Brünn-Grand-Prix 2020 ohne Zuschauer nicht machbar?
Der Brünn-GP steht wieder einmal auf wackligen Beinen
Weil die Tschechische Republik die Covid-19-Seuche mit aktuell nur noch 3773 infizierten Personen, gestern nur 22 neuen Fällen und insgesamt 252 Todesopfern (wie die Nachbarländer Österreich und Slowakei) vergleichsweise gut überstanden hat, ist das 1982 eröffnete Automotodrom Brno bisher fixer Bestandteil des GP-Restprogramms der Dorna, das zehn Europa-GP umfassen soll.
Seit gestern ist der Masaryk Ring für den Publikumsbetrieb wieder geöffnet, zwei Tage lang testen dort jetzt Rennautos aus Prag. Doch zu dieser positiven Nachricht gesellt sich jetzt Informationen, die das Zustandekommen eines Motorrad-GP 2020 stark in Frage stellen.
Es ist ja bekannt, dass die Firma «Spolek pro porádání Grand Prix», die sich aus staatlichen und regionalen Behörden und Politikvertretern aus Prag, Südmähren und Brünn zusammensetzt, im Januar 2016 einen Fünf-Jahres-Vertrag mit WM-Promoter Dorna Sports S.L. unterzeichnet hat. Seither kam es immer wieder zu finanziellen Ungereimtheiten, die Tschechen erwiesen sich als säumige Zahler und mussten deshalb für die Gebühr 2020 eine Bankgarantie abliefern.
Recherchen von SPEEDWEEK.com in Brünn haben jetzt ans Tageslicht gefördert, dass der Brünn Grand Prix am 9. August ohne Zuschauer voraussichtlich nicht finanzierbar sein wird.
Veranstalter «Spolek pro GP CR», geführt von der Brünner Bürgermeisterin Marketa Vankova und vom Landeshauptmann der Region Südmähren, Bohumil Simek, müssen nämlich jedes Jahr für die einwöchige Miete des kompletten Masaryk Ring-Areals ca. 30 Mio CZK (1,1 Millionen Euro) an Rennstreckenbesitzer ist Karel Abraham senior bezahlen, den Vater des ehemaligen MotoGP-Piloten Karel «Abaja» Abraham.
Zu dieser Summe kommt noch die Dorna-Gebühr, die sich aber ohne Verkauf Eintrittskarten nicht erwirtschaften lässt.
Abraham senior hat bereits Verhandlungsbereitschaft signalisiert, er würde eventuell den Mietpreis wegen der Coronakrise senken, aber zum Nulltarif kann er den Masaryk Ring nicht zur Verfügung stellen, denn es werden ständig Investitionen an der GP-Strecke fällig.
Die Dorna Sports S.L. kann aber den GP-Tross mit drei Klassen nicht zum Nulltarif auftreten lassen. Sie muss mit einem Teil der üblichen Austragungsgebühr entschädigt werden, weil sie die 42 GP-Teams bezahlen, bis zu 300 Mitarbeiter an die Strecke bringen und die TV-Übertragung finanzieren muss.
Außerdem bezahlt die Dorna an die Teams seit 1. April durch einen eilig aufgespannten Rettungsschirm monatlich Geld, an die privaten MotoGP-Teams nicht weniger als 250.000 Euro im Monat.
In Jerez und anderen Schauplätzen wie Misano und Aragón kommt das Geld aus der Tourismuswerbung, so einen Deal erwartet sich die Dorna auch für Brünn. Sonst muss der Tschechien-Grand Prix wie auf dem Sachsenring und in Assen ersatzlos gestrichen werden.
Vordstellbar wäre, wenn Brünn ausfällt, dass am 19. und 26. Juli in Jerez zwei Grand Prix abgewickelt werden, dann zwei weitere in Österreich, zum Beispiel am 9. und 16. August.
Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta ließ inzwischen durchblicken, man arbeite an einem «closed doors protocol» mit reduziertem Personal im Fahrerlager, im Idealfall sollen nur 1000 bis 1100 Menschen eingeschleust werden. Die sechs privaten MotoGP-Teams (inklusive Gresini Aprilia) dürfen je 25 Personen mitbringen, die fünf Werksteams (Honda, Yamaha, Ducati, Suzuki und KTM) je 40, die Teams der kleinen Klassen Moto3 und Moto2 je zwölf. Das ergibt rund 725 Personen.
Falls Brünn in diesem Jahr nicht zustande kommt, könnte das das Ende des traditionellen Events bedeuten, der auf der Strecke bisher erst einmal (1992) ausgefallen ist. Denn mit Lombok/Indonesien, Rio/Brasilien, Vietnam, Ungarn und anderen Locations stehen etliche finanzkräftige Kandidaten für einen neuen, zusätzlichen MotoGP-Event auf der Warteliste.