MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

Es gibt nur einen Fahrer, der Márquez besiegen kann

Kolumne von Michael Scott
Wer kann Marc Márquez schlagen?

Wer kann Marc Márquez schlagen?

MotoGP ist, wenn 22 Fahrer im Kreis fahren und Marc Márquez gewinnt. Fünf WM-Titel hat er in sechs Jahren gewonnen. Ich sehe nur einen einzigen Piloten, der ihn am Titelgewinn 2019 hindern kann.

Inzwischen hat Marc Márquez seinen Heim-Grand-Prix im spanischen Jerez gewonnen. Als ich daheim auf den Beginn der Saison in Europa wartete, hätte ich niemandem geraten, gegen einen Márquez-Heimsieg in Jerez zu wetten.

Das Rennen fand auf derselben Strecke statt, auf der vor zwanzig Jahren eine andere bewundernswerte Karriere frühzeitig beendet wurde. Der fünffache Weltmeister Mick Doohan war immer noch eine treibende Kraft in der 500er-WM, als ein nasser Bordstein dafür sorgte, dass er mit solcher Wucht in die Barrieren krachte, dass er danach nie wieder fahren sollte.

Jetzt nähert sich Márquez Doohans Rekord. Auch der Spanier hat bereits fünf WM-Titel in der Königsklasse gewonnen, wenn auch nicht alle aufeinanderfolgend; dazu kommen zwei weitere Titel von Marc in den kleineren Klassen. Der Repsol-Honda-Kollege liegt noch nicht gleich auf mit Micks 54 Siegen in der schwersten Klasse. Márquez hat 46 und 26 in der Moto2 und in der 125er-Klasse. Interessanterweise hat Mick 39,4 Prozent seiner gefahrenen Rennen gewonnen, Marc 37,89 Prozent.

Im Verlauf seiner Karriere hatte Márquez viel, viel mehr Stürze als der generell sicherere Doohan vorgeführt, aber keineswegs so schwere Verletzungen (ich klopfe hier auf Holz und hoffe, dass mich das kommende Wochenende keines Schlechteren belehrt). Das ist hauptsächlich purem Glück zu verdanken, aber es ist auch ein Tribut an generell sicherere Strecken, Reifen und Technologie, besonders an die Elektronik; und natürlich liegt es auch an den Verbesserungen bei der Fahrerausstattung – Helm,. Handschuhe, Airbag, Lederkombi, Stiefel und so weiter. Bei Mick und seinen Kollegen gab es keine Airbags bei den brutalen Highsidern mit den 500-ccm-Zweitaktern.

Als Beispiel: Während die Kurve, in der Mick in Jerez gestürzt ist, heute quasi noch dieselbe ist, wurde die Zusammensetzung der weißen Farbe an den Streckenrändern verbessert, sodass kein Wasser mehr darauf stehen bleiben kann, wenn die Strecke abtrocknet. Micks Sturz wäre also heute schwer wiederholbar.
Während die Einheitselektronik, die Einheitsreifen und einige weitere Regeländerungen die Rundenzeiten im MotoGP-Rennsport näher zusammengebracht haben, ist Marquez’ Reihe von dominanten Siegen und Weltmeisterschaften umso beeindruckender.

Es ist bereits seit einer Weile klar, dass dies seine Ära ist. Genauso, wie es zuvor die Ära von von Rossi, Doohan Lawson, Rainey, Spencer oder «King Kenny» Roberts war.
Wird es dieses Jahr anders sein? Bisher wurden vier Rennen gefahren, die von drei unterschiedlichen Piloten gewonnen wurden. Márquez ist einer von ihnen. Er gewann zweimal.

Aber «#MM93» führt in der WM nur mit einem Punkt Vorsprung auf Texas-Sieger Alex Rins (Suzuki). Das liegt aber nur an einem Aussetzer seiner Übermenschlichkeit in Texas. Marc stürzt öfter als die meisten Gegner, aber normalerweise im Training, wobei er versucht, sein Limit zu finden. Dasselbe in einem Rennen wie in Austin zu machen, war komplett untypisch für den Weltmeister und Honda-Star.

Aber auch auf dem Circuit of the Americas ist er zu Beginn, ganz im Doohan-Style, so weit davon gefahren, dass seine Kollegen nach der Hälfte des Rennens nicht mehr sehen konnten, in welche Richtung er überhaupt gefahren ist.

Der Rest des Jahres liegt vor uns und einigen seiner Rivalen gab sein Sturz in Texas womöglich einen Funken Hoffnung. Sie müssen allerdings selbst übermenschlich sein, um von diesem Ausrutscher während der 15 übrigen Rennen, die es bis November noch zu fahren gilt, zu profitieren.

Am besten würden entweder Rossi oder Dovizioso zu dieser Beschreibung passen. Aber beide hatten letztes Jahr ein paar Aussetzer... Rossi stürzte, als er in Malaysia führte. In Valencia passierte es wieder. In Sepang hätte ihm sein normalerweise kühler Kopf sagen müssen, dass er Márquez vorbeilassen und den zweiten Platz akzeptieren sollte. Dovi vermasselte seine Chancen 2018 durch zwei komplett sinnlose Fehler in Le Mans und Catalunya. Ganz untypisch, aber ein Aussetzer zu viel.

Und der Rest? Jack Miller wird in seiner fünften MotoGP-Saison immer besser, aber braucht trotzdem noch Zeit, um seine Fortschritte zu beweisen. Weiters scheint es, als wäre der zweite Ducati-Werksfahrer Danilo Petrucci engagiert worden, um die Nebenrolle bei Dovi zu spielen. Er ist mit zu viel Enthusiasmus direkt auf den zweiten Platz im Team gefallen.

Alex Rins? Ein guter Sieg in Texas, sieht vielversprechend aus, aber der Spanier konnte sich noch nicht richtig beweisen. Die Suzuki ist sehr schlagkräftig, aber trotzdem noch immer fragwürdig. Rins kam in Jerez nie für den Sieg in Frage, er schwächelte im Training. Aber er kann wo anders, wo die Suzuki GSX-RR konkurrenzfähiger ist, nochmals gewinnen. Ich halte es aber nicht für wirklich realistisch, dass er diese Erfolgssträhne das ganze Jahr durchziehen kann.

Johann Zarco hat vielleicht das nötige Talent, aber sein Wechsel zu KTM macht es ihm momentan nicht gerade leicht. Er muss seinen geschmeidigen Fahrstil komplett revidieren und das Motorrad am Schopf packen. Oder die Österreicher müssen das Motorrad revidieren, damit es so benutzerfreundlich wird wie eine Suzuki oder eine Yamaha. Aber das ist nicht zu erwarten und nicht vorgesehen.

Jorge Lorenzo hat definitiv ein überragendes Talent, aber wir haben gesehen, dass es vielleicht mehr als eine Saison dauern könnte, bis er sich an die Honda gewöhnt hat. So lange hat es bei ihm auch bei Ducati gedauert.

Gibt es also jemanden, der Marc Márquez schlagen könnte und ihm den Titel abspenstig machen könnte?

Natürlich gibt es jemanden. Marc Márquez selbst. Er segelt so nahe am Wind, dass immer das Risiko besteht, dass er davongeblasen wird.

Aber wird er dieses Jahr wieder ins Schwanken geraten?
Ich glaube, dass wir alle aus dem Grund zuschauen, um das zu erleben und zu erfahren.

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