Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Zwischen Hoffnung, Masken und Wegwerf-Speisekarten

Von Günther Wiesinger
Barcelona-GP: An leere Ränge werden wir uns gewöhnen müssen

Barcelona-GP: An leere Ränge werden wir uns gewöhnen müssen

Es darf sich niemand einbilden, dass die Covid-19-Seuche bis zum Sommer aus unserem Alltag verschwinden wird. Gleichzeitig weiß niemand, wie die Situation weltweit in drei Monaten aussieht. Versuch einer Zwischenbilanz.

Nur weil in manchen europäischen Ländern die rigorosen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus allmählich gelockert werden, wächst die Zuversicht auf eine Weiterführung diverser Motorsport-Rennserien. Und obwohl wir uns um höchstmögliche Zuversicht bemühen, was den Zeitpunkt für ein Wiederanwerfen der Rennmotoren betrifft, so dürfen wir uns den Tatsachen nicht verschließen.

Wenn ich zum Beispiel heute als Österreicher mit Hauptwohnsitz Schweiz zu meinem Zweitwohnsitz in Wels/Oberösterreich fahren möchte, müsste ich mich dort 14 Tage in Selbst-Quarantäne begeben. Das heißt: Ich dürfte meine Behausung nicht verlassen, ich dürfte keinen Besuch empfangen (auch nicht unter Einhaltung der Abstandsregel), ich müsste zweimal täglich die Körpertemperatur messen und sie samt etwaigen Beschwerden in eine Liste eintragen. Nur wenn ein molekularbiologischer Test auf Covid-19 negativ ausfällt, kann die selbstüberwachte Quarantäne frühzeitig beendet werden. (Den Test bekommt man aber ohne Symptome nicht). Jeder Verstoß gegen das österreichische Epidemiegesetz von 1950 wird mit € 1450.- geahndet!

Wenn ich also in diesen 14 Tagen mal kurz zum Bäcker fahren und in dieser Zeit in meinem Domizil eine Kontrolle des Innenministeriums vorbei kommen würde, wäre es ein teurer Spaß.

Wann diese Vorschriften für Zweitwohnsitz-Inhaber gelockert oder aufgehoben werden, weiß niemand.

Das bedeutet aber auch: Es wird sich in den nächsten Monaten niemand ohne sehr triftigen Grund über eine Grenze bewegen können, weder in Europa noch in einem anderen namhaften Motorsportland. Und wenn, dann wird er zwei Wochen in Quarantäne gesteckt.

Aus diesem Grund musste schon der MotoGP-Event in Katar am 8. März abgesagt werden.

In Italien galt ja zu Beginn der Krise im Februar und März noch: Wer beruflich dringend reisen muss, kann das mit einer gültigen Bestätigung des Arbeitgebers tun. Aber diese Bestimmung ist dann rasch hinfällig geworden.

Es wird noch einige Zeit dauern, bis die WM-Promoter wie Liberty Media (Formel 1), Dorna Sports S.L. (MotoGP und SBK) und Infront Moto Racing (Cross-WM) detailliert darüber Bescheid wissen, unter welchen Umständen sie wieder eine Großveranstaltung durchführen können.

Illusionen macht sich niemand mehr. Denn immer mehr Politiker haben Angst vor einer zweiten Infektionswelle, wie sie momentan in Singapur beobachtet wird.

In den USA erklärten die Gouverneure gestern, das «social distancing» werde uns noch bis 2022 begleiten.

Sobald zum Beispiel in Kalifornien wieder Restaurants aufgesperrt werden, müssen die Kellner Gesichtsmasken und Handschuhe tragen; am Eingang wird den Gästen Fieber gemessen, die Speisekarten werden nach einmaligem Gebrauch weggeworfen.

Donald Trump möchte trotzdem landesweit ab 1. Mai wieder alle öffentlichen Einrichtungen und alle Betriebe aufsperren. New-York-State Gouverneur Andrew Cuomo bezeichnet den Präsidenten daraufhin als «schizophren».

Dr. Anthony Fauci, Director des «National Institute of Allergy and Infectious Diseases», der bereits sieben US-Regierungen diente und jetzt täglich mit Trump im Clinch liegt, bezeichnete die Ankündigung seines Vorgesetzten im Fernsehen wörtlich als «überoptimistisch».

Doch Trump warf ein, 29 von 50 US-Bundesstaaten seien vom Virus nur schwach betroffen. Seine Gegner betonen: «Nur weil dort kaum getestet wurde.»

In Frankreich räumte Präsident Emmanuel Macron gestern ein: «Wir haben zu Beginn der Pandemie Fehler beim Krisenmanagement gemacht.» Jetzt wurden die Ausgangsperren bis 11. Mai verlängert und die Tour de France vom Juli auf unbestimmte Zeit verschoben.
Das trifft auch auf Spanien zu, wo am 8. März der Weltfrauentag in Madrid noch mit 100.000 Frauen gefeiert wurde. Und von CL-Fußballmatch gegen Atalanta Bergamo schleppten 2500 Schlachtenbummler den Virus im Flugzeug nach Valencia ein.
Ein positiver Nebeneffekt der Katastrophe: China will jetzt die Märkte mit lebendigen Wildtieren verbieten. Zum zweiten Mal nach der SARS-Epidemie…

Auf so einem grauslichen Markt in Wuhan wurde der Virus von einer Fledermaus auf ein Schuppentier und von ihm auf einen Menschen übertragen.

Der SARS-CoV2-Virus lässt laut IWF die Weltwirtschaft 2020 um 3 Prozent schrumpfen. Im Januar wurde noch ein Wachstum von 3,3 Prozent prognostiziert. 9000 Milliarden an Wirtschaftsleistung werden vernichtet – so einen Betrag erwirtschafteten zuletzt Japan und Deutschland jährlich zusammen.

Klar, wir werden und vor apokalyptischen Prognosen hüten.
Aber momentan interessiert die Politiker in aller Welt in erster Linie, wo sie Beatmungsgeräte (sie kosteten vor der Krise $ 7000.- und jetzt 25.000.-) und Schutzkleidung kaufen können, wie viele Intensivbetten noch verfügbar sind und wie viele Neuinfizierte es gibt und wie sich die Seuche noch in Südamerika, Afrika, in der Türkei und Indien ausbreitet.

In Amerika gab es bisher 614.246 bestätigte Corona-Fälle. Davon sind 549.362 immer noch erkrankt. Und 26.046 Menschen sind dort inzwischen an der Covid-19 Seuche gestorben.

Zum Glück hält sich dort die Mehrheit der Menschen an die «stay at home»-Empfehlungen und die Abstandsregeln.

Aber die Ungewissheit darüber, wie lang der Virus das Weltgeschehen beherrschen wird, beschäftigt uns alle.
Wir wissen, dass wir nichts wissen.

Unbestritten ist: Diese Lungenkrankeit wird die Menschheit über das Jahr 2020 hinaus beschäftigen.

Das trifft auch auf alle Experten zu, die ihre Prognosen und Einschätzungen fast täglich revidieren. Niemand kennt die Dunkelziffern der Infizierten, der wahre Durchseuchungsgrad lässt sich nicht einmal annähernd erahnen.

In Österreich wurde er mit 0,33 Prozent der Bevölkerung errechnet. Das sind ca. 28.000 von 8 Millionen Einwohnern.

Meine mathematischen Fähigkeiten sind unterirdisch. Aber ein Arzt hat ausgerechnet: Bei diesem Tempo würde die Durchseuchung bis zu 60 Prozent der Bevölkerung bei 1,2 Milliarden Chinesen 22,9 Jahre dauern.

Ich habe für unsere Gegenden in Europa nicht einmal Geduld für zwei Jahre.

Ich lehne mich nicht weit aus dem Fenster, wenn ich prophezeie: Wir müssen uns noch auf ein paar Monate ohne analogen Motorsport einrichten.

Aber vielleicht wird bis zum Sommer eine geeignete Medikation entdeckt. Die Wissenschaft kann uns zu einer neuen Normalität verhelfen und dazu beitragen, dass die strengen Maßnahmen aus der Welt geschafft werden.

Aber vielleicht wird’s dem Virus irgendwann zu blöd und es verschwindet aus unserem Dasein so plötzlich wie 2003 oder 2004 die SARS-CoV1-Epidemie. SARS war plötzlich ausgelöscht. Auch Ebola und AIDS wurden eingedämmt.

Ein bisschen träumen darf man ja noch.

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