb des Gresini-Teams. Nur ein Teil der Teammitglieder kommt denn auch von Aprilia, der andere Teil gehört zur Teamstruktur von Gresini.

Dieses Format führt zu besonderen Situationen. Wie lassen sich diese am besten beschreiben? Man stelle sich nur vor, in der enge einer MotoGP-Box, in der die Spannung und die Anforderungen hoch sind, muss man für zwei Chefs arbeiten, die manchmal nicht mit der gleichen Hingabe arbeiten und auch nicht gleich kommunizieren.

Im vergangenen Jahr wurde die Aprilia-Gresini-Zusammenarbeit für weitere drei Jahre verlängert. Ich persönlich denke, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das aktuelle Format überarbeitet wird. In der MotoGP kommt es nicht nur auf die technische Wettbewerbsfähigkeit an, sondern auch auf di organisatorische – Yamaha kann ein Liedchen davon singen.

Als ich nach Austin flog, waren einige Teammitglieder von Gresini im Flugzeug. Es gab Leute aus der Moto3, Moto2 und aus der MotoGP. Ich fragte nach dem Rest des Teams. «Oh, die sind nicht da, sie reisen mit der anderen Seite. Sie sind von Aprilia – und haben nichts mit uns zu tun», lautete die Antwort.

Ich hege keinen Zweifel daran, dass Aprilia eher früher als später die eigene Box auf die Beine stellen und damit Aprilia zu einem echten Werksteam machen wird. Wie das passieren soll? Ich schätze, mit dieser Frage muss man sich an Massimo Rivola wenden, dem ehemaligen Sportdirektor von Ferrari.

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